Onliner sind der wichtigste Absatzkanal
Das Geschäft mit der Spiele-Hardware ist für die Grossisten aber kein Selbstläufer: "Man muss immer ein Ohr am Markt haben und up to date sein", erläutert Achim Reichenstein. Die Verfügbarkeit der Produkte zur richtigen Zeit und zum passenden Preis ist der Schlüssel zum Erfolg, darin sind sich die Distributoren einig.
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Der Online-Handel stellt dabei den wichtigsten Absatzkanal. "Gaming-Produkte werden besonders stark über den E-Tail-Kanal nachgefragt", stellt DexxIT-Vertriebschefin Öchsner fest. "Viele stationäre Fachhändler steigen in das wenig beratungsintensive Geschäft mit Konsolen und deren Zubehör ein", berichtet Eno-Manager Waller. Dazu komme der Food/non Food-Markt als ein wichtiger Absatzkanal. "Im Prinzip findet Gaming mittlerweile in allen Kanälen Platz", meint er.
Wer als Reseller mit den Produkten erfolgreich sein will, muss der anspruchsvollen Zielgruppe auch etwas bieten können. "Exzellente Social-Media-Arbeit ist heute der Schlüssel zum Erfolg", weiß Gaming-Experte Kratsch. So haben Retailer wie Saturn und Media Markt signifikant in YouTube- und Instagram-Kanäle investiert, um den Zugang zur Zielgruppe immer wieder herzustellen und Produkte in den Fokus zu rücken, die sie gerade im Angebot haben. Kratsch schlägt Händlern vor, Laptops und PCs im Ladengeschäft mit den neuesten Spielen zu bestücken um den Kunden ein Einkaufserlebnis zu bieten. Im Optimalfall tue man das in einer angenehmen Atmosphäre, wo sich der Kunde auch hinsetzen und sich ausführlich beraten lassen kann. "Dabei ist es unabdingbar, dass die Verkäufer selbst Gamer sind und sich exzellent auskennen", fordert er. Immens wichtig hält der Experte auch die Verfügbarkeit der Ware: "Gamer sind Digital Natives. Ist das gewünschte Produkt nicht verfügbar, werden sie kein zweites Mal kommen, sondern bei Amazon bestellen", warnt er. Zudem müsse man auch den Komfort des Online-Geschäfts bieten. "Die Zielgruppen der Millenials und besonders der Generation Z sind es nicht gewohnt, irgendetwas zu suchen. Komponenten für einen PC sollten also logisch nebeneinander angeordnet sein und das Fachpersonal muss mit enorm viel Knowhow auftrumpfen können", betont er.
eSports braucht Systemhäuser
Durch den stark wachsenden eSports-Bereich eröffnet sich aber auch Systemhäusern, die bisher im Gaming-Geschäft kaum präsent sind, interessante Geschäftschancen. So muss hochperfomante IT-Infrastruktur für die zahlreichen Turniere und Veranstaltungen bereitgestellt werden. Dazu gehören neben der PC-Ausstattung mit Monitoren, Tastaturen, Mäusen und Headsets unter anderem Server, Netzwerk- und Übertragungstechnik, Großbildleinwände, Projektoren und TV-Geräte. "Es geht bei den meisten großen Turnieren um Millionen an Preisgeldern. Ergo werden die Netzwerkstabilität, Sound-Stabilität der Headsets mit denen die Spieler kommunizieren und die Energie-infrastruktur zahlreichen Stresstests unterzogen und penibel von Ingenieurteams überwacht", berichtet Kratsch. Aber auch im kleineren Rahmen wird Infrastruktur von Dienstleistern angemietet, die dann 20 bis 50 PCs bereitstellen.
Die Veranstalter setzen IT-Analysten und Spezialisten für Systemintegration beim Aufsetzen und Überwachen des Netzwerks ein. Dazu kommen Security-Teams, die auf die Einhaltung der Regeln achten und nach Hacks und Sicherheitslücken fahnden. Bei kleineren Events übernehmen dies auch externe IT-Firmen. "Es gibt immer mehr kleine und mittelgroße Turniere für ein paar tausend Teilnehmer. Zudem brauchen alle eSports-Vereine Teamhäuser, die entsprechend mit Glasfaseranschlüssen, Netzwerktechnik und Co ausgestattet werden müssen", umreißt Kratsch die Anforderungen. "Wer sich darauf spezialisiert, wird es leicht haben, Kunden zu gewinnen", prophezeit er.
Gamer sind IT-Nachwuchs
Doch nicht nur der Channel hat Gaming als Zielgruppe zum Absatz der oft hochpreisigen Hardware entdeckt. So suchen Unternehmen, Organisationen und Behörden in diesem IT-affinen Personenkreis gezielt nach Nachwuchskräften, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Die diesjährige Gamescom mit ihren fast 400.000 Besuchern hat so ein attraktives Umfeld geboten, um Fachkräfte und potenziellen Nachwuchs zu treffen. "Nachdem wir letztes Jahr schon gute Erfahrungen mit diesem Veranstaltungsformat gemacht haben, sind wir auch dieses Jahr wieder zu Jobs & Karriere auf die Gamescom gekommen. Hier finden wir potentielle Mitarbeiter, vom Azubi bis zum Professional ist alles dabei", erklärt Thomas Bunke, Head of Human Resources Services EMEA, beim Kunststoffspezialisten Rehau AG. "Wir treffen hier nicht nur viele Leute mit IT-Background, sondern auch Interessenten aus anderen Bereichen. Die Gamescom ist einfach ein guter Treffpunkt, bei dem wir viele neue Kontakte knüpfen werden", bestätigt Human-Resources-Experte Eike Fromhage beim Entwicklungsdienstleister für die Automobil- und Luftfahrtindustrie Bertrandt. Auch beim Publikum kam das Format gut an: "Mir hat die sehr offene Kommunikation an den Ständen sehr gefallen. Alle Fragen wurden beantwortet und auch konkrete Angebote, beispielsweise für Praktika gemacht", meint der 16-jährige Lenni.
So wird die Rolle der Computerspiele immer weiter über einen reinen Absatzkanal für Konsumenten hinaus gehen und die professionelle IT beeinflussen und befruchten. Anwendungen für Virtual und Augmented Reality, Datenanalyse und Security, performante und ausfallsichere Netzwerktechnik, Computerdesign oder Cloud- und Streaming-Infrastruktur sind dafür nur einige Beispiele.