Scannen, Drucken, Archivieren

Ist das papierlose Büro Realität?

Think before you print?

Seit der Geburt der Idee des papierlosen Büros steigt der Papierverbrauch stetig: 244 Kilogramm im Jahr sind es, die der Deutsche aktuell durchschnittlich Jahr für Jahr verbraucht - das ist fast Weltspitze. Während unter beinahe jeder E-Mail mittlerweile der Slogan "think before you print" steht, werden in deutschen Büros weiterhin Papierberge vernichtet. Warum ist das so?

Eine von uns 2010 in Auftrag gegebene Umfrage in 15 europäischen Ländern über betriebliche Anwendungen ging dieser Frage nach. Sie ergab, dass Geschäftskunden in ganz Europa die möglichen Einsparungen durch Verbesserung ihrer Technologie und Optimierung von Drucklösungen nach wie vor nicht ausschöpfen. 62 Prozent der befragten Firmen aus der Produktions- und Dienstleistungsbranche hatten Drucker mit der Möglichkeit zum beidseitigen Drucken und damit Potential für eine wesentliche Reduktion des Papierverbrauchs.

Das wurde allerdings nur von 15 Prozent des Personals ständig und von 31 Prozent selten genutzt. 89 Prozent der Mitarbeiter in Arbeitsgruppen hatten Zugang zu Farbdruckern; 60 Prozent nutzen dabei die Farbdruckfunktion 'immer' oder 'oft'. In den meisten Büroumgebungen kann der überwiegende Teil der Standard-Druckaufgaben aber in Schwarz/Weiß bedient werden.

Des Weiteren zeigte die Studie, dass unternehmensweite Regelungen zum Drucken von Dokumenten zwar in vielen Betrieben vorhanden sind, innerhalb des Unternehmens den Anwendern aber unbekannt sind oder von ihnen schlicht ignoriert werden. Zusätzlich wird Papier als billig und allzeit verfügbar erlebt; die großen Recyclingwellen der 1980er und 90er Jahre und mit ihnen das Bewusstsein dafür sind längst abgeebbt. Für Unternehmen ist es aber wichtig, die Balance zwischen den Bedürfnissen der Mitarbeiter und einem schonendem Umgang mit Ressourcen zu finden.

Schlanke Prozesse statt wachsender Papierberge

Während die Realität in den Büros so aussieht, wie eben geschildert, ist das Postulat von den schlanken Prozessen statt der wachsenden Papierberge in den Managementetagen der Unternehmen weithin akzeptiert. Die Anschaffungskosten für Hard- und Software nimmt man in Kauf und startet umfassende Veränderungen in den Prozessen der - oft mehr oder weniger unwilligen - Organisation, um mittel- und langfristig die Verwaltungsprozesse zukunftssicher zu machen und Ressourcen einzusparen.

Dabei geht es nicht nur um Geräte und Materialien wie Drucker, Toner und Papier, es geht auch und gerade um Arbeitszeit, die effektiver genutzt werden kann und soll, zum Beispiel für qualifiziertere Aufgaben. Welche Aufgaben werden das aber in einem vollständig digitalisierten, immer effizienter gemanagten Büro in der Zukunft noch sein - und wer kann diese bearbeiten?

Die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine geht gerade in allen möglichen Bereichen, von der Autoproduktion bis zur Medizin, in eine ganz neue Dimension über; Roboter und Humanoide leisten immer Beachtlicheres und sind heute bereits in der Lage, menschliche Arbeitskraft vollständig zu ersetzen. Insofern ist es ein interessantes Gedankenspiel, ob Sellen und Harpers Fazit, dass das papierlose Büro so lange keine Realität wird, so lange Menschen dort arbeiten, nicht auch derart gelesen werden kann: Das papierlose Büro ist das menschenleere Büro der Zukunft.

Aufgeräumt, aber seelenlos. Wird es jetzt etwa ungemütlich?

Sebastian Mattes, ein Journalist bei der Wirtschaftswoche, der einen Selbstversuch zum papierlosen Büro unternommen und für seine Leser dokumentiert hat, beginnt seinen Bericht mit der Aussage, seine Sekretärin meine, sein Büro habe in den vergangenen drei Monaten seine Seele verloren. Verschwindet mit der Zettelwirtschaft tatsächlich auch die Menschlichkeit aus den Büroräumen?

Mattes' Endergebnis erscheint wie ein gelungenes, gut aufgeräumtes Stillleben: "Neben dem Monitor liegen nur noch ein iPad und ein Laptop, daneben eine Karaffe mit Wasser und eine Schale Obst. Sonst ist mein Schreibtisch leer." Am Ende seines Selbstversuchs hat der Journalist seine wichtigsten Unterlagen im Netz; sie sind auf einer externen Festplatte gesichert, die mit dem Internet verbunden ist und damit per Smartphone-App immer im Zugriff. Sein persönliches Fazit: "Ich lese auf iPad und Kindle, und mein privates Digitalisierungssystem funktioniert bestens. Wenn ich das wieder ändern würde, wäre das so, als tauschte ich mein superdünnes Macbook Air gegen eine Schreibmaschine."

Verschwindet mit der Zettelwirtschaft tatsächlich auch die Menschlichkeit aus den Büroräumen?
Verschwindet mit der Zettelwirtschaft tatsächlich auch die Menschlichkeit aus den Büroräumen?
Foto: Monkey Business Images - shutterstock.com

Autsch, was für ein erschreckender Gedanke! Mattes lebt es vor und gibt viele hilfreiche Erklärungen und Tipps, wie die Umstellung gelingen kann. Zunächst braucht es Investition: Zeit, Geräte, die nötige Software und nicht zuletzt Disziplin. Aber das Ergebnis kann sich sehen lassen - und zu guter Letzt hat Mattes sogar wieder die Muße, einen Postbrief (!) an einen lieben Verwandten zu schreiben. Das ist sicherlich ein guter Ansatz: sich der der Digitalisierung als zunehmender Normalität zu stellen, die es gilt, so professionell wie möglich zu managen. Dann kann man weitestgehend stressfrei von den vielen Vorteilen profitieren und sich gleichzeitig Zeitressourcen für die wirklich wichtigen Dinge freischaufeln. Die wachsenden Datenmengen und die Datensicherheit in den Griff zu bekommen, ist dabei die große Herausforderung, jetzt und in Zukunft.

Derzeit kommen immer neue smarte Softwarelösungen auf den Markt, mit dem Ziel, automatisiert die Datenmengen elektronisch zu ordnen, um so den digitalen Arbeitsplatz bestmöglich zu organisieren. Doch in Zukunft brauchen wir noch mehr: Der Computer soll selbständig "mitdenken" und wird dazu software-technisch auch bald in der Lage sein, um uns zum Beispiel an auslaufende Verträge oder verstreichende Kündigungsfristen zu erinnern. Was im kleinen Rahmen zunächst bloß komfortabel erscheint, könnte für große Konzerne schon sehr bald wettbewerbsentscheidend sein.

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