Eine grundsätzliche Frage vorneweg: Weswegen erlaubt unsere Rechtsprechung eigentlich Abmahnungen?
Sebastian Deubelli (www.deubelli.com): Hinter allen Normen, bei denen es nach einem Verstoß zu einer Abmahnung kommen kann, stehen stets schutzwürdige Interessen. Ein Fotograf, der auf einer Webseite ein Bild von sich entdeckt, hat zum Beispiel ein absolut berechtigtes Interesse, dass er für seine Arbeit bezahlt und nicht beklaut wird. Die Intention des Gesetzgebers ist es daher, die Gerichte zu entlasten und einen außergerichtlichen Weg zu schaffen, auf welchem sich die Parteien untereinander einigen sollen. Ohne eine Abmahnung wäre die Welt auch nur auf den ersten Blick besser – denn dann wäre das Gericht die erste Anlaufstelle. Und das würde die Sache nicht günstiger machen.
Welches sind die häufigsten Gründe für Abmahnungen von Online-Shops?
Deubelli: Da gibt es zum einen wettbewerbsrechtliche Abmahnungen durch einen Mitbewerber aufgrund fehlerhafter Angaben im Online-Shop des Abgemahnten und zum anderen Abmahnungen aufgrund von Verstößen gegen Schutzrechte Dritter, wie das Urheberrecht (besonders bei Bildern und Texten), Marken- und Designrechte oder in seltenen Fällen auch eingetragene Patente oder Gebrauchsmuster.
Was wird bei wettbewerbsrechtlichen Anmahnungen durch Mitbewerber am häufigsten beanstandet?
Deubelli: Evergreens sind hier fehlerhafte oder falsche Angaben im Impressum und fehlende oder falsche Widerrufsbelehrungen. Letztgenanntes ist besonders beliebt, da die Vorgaben dazu ständig vom Gesetzgeber geändert werden und daher die Belehrung von den Shopbetreibern aktualisiert werden muss. Daneben geht es auch um rechtswidrige Preisangaben (etwa Nettopreisangaben in einem Shop, der sich auch an Verbraucher richtet, oder die dauerhafte Werbung mit "Sonderangeboten"), falsche Garantieversprechungen oder der Verstoß gegen besondere gesetzliche Kennzeichnungspflichten für innerhalb des Shops angebotene Waren (Beispiele: Lebensmittelkennzeichnungspflichten, Kennzeichnungspflicht nach dem Batteriegesetz oder der Textilkennzeichnungsverordnung).
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Welche Arten von Online-Shops sind am häufigsten von Abmahnungen betroffen?
Deubelli: Aufgrund der starken Verbreitung und der einfachen Möglichkeit, dort Fehler zu begehen, sind gewerbliche eBay-Shops "heiße Kandidaten" für Abmahnungen. Dort finden sich häufig geklaute Produktbilder neben fehlenden Kennzeichnungen und unzulässiger Werbung.
Gerade kleine und neue Shops sind oft für Abmahnungen gefährdet. Bei ihnen beobachte ich leider häufig, dass es dort wichtiger zu sein scheint, dass die Website responsive ist und auf rechtssichere Texte nicht so viel Wert gelegt wird. Hier ist eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung natürlich ein gefundenes Fressen für Mitbewerber, um dem neuen Konkurrenten gleich mal zu zeigen, mit wem er sich den Markt teilt. Entsprechend kommt es vor, dass neue Mitbewerber nach einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung die Segel gestrichen und den Shopbetrieb eingestellt haben.
Manche "schwarzen Schafe" nutzen das Abmahnwesen aber rigoros aus.
Deubelli: Natürlich gibt es Abmahnungen, bei denen auch andere Motivationen mitschwingen. Hier reicht die Palette von persönlichen Befindlichkeiten über den Versuch der Beeinflussung des eigenen Marktes bis hin zum Versuch, sich ohne einen eindeutigen Rechtsanspruch zu bereichern. Das wurde allerdings in letzter Zeit weniger, was ich nicht zuletzt den "Neuen Medien" zuschreiben möchte. Derartige Abmahnungen werden innerhalb kürzester Zeit im Web zerlegt, was dazu führt, dass die Abgemahnten zum Teil gut informiert werden, sobald Sie sich im Netz über eine Abmahnung schlau machen, die sie auf den Tisch bekommen haben.
Auf der nächsten Seite erfahren Sie unter anderem, wie hoch die Kosten der Streitfälle sind und was Rechtsanwalt Deubelli den Betroffenen empfiehlt.
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