Man wisse um seinen Status: Expert sei zwar auf dem deutschen Markt die Nummer zwei bei den Elektromärkten - aber mit deutlichem Abstand zu Marktführer Media-Saturn. Gehe es um Exklusiv-Deals für neue Geräte, habe man deshalb manchmal das Nachsehen. Darüber brauche man sich aber nicht zu ärgern, sondern wolle lieber versuchen, sich seiner Marktstellung bewusst im Gespräch mit Lieferanten das Bestmögliche für Expert herauszuholen.
Mit solchen und ähnlichen Aussagen demonstrierte die Ende 2018 angetretene neue Expert-Führung aus Stefan Müller, Frank Harder und Gerd-Christian Hesse auch bei der Frühjahrstagung 2020 der Verbundgruppe in Hannover wohltuendes Unterstatement. Dass dieser unaufgeregte Kurs nicht nur sympathisch, sondern auch erfolgreich ist, bewiesen die Zahlen, die man für das zurückliegende Jahr präsentieren konnte.
Lesen Sie auch: Ex-Media-Saturn-Chef Kirsch im Interview: „Die Grundstrategie war richtig“
So hat Expert im Kalenderjahr 2019 seinen Innenumsatz um 0,4 Prozent auf 1,877 Milliarden Euro gesteigert. Verbundgruppenchef Müller sprach in diesem Zusammenhang von einem "guten Geschäft in einem nicht einfachen Jahr". Auch der erfolgreiche Verlauf der Black Week unterstreiche, dass bei Expert die Ausrichtung stimme. So legte der Umsatz in der Aktionswoche um 9 Prozent auf 97,5 Millionen Euro zu - und dass ohne übermäßig auf Preisaktionen zu setzen: Der Anteil von Werbeprodukten am Umsatz der Black Week lag bei 18 Prozent und damit nur um einen Prozentpunkt höher als im Vorjahr. "Wir haben bewusst nicht zu stark auf Aktionsartikel gesetzt, sondern wollen auch mit den vielen 'Schattenprodukten' dahinter wachsen", erklärte dazu Müller.
Auf diese Weise habe man bei den Expert-Partnern inzwischen eine hohe Akzeptanz zur Black Week erzielen können. Diese konnten sich darüber schlussendlich freuen, dass die Expert-Gruppe ihren Außenumsatz in den Monaten November und Dezember um 1,3 Prozent steigern konnte und sich damit im Weihnachtsgeschäft deutlich erfolgreicher schlug als Marktführer Media-Saturn. Wie Müller in seiner Präsentation erläuterte, konnte Expert zudem im Gesamtjahr 2019 beim Außenumsatz um 1,3 Prozent zulegen, während der Gesamtmarkt um 0,8 Prozent zurückging - die Verbundgruppe hat also Marktanteile dazugewonnen.
Online-Geschäft gewinnt an Bedeutung hinzu
Explizit erklärte Müller, dass das von der Verbundgruppe einst verschmähte Online-Geschäft bei der positiven Entwicklung im vergangenen Jahr eine wichtige Rolle gespielt habe. "Ohne steigenden Online-Anteil hätten wir 2019 keine Marktanteile dazugewinnen können", so der Verbundgruppen-Chef. 2019 sei der E-Commerce-Anteil am Expert-Außenumsatz von 3,1 auf 4,7 Prozent gestiegen. Das entspricht einer Umsatzgröße von knapp 120 Millionen Euro.
Damit würden die steigenden Online-Umsätze inzwischen auch dazu beitragen, den Rückgang im stationären Geschäft auszugleichen. Für alle Fälle stellte Müller dennoch klar: "Wir bleiben ein stationärer Händler, aber ein vernünftiges Online-Geschäft gehört da heute dazu." Die Stärkung des Online-Geschäft ist Teil der Optimierungsstrategie "Expert Change". Im Zuge dieses Programms hat Expert beispielsweise auch ein neues Kundenmanagement-Programm eingeführt und seine Logistik verbessert. