Das Thema Führung gleicht zu häufig einem bloßen Lippenbekenntnis. Schlechtes Führungsverhalten der oberen Führungskräfte wird sogar wissentlich von der Geschäftsleitung geduldet. Solange das operative Ergebnis stimmt, können die Abteilungschef schalten und walten wie sie möchten. Zu diesem Resultat kommen Wirtschaftler von der Fachhochschule Osnabrück. "Mitarbeiter kommen zu Unternehmen und verlassen Vorgesetzte - das ist ein alter Spruch, der leider zutrifft", sagt Carsten Steinert, Professor für Betriebswirtschaftslehre. Verwunderlich sei, dass Vorstände und Geschäftsführer vor dem Hintergrund des demografischen Wandels sowie des Fachkräftemangels schlechte Führung überhaupt noch leisten.
In der Studie aus Osnabrück zeigt sich: Über 85 Prozent der befragten Unternehmen werten Führungsverhalten als einen expliziten Bestandteil von Personalpolitik. Dennoch ist die Toleranz gegenüber Schwächen im Führungsverhalten hoch ausgeprägt, sofern das von den Führungskräften zu verantwortende operative Ergebnis stimmt. Dem operativen Ergebnis wird von den Befragten zu 90 Prozent ein "sehr hoher" oder "bedeutender" Stellenwert beimessen. Führungsverhalten ist nur für 45 Prozent der befragten Unternehmer wichtig. Auf die Frage nach den Hauptgründen für Trennungen von Führungskräften gaben 82 Prozent der hierzu befragten Unternehmen an, dass schlechtes Führungsverhalten für sie kein Anlass für eine Trennung ist.
Es braucht nicht viel zum Chef sein
Die Hauptgründe für Trennungen von Führungskräften werden von fast 50 Prozent in "persönlichen Gründen" oder in einem "schlechten operativen Ergebnis" gesehen. Letzteres ist für 42 Prozent Anlass für eine Trennung. "Im Ergebnis verdeutlicht die Untersuchung zwei Dinge: Schlechtes Führungsverhalten wird in der Regel nicht sanktioniert, sofern und solange das operative Ergebnis stimmt. Gutes Führungsverhalten wird nicht belohnt, was sich daran zeigt, dass das Thema "Führung" als Komponente von Zielvereinbarungen eine eher untergeordnete Rolle spielt und meist nur partiell berücksichtigt wird", sagt Steinert. Eine Führungskraft braucht sogar noch weniger, um sich in der Wirtschaft. (pte/rw)