Anders als das Licht in der biblischen Genesis war das Internet der Dinge (IoT) nicht einfach so da. Vielmehr ist es ein über viele Jahre entstandenes Sammelsurium von mannigfaltigen elektronischen Geräten und Bauteilen, die sich heute oder in Zukunft mit dem Internet verbinden lassen. Da moderne Autos schon bis zu 90 oder mehr internetfähige Sensoren und andere Bauteile haben, weichen die Prognosen über die Zahl der Gerätschaften weit voneinander ab. IDC geht bis 2020 von 212 Milliarden Stück aus, Gartner von 22 Milliarden und Machina Research gar nur von 14 Milliarden "Connected Devices" bis 2022. Cisco rechnet mit 50 Milliarden Geräten bis 2020 und einem weltweiten Umsatzpotenzial von über 14,4 Billionen oder 14.400 Milliarden US-Dollar bis 2022.
Es winken Billionenumsätze
Die fünf wichtigsten Wachstumsfaktoren für das Internet of Everything, wie es Gartner nennt, sieht Cisco in den Bereichen der Ressourcennutzung und Kostensenkung mit 2,5 Billionen Dollar, Mitarbeiterproduktivität und erhöhter Arbeitseffizienz mit ebenfalls 2,5 Billionen Dollar, Lieferkette und Logistik (weniger Verschwendung) mit 2,7 Billionen Dollar, Kundenzufriedenheit und Kundenbindung mit 3,7 Billionen Dollar sowie Innovation mit 3,0 Billionen Dollar bis 2022.
So viele verschiedene internetfähige Geräte und Bauteile es gibt, finden sich auch unterschiedliche Anwendungsszenarien und darauf lassen sich neue Geschäftsmodelle aufbauen. Doch an entsprechenden Business-Ideen scheint es bei aller Euphorie über das Internet der Dinge bei den Unternehmen oft noch zu fehlen. Wir liefern Denkanstöße, wie das Internet der Dinge neue Business-Ideen ermöglicht. Viele dieser Ideen oder Geschäftsmodelle lassen sich jedoch nicht auf alle Branchen übertragen.
- Cisco wittert einen Billionenmarkt
Cisco rechnet damit, dass 2020 rund 50 Milliarden Geräte mit dem Internet verbunden sein werden. Das Internet of Everything (Gartner-Terminus) soll zwei Jahre später dann ein weltweites Marktpotenzial von über 14,4 Billionen Dollar erreichen. - Cisco-Vize Oliver Tuszik
„Gerade in Deutschland bestehen mit die besten Voraussetzungen, um vom ‚next big thing‘, dem Internet der Dinge zu profitieren – vor allem in Kombination mit Industrie 4.0.“ - Gelebte Industrie 4.0 bei BMW
Im amerikanischen BMW-Werk in Spartanburg arbeiten Mensch und Maschine dank M2M schon Seite an Seite und nicht mehr durch strenge Gitter voneinander getrennt. Das ist gelebte Industrie 4.0, wie die Deutschen es gerne nennen. - Farming 4.0
Nicht nur wegen der erhöhten Produktivität, sondern auch wegen strenger Dokumentationspflichten sehen sich Landwirtschaftsbetriebe gezwungen, technisch hochzurüsten. Farming 4.0 ist daher längst Realität in vielen Betrieben und ein guter Nährboden für neue Geschäftsideen. 365FarmNet ist eine auf Claas zurückgehende Initiative zur Entwicklung entsprechender Software-Lösungen. - Mehr IoT als in einem Auto
In modernen Landmaschinen wie denen von Claas ist heute oft weit mehr IT und IoT drin als in einem modernen Auto. - RWE Smart Home mit Samsung-Smartcam
Im Bereich Smart Home bilden sich viele neue Allianzen und Partnerschaften, so hier eine zwischen RWE und Samsung als Lieferant für eine SmartCam zur Fernüberwachung der eigenen vier Wände. - Samsung Crystal Blue WW9000
Ein anderes Smart-Home-Beispiel: Ob man die passende Smartphone-App dazu wirklich braucht, steht auf einem anderen Blatt. Der Bedienkomfort der ursprünglich fast 2.000 Euro teuren Waschmaschine Crystal Blue WW9000 von Samsung wird hochgelobt, das Design auch. - Miele sieht sich weit vorn bei Smart Home
