Körpersprache im Vorstellungsgespräch

In den Augen der Bewerber lesen

Michael Kaune (Jahrgang 1968) hat nach einer handwerklichen Ausbildung zunächst Marketing und BWL studiert. Nach einigen Berufsjahren orientierte er sich neu und lernte Coaching, Magie und Mental Training. Heute arbeitet er als Coach und Trainer und moderiert Shows und Veranstaltungen. Er unterstützt Menschen dabei, ihren eigenen Weg zu finden.
Ein Bewerbungsgespräch liefert nicht nur Informationen zur fachlichen Qualifikation des Bewerbers. Sehr aufschlussreich und absolut entscheidend ist seine Körpersprache. Was Mimik und Gestik über den Kandidaten verraten, lesen Sie hier.
 
  • Bewerber geben unbewusst durch Mimik und Gestik viel von sich preis.
  • Die wenigsten sagen in Vorstellungsgesprächen was sie denken und wie sie fühlen.
  • In Bewerbungsgesprächen geht es vor allem darum, die Persönlichkeit des Bewerbers zu sondieren.

Als Teamleiter in der IT sind Sie auch bei Vorstellungsgesprächen dabei und werden anschließend nach Ihrer Meinung zu dem jeweiligen Bewerber gefragt. Wichtig zu wissen: Besonders viele Informationen liefert im Bewerbungsgespräch auch das, was der Kandidat zwar nicht sagt, aber durch seine Mimik oder Gestik unbewusst zum Ausdruck bringt.

Die wenigsten sagen in Gesprächen und insbesondere in Bewerbungsgesprächen das, was sie denken und wie sie fühlen. Doch selbst wenn wir schweigen, spricht unser Körper. Wie Paul Watzlawick schon sagte: "Man kann nicht nicht kommunizieren." Im Klartext heißt das: Unsere Körpersprache verrät sehr häufig, was wir denken und fühlen. Auf diese Weise erhalten unsere Gesprächspartner beziehungsweise der Personalverantwortliche in Bewerbungsgesprächen viele Informationen, die weit über das gesprochene Wort hinausgehen. So können Körpersprache, Mimik und Gestik schnell Sympathie für jemanden wecken, aber auch das Gegenteil kann der Fall sein.

Schon die Begrüßung im Bewerbungsgespräch sagt viel über den Kandidaten aus.
Schon die Begrüßung im Bewerbungsgespräch sagt viel über den Kandidaten aus.
Foto: Stock-Asso - shutterstock.com

Wenn Sie in einem Bewerbungsgespräch sitzen, kann es zu Irritationen führen, wenn etwas nicht stimmig ist; zum Beispiel die nonverbalen Signale nicht zu den Aussagen und dem restlichen Bild des Bewerbers passen. Je nachdem, ob Mimik, Körpersprache, Stimme und die verbalen Aussagen zueinanderpassen oder nicht, spricht man von kongruentem oder nicht kongruentem Verhalten.

Ein Beispiel: Sie erklären dem Bewerber gerade, welche Aufgaben zu seinem neuen Job gehören. Er antwortet, dass er sich darauf schon sehr freut. Doch sein Gesicht sieht aus wie sieben Tage Regenwetter oder als wäre etwas Schlimmes passiert. In diesem Fall passen Mimik und die verbale Aussage nicht zusammen, es herrscht keine Kongruenz.

Oder aber es entsteht ein stimmiges Bild und damit Glaubwürdigkeit und Authentizität, die gerade bei einer Bewerbung eine entscheidende Rolle spielen. In Bewerbungsgesprächen oder in jeglicher Art von Selbstpräsentation hängt Ihre Wirkung enorm von Mimik, Gestik, der Körperhaltung, den Bewegungen und der Stimme ab.

Der erste Eindruck kommt blitzschnell

Das bedeutet auch, dass Bewerber oftmals gar nicht an den fachlichen Qualifikationen scheitern. Die fachliche Eignung wird meist schon durch die Bewerbungsunterlagen in der Vorauswahl abgeglichen und ist in der Regel der Grund für die Einladung zum Gespräch. In diesem Treffen geht es dann neben der fachlichen Eignung um die jeweilige Persönlichkeit. Es sind genau diese "Kleinigkeiten" und nonverbalen Signale in dem Aufeinandertreffen, die schnell zu einem Gefühl und Eindruck vom Bewerber führen und mit als Entscheidungsgrundlage genutzt werden.

