Seit vielen Jahren hatte es sich bei Cyberport eingebürgert, dass der Online-Händler jeweils kurz nach Jahresbeginn den Umsatz des Vorjahres stolz auf seiner Impressum-Seite veröffentlichte. In diesem Jahr war nun Schluss damit. Bedeutete das, dass bei dem Unternehmen, das seit einigen Jahren mit den Kosten zu kämpfen hat, nun auch das Wachstum schwächelt? "Nein", stellt Cyberport-Geschäftsführer Helmar Hipp im Gespräch mit ChannelPartner klar: "Wir hatten ein recht gutes Jahr 2016. Im Online-Geschäft und im B2B-Vertrieb sind wir zweistellig gewachsen. Mit unseren Stores konnten wir ebenfalls zulegen, wenn auch nicht im zweistelligen Bereich." Cyberport, das 2015 einen Umsatz von 673 Millionen Euro erzielte, dürfte damit 2016 in die Region rund um 750 Millionen Euro vorgestoßen sein. Im Fahrwasser von Notebooksbilliger.de setzt damit auch Cyberport zum Sprung auf die Umsatzmilliarde an. "Die Milliarde ist für uns nicht das Ziel", wiegelt jedoch Helmar Hipp ab. "Wenn sie schließlich da ist, wird sie vielmehr das Ergebnis einer kontinuierlichen Entwicklung mit entsprechenden Innovationen sein." Und diese laufe weiterhin erfolgversprechend. Seit Jahresanfang habe sich vor allem das Apple-Geschäft sehr gut entwickelt und auch im Notebook-Bereich liege Cyberport deutlich über dem Branchendurchschnitt.
Wie bei Notebooksbilliger stellt sich jedoch auch für Cyberport die Frage, ob man weiterhin mit bewährten Rezepten auf Wachstum setzt oder mit dem erreichten Umsatzniveau im Rücken neuen Schwung nimmt und sich für neue Strategien öffnet. "Der Elektronikbereich ist im Online-Handel ein sehr reifes Segment. Hier geht es heute vor allem um Exzellenz", erklärt Helmar Hipp und erteilt damit ungewissen Experimenten eine Absage. Der bisherige Erfolg von Cyberport basiere darauf, dass man mehrere Dinge richtiggemacht habe. Man habe die richtigen Produkte angeboten, zu attraktiven Preispunkten, mit dem passenden Service und mit einer überzeugenden Lieferleistung. Wolle man heute im Online-Elektroniksegment Anteile dazugewinnen, sei das nur möglich, indem man sich in all diesen Aspekten weiter um Exzellenz bemühe. "Dabei können auch vermeintlich kleine Schräubchen schnell zu großen Stellschrauben werden", so Hipp.
Schwerpunkt Shop-Relaunch
Priorität nimmt für den Cyberport-Geschäftsführer derzeit die Einführung einer neuen Shop-Plattform ein. Auf einen genauen Zeitplan will sich Helmar Hipp nicht festlegen, beschreibt aber dafür die Zielsetzung des Relaunch: Es gehe nicht darum, gleich im ersten Schritt an der Shop-Oberfläche viel zu ändern. Interessanter seien vielmehr die technologischen Prozesse dahinter. Hier müsse auch ein Online-Urgestein weiter an seiner Digitalisierung arbeiten. Das betreffe das Shop-Backend, aber auch neue Kundenfunktionen, welche die zur Verfügung stehenden Daten - Stichwort Smart Data - besser nutzten. "Ein Online-Berater für Notebooks ist dafür ein gutes Beispiel. In vielen Online-Shops geht es dabei immer noch nur im technische Features und Spezifikationen. Für die meisten Kunden ist dies und bleibt Fachchinesisch. Plattformen sollten vielmehr Kundensituation und Nutzungsszenario des Geräts abfragen, mit einbeziehen und daraus passende Produkte empfehlen. Da steckt noch viel Potenzial." Überhaupt will Cyberport weiter an seiner Beratungsqualität arbeiten und dabei zum einen die Mitarbeiter weiter trainieren, zum anderen aber auch auf technische Möglichkeiten wie Chatbots setzen.