Mieles Interesse an Smart Home reicht weit zurück. Sicherheit, Erleichterungen im Alltag und intelligente Stromnutzung (Smart Grid) sind dabei wichtige Themen für den deutschen Hersteller. Derzeit wirkt er an einer vom Bundesforschungsministerium geförderten Initiative der Universität Bielefeld mit, die sich KogniHome nennt und gerade auch für Senioren einen mitdenkenden Wohnbereich schaffen will. - Smart Grid – das intelligente Stromnetz
So sieht das Bundeswirtschaftsministerium das intelligente Stromnetz der Zukunft unter Einbeziehung von Elektroautos als fahrende Zwischenspeicher. - M2M-Anwendung Smart Metering
Voraussetzung für die Einbindung aller in den Haushalten vernetzten Geräte in ein Smart Grid sind sogenannte Smart Meters, intelligente Stromzähler, welche die alten schwarzen Blechkästen mehr und mehr ersetzen sollen. - Smart City und Manage Parking mit Streetline
In weniger als vier Jahren hat das kalifornische Unternehmen Streetline von 2010 bis 2014 weltweit bereits über 300 Millionen Suchenden zu einem Parkplatz verholfen. Cisco als Technologiegeber sieht darin 20 bis 22 Prozent mehr Umsatzpotenzial für die sogenannten Smart Cities. - Signalwechsel
M2M-Module mit integriertem 3G/4G-Empfänger erlauben es, ganz schnell den Signalwechsel auf der Autobahn herbeizuführen. Plänen für die Privatisierung maroder Autobahnteile in Deutschland könnten auf Betreiberseite auch solchen für M2M-gesteuerte Werbetafeln folgen. - E-Tanken mit PlugSurfing
PlugSurfing ist als Berliner Startup angetreten, das Auffinden, Tanken und Bezahlen an den wenigen E-Zapfsäulen zu erleichtern. Hier im Bild ein weißer Tesla an einer RWE-Ladestation. - Der Schlüssel zum E-Tanken
Dieser RFID-Schlüsselanhänger von PlugSurfing soll die RFID-Karten der Anbieter zum Bezahlen des Stroms über die Ladestationen für Elektro- und entsprechende Hybridfahrzeuge ersetzen.
Egal ob auf eigenen oder bestehenden Lösungen aufbauend und ob finanziert über Partner, einen kleinen Obolus oder über Bannerwerbung, sind der Entwicklung und Vermarktung von Apps keine Grenzen gesetzt. Nicht umsonst erscheinen im Internet immer mehr Vergleichsplattformen à la Trivago und Co. Grundlage für eine anhaltend gesunde Finanzierung ist allerdings, dass die Geschäftsidee nicht zu viele Nachahmer findet, denn sonst ist diese schnell einem inflationären Druck ausgesetzt.
IoT, M2M und Industrie 4.0
Vorstellen muss man sich das Internet der Dinge wie ein großes Dach, unter dem viele Themen zusammenfinden. Dazu gehört der große Bereich Machine-to-Machine-Kommunikation (M2M) mit ganz deutlich im Business angesiedelten Einsatzszenarien wie Transportwesen, Telematik und Flottenmanagement, Überwachung und Sicherheit, Versorgung und Logistik, Verkaufsautomaten und elektronische Bezahlsysteme. Ebenso zählt die Automation in der Produktion dazu, von den Deutschen gerne mit dem Begriff Industrie 4.0 belegt. Passend dazu ist in der Landwirtschaft mit ihrer strengen Dokumentationspflicht von Farming 4.0 die Rede.
- AdhereTech: Tabletten schon eingenommen?
Als zwei von zehn interessanten IoT-Startups hat Computerwoche die folgenden beiden Beispiele vorgestellt. AdhereTech ist eine smarte Pillendose, die den Patienten darauf hinweist, seine Tabletten einzunehmen. - Chui als sicherer Türöffner
Chui soll über Gesichtserkennung die „weltweit intelligenteste Türklingel“ sein. - Nicht verwandt: Chui Motorcycle Trackers
Aus einer Serie von Motorrad-Diebstählen in Kenia ist die Idee entstanden, einen GPS-Service für verloren gegangene Maschinen und Flottenmanagement aufzubauen. Das Chui in Chui Motorcycle Trackers ist nicht Chinesisch, sondern Swahili und bedeutet Leopard, zugleich Wappentier der Firma. - Wo ist Lilly?
Unter dem Namen „Wo ist Lilly?“ entwickelt und vertreibt ein junges Berliner Unternehmen GPS-Tracker für Kinder, Katzen und Hunde. Ähnliche Produkte werden auf der Alm auch für frei weidende Kühe eingesetzt. - Au Back, die Klingen gehen aus!
Ob „Mann“ morgens vor dem Spiegel tatsächlich die Sorge hat, dass er sich anderntags nicht mehr nassrasieren kann, sei dahingestellt. Aber mit dieser Box hat Gilette eine M2M-Lösung entwickelt, welche die Nachbestellung auf Knopfdruck ermöglicht. - Yoints statt der alten Rabattmarken
Das Hamburger Startup Yoints ermöglicht es Geschäften, dass die Kunden über die eigenen yBeacons am Ladeneingang schon mit Bonuspunkten belohnt werden, ebenso auch an der Kasse. Kommen genügend Treuepunkte zusammen, können die fleißigen Käufer dann mit Prämien belohnt werden. Praktisch ist das eine Art Rabattmarken 4.0. - Toshiba-Idee für Public Displays
Von der personalisierten Kundenansprache träumen heute viele Handelshäuser und ihre IT-Partner. Nicht zuletzt deshalb hat Facebook gerade die Nutzungsbedingungen geändert hat, heißt es. Hersteller von Public Displays arbeiten seit langem an entsprechenden Digital-Signage-Lösungen für Einkaufszentren, Bahnhöfe und Flughäfen etwa. Noch in der Findungsphase findet sich diese von Toshiba mit Sonys TransferJet für den Informations- und Datenaustausch auf kurze Entfernungen. - Seidensticker-Hemden aus dem Automaten
Selbst eine Traditionsmarke wie Seidensticker geht mit der Zeit und bietet die Herrenhemden über Automaten an, die über M2M zentral den Füllstand anzeigen. Mehr und mehr Automatenaufsteller setzen auf diese Technologie, weil das Abfahren und Aufschließen jeder einzelnen Verkaufsbox weit teurer ist. - Datenbrillen zum Wohle der Patienten
Medizintechnik und Gesundheit sind das absatz- und umsatzstärkste Segment für Wearables. In der Radio-Onkologie des Universitätsspitals Zürich setzt man für die Atem-Selbstkontrolle der Patienten im CT auf die Moverio BT-100 genannte Datenbrille von Epson. - Entwicklerplattform Apple Watch
Smartwatches wie Apple Watch bieten Entwicklern viele Möglichkeiten für eigene Geschäftsideen, nicht nur im viel zitierten Bereich Fitness. - Samsung verspricht massive Fördermittel
Samsung-CEO BK Yoon hat auf der CES 2015 Anfang Januar 100 Millionen Dollar an Fördermitteln für Entwickler in Aussicht gestellt. „Denn nur zusammen können wir die Zukunft des Internets der Dinge gestalten“, so Yoon. Besonders gefördert werden sollen Technologie-Startups, wie sie die Deutsche Telekom übrigens über fünf Jahre mit 500 Millionen Euro den Steigbügel halten will. - Intel Make it Wearable
Rund um die eigene Edison-Plattform hat Intel 2014 einen mit 500.000 Dollar dotierten Wettbewerb für interessante Wearable-Ideen ausgeschrieben. In den zehn Finalistenteams waren auch mehrere Deutsche. - Die Drohne Nixie hat bei Intel gewonnen
Die 500.000 Dollar aus dem Intel-Wettbewerb „Make it Wearable“ hat das US-Team Nixie mit dieser handlichen Drohne als erste tragbare Kamera gewonnen, die fliegen kann. Dabei gab es auch andere gute Ideen. Einen smarten Handschuh mit integrierten Sensoren, Scanner und Display hatte zum Beispiel das Team ProGlove aus München ins Rennen geschickt.
Deutsche Automobilhersteller wie BMW, Daimler, Opel und der VW-Konzern spielen sowohl bei der Nutzung von Industrie 4.0 in der Produktion wie auch beim Entwickeln von IoT/M2M-Lösungen für die Fahrzeuge eine gewisse Vorreiterrolle. Der Grad der Vernetzung der Autos ist vielen Kunden gar nicht bewusst. Neuerungen wie pilotiertes Fahren und Einparken, so die Bezeichnung von Audi, sind ohne IoT und M2M gar nicht denkbar.
Smart Home und Smart Grid
Aktuell "hippe" Themen wie Smart Home und Wearables werden zwar als stark B2C-lastig wahrgenommen, haben ihren Ursprung aber auch im B2B-Umfeld. Zu Wearables später mehr. Smart Home war lange dem teuren Unternehmens- und Luxussegment vorbehalten und damit ein ureigenes B2B-Thema. Der vom Do-it-yourself-Markt getriebene Trend zu IP-Lösungen mit betreffenden Smartphone-Apps hat die Heimvernetzung und Haussteuerung aber in jüngster Zeit mehr und mehr in die Breite getragen.
So mancher der etablierten Anbieter, die mehrheitlich an KNX- und anderen Bussystemen festhalten, mag darüber vielleicht die Nase rümpfen. Aber letztendlich dient eine größere Verbreitung von Smart Home auch einem von den Energieversorgern, Haushaltsgeräteherstellern wie Liebherr, Miele und Samsung sowie der hohen Politik seit vielen Jahren verfolgtem Ziel, nämlich dem Aufbau intelligenter Stromnetze. Solche Smart Grids sollen unter Einbindung dezentraler Energieversorger und -speicherorte sowie aller Stromverbraucher den Weg zu einer optimalen Verteilung der Versorgung und der Verbrauchszeiten ebnen.