Apropos Eindruck: Dieser sogenannte erste Eindruck entsteht innerhalb von wenigen Augenblicken. Achten Sie doch selbst einmal darauf, wie schnell das bei Ihnen geht: Sie sehen eine Person, und ob Sie wollen oder nicht, im Nu haben Sie einen ersten Eindruck, ohne dass auch nur ein Wort gewechselt wurde: sympathisch, freundlich, unfreundlich, überheblich, arrogant, selbstbewusst, konzentriert, gelangweilt, unsicher …

Die Begrüßung als erste Messlatte

Schon die Begrüßung im Bewerbungsgespräch ist aussagekräftig. Achten Sie bereits auf die Körpersprache des Bewerbers: Wie betritt er den Besprechungsraum: Eher freudig, motiviert, stürmisch oder vielleicht zurückhaltend? Lächelnd oder verbittert, leichtfüßig oder mit festem Schritt, unsicher? Gibt es Blickkontakt? Wie ist der Händedruck? Passt das Outfit? Blickkontakt, Händedruck und die Körperhaltung entscheiden neben dem optischen Erscheinungsbild über den sprichwörtlichen ersten Eindruck, den man von seinem Gesprächspartner gewinnt. Auch das Outfit kann viel über die Einstellung und das Bewusstsein des Kandidaten für die angestrebte Position aussagen. Unabhängig von der Kleidung ist natürlich ein gepflegtes Äußeres wichtig.

Auch hier gilt der alte Satz: Kleider machen Leute - auch oder besonders bei Bewerbungsgesprächen. Blickkontakt und Lächeln sorgen ferner für eine gute Grundlage. Außerdem gilt: Weder ein schlaffer Händedruck, langes Händeschütteln, noch ein zu fester Händedruck sind hilfreich. Ein professioneller Handshake dauert rund drei bis vier Sekunden.

Direkten Blickkontakt suchen

Wichtig ist aber auch, nicht einfach und zu schnell aufgrund einer bestimmten Körperhaltung oder eines Gesichtsausdrucks auf das Wesen des Bewerbers zu schließen. Vielmehr sollte man auf diese "Kleinigkeiten" etwas bewusster achten und versuchen, Veränderungen in der Situation, im Thema oder in der Antwort auf eine Frage wahrzunehmen.

Wichtig ist hier vor allem das Gesicht - also die Mimik und auch die Körpersprache in den wichtigen Momenten. Das sind Situationen, in denen Sie etwas sagen und der Bewerber reagiert oder aber frei von sich erzählt. Halten Sie hier Blickkontakt, denn dieser ist in der Kommunikation zwischen Menschen extrem wichtig. Zum einen signalisiert ein Blickkontakt Interesse und Aufmerksamkeit. Zum anderen sind gerade die Augen eines Menschen sehr aussagekräftig und aufschlussreich. Ein direkter Blickkontakt hilft also, den anderen zu "lesen".

So sehr man Gedanken und Gefühle verbergen oder kontrollieren möchte, erzählen die Augen doch weit mehr, als man denkt. Ein Beispiel: Viele setzen besonders in Bewerbungsgesprächen sehr häufig ein Lächeln als Maske auf - daher stellt sich oft die Frage: Verbirgt sich dahinter echte Freude oder doch nur ein soziales Lächeln? Zur echten Freude gehören die Augen. Die Augenringmuskulatur wird aktiv. Das heißt, um die Augen entstehen die kleinen typischen Fältchen, und sie wirken kleiner. Bei einem gespielten Lächeln werden die Wangen eher nur von unten nach oben geschoben, manchmal auch nur einseitig und meist ohne die Beteiligung der Augen. Ist das dann ein Ausdruck echter Freude bei dem Bewerber über den neuen Job?

Oder Sie merken, dass Ihr Gegenüber beispielsweise in bestimmten Situationen oder bei der einen oder anderen Frage unruhig wird. Seine Körperhaltung, seine Mimik ändert sich schlagartig. Dann ist es hilfreich, nachzufragen und konkreter zu werden. Klären Sie das, was Sie nicht zuordnen können, was Sie nicht verstehen. Tun Sie das nicht, werden Sie wahrscheinlich mit einem eher unguten Gefühl das Gespräch verlassen, weil Sie gemerkt haben, irgendetwas war da, ich weiß es aber nicht, es ist nur so ein Gefühl. Doch dann ist es meist zu spät.

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