Weiterhin ein wichtiger Aspekt in der Aufstellung von Cyberport bleiben die stationären Stores des Online-Händlers. Zwar ist deren Zahl nach der Schließung der Filiale im Hamburger Europa Passage auf 14 zurückgegangen, doch will Helmar Hipp das nicht als Anzeichen für einen Strategiewechsel verstanden wissen: "Die Stores sind eine wesentliche Komponente für Cyberport, an deren Weiterentwicklung wir kontinuierlich arbeiten." Zur Schließung in Hamburg sei es durch den Umbau des Shoppingcenters gekommen und man suche nun nach einem geeigneten neuen Standort in der Elbmetropole. "Schon wegen dem Thema Online-Abholungen kommt unseren Stores ein wichtiger Stellenwert zu." Helmar Hipp beziffert den Anteil der online bestellten Waren an den Store-Umsätzen auf rund 40 Prozent. Ob es durch die stationären Geschäfte für Cyberport auch zu Online-Mehrumsätzen in den zugehörigen Regionen komme, könne er jedoch nicht mit Gewissheit sagen.
Strategiewandel im stationären Geschäft
Der von den Stores ausgehende Umsatzeffekt ins insofern wichtig, als Cyberport seit dem schnellen Ausbau des Filialnetzes in den Jahren 2012/13 in die roten Zahlen gerutscht ist. Die Rückkehr in die Gewinnzone ist dem Online-Händler auch 2016 nicht gelungen, doch spricht Helmar Hipp davon, dass Cyberport "einem ausgeglichenen Ergebnis nähergekommen" sei. "Wir haben mit Burda einen Gesellschafter, der nicht auf das Quartal schaut, sondern bereit ist, mit einer strategischen Perspektive weiter zu investieren." Doch deutet Hipp auch einen Strategiewechsel im Offline-Geschäft an: "Wenn Cyberport heute neue Stores eröffnen würde, dann wären das kleinere Flächen in der Größenordnung von 300 Quadratmetern, mit einem Kernsortiment, mit Zubehör und mit der Online-Abholung." Helmar Hipp setzt dabei deutlich andere Akzente als sein Vorgänger Jeremy Glück, der unter anderem 2014 einen 900 Quadratmeter großen "Multichannel-Flagshipstore" im Münchner Einkaufszentrum Mona eröffnete.
Einen weiteren neuen Akzent hat Cyberport zuletzt durch den Start einer Zusammenarbeit mit der Synaxon AG gesetzt. Das Sortiment des Online-Händlers ist seitdem über das zentrale Synaxon-Bestellsystem für die Händler der angeschlossenen IT-Kooperationen verfügbar. Sorgten vor einigen Jahren noch Diskussionen für Aufregung, wonach E-Tailer zu "Ersatz-Distris" werden könnten, nimmt Cyberport diese Rolle nun ganz offen ein. "Wir gehen dorthin, wo Reichweite ist", erklärt Helmar Hipp dazu. So sei Cyberport auf der Beschaffungsplattform Mercateo vertreten, verkaufe seine Produkte über Amazon und beliefere schon seit vielen Jahren auch Fachhändler. "Die Synaxon AG ist dabei nun ein zusätzlicher Vertriebskanal", so Hipp. Aufgrund seiner Sourcing-Kompetenz und der durch die Umsatzgröße beträchtlichen Skaleneffekte könne Cyberport nicht nur viele Produkte listen, sondern diese auch tatsächlich verfügbar halten - ein Vorteil, der von B2B-Partnern anerkannt werde und auch für die Zusammenarbeit mit der Synaxon AG den Ausschlag gegeben habe. (mh)