Rückzahlungspflicht bei Gratifikationen

Geld vom Chef behalten und dann kündigen – geht das?

21.06.2013

Eigenkündigung und befristete Arbeitsverhältnisse

Es ist rechtlich zulässig, die Regelung im Arbeitsvertrag so zu fassen, dass die Rückzahlungsverpflichtung an alle Tatbestände anknüpft, die aus der Sphäre des Arbeitnehmers herrühren. Das gilt etwa für den Fall einer vom Arbeitgeber nicht zu vertretenden Eigenkündigung des Arbeitnehmers. Außerdem kann ein auf Wunsch des Arbeitnehmers befristetes Arbeitsverhältnisse oder ein auf Veranlassung des Arbeitnehmers zu Stande gekommener Aufhebungsvertrag die Rückzahlungsverpflichtung auslösen. Es ist ferner zulässig, die Rückzahlung vorzusehen, wenn der Arbeitgeber eine vom Arbeitnehmer verschuldete Kündigung ausspricht.

Anders sieht es allerdings aus, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf den Arbeitgeber zurückgeht, ohne dass der Arbeitnehmer hierzu einen Anlass gegeben hat. In diesen Fällen ist der Arbeitnehmer daran gehindert, die von dem Arbeitgeber mit der Zahlung der Prämie geforderte Betriebstreue zu erbringen. Deshalb wird er in diesen Fällen regelmäßig nicht verpflichtet zu sein, die Gratifikation zurückzuzahlen. Der Arbeitnehmer kann zeitlich nicht grenzenlos gebunden werden.

Die Rechtsprechung hat detaillierte Bindungsgrenzen aufgestellt. Danach sind Rückzahlungsvorbehalte bei Gratifikationen bis zu einem Betrag von 100,00 € und solche, die eine Bindungsdauer über den 30. Juni des Folgejahres vorsehen, grundsätzlich unwirksam.

Beläuft sich der ausgezahlte Betrag auf mehr als 100,00 €, aber weniger als ein Bruttomonatsentgelt, kann der Arbeitnehmer höchstens bis zum 31. März des Folgejahres gebunden werden. Scheidet der Arbeitnehmer vorher aus, muss er die Gratifikation zurückzahlen, während ein Ausscheiden mit Ablauf dieses Tages unschädlich ist.

Bei einer Gratifikation von einem Bruttomonatsgehalt oder mehr darf die Regelung eine Bindung über den 31. März des Folgejahres hinaus vorsehen. Der Arbeitnehmer darf dann erst zum nächstmöglichen Kündigungstermin nach dem 31. März kündigen, wenn er der Rückzahlungsverpflichtung aus dem Weg gehen will.

Erhält der Arbeitnehmer eine Gratifikation, die ein Bruttomonatsgehalt übersteigt, aber ein zweifaches Monatsgehalt nicht erreicht, kann er nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes dann nicht über den 30. Juni des Folgejahres am den Arbeitgeber gebunden werden, wenn er bis dahin mehrere Kündigungsmöglichkeiten hatte. Eine Bindung über den 30. Juni hinaus dürfte nicht mehr zulässig sein.

Sieht die Vereinbarung davon abweichende, längere Bindungszeiträume vor, sind diese nichtig. Hält der Arbeitnehmer rechtlich zulässige Bindungsfristen nicht ein, ist er zur Rückzahlung der Gratifikation verpflichtet. Diese muss dann in vollem Umfang erstattet werden; dem Arbeitnehmer verbleibt also nicht ein Anspruch auf den Sockelbetrag in Höhe von 100,00 €. Ist die Gratifikation in voller Höhe zurückzuzahlen, erfasst diese Verpflichtung auch die von dem Arbeitgeber an das Finanzamt abgeführte Lohnsteuer und die Erstattung der zu viel entrichteten Sozialversicherungsbeiträge.

Fälligkeit

Der Rückzahlungsanspruch unterliegt vertraglich vereinbarten Ausschlussfristen. Der Anspruch wird erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig. Aus diesem Grund beginnt die Verfallfrist erst mit diesem Datum an zu laufen. (oe)

Der Autor Klaus-Dieter Franzen ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und für gewerblichen Rechtsschutz und Mitglied des VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V., www.mittelstands-anwaelte.de
Kontakt:
Schwachhauser Heerstr. 25, 28211 Bremen, Tel.: 0421 20539944, E-Mail: franzen@franzen-legal.de, Internet: www.franzen-legal.de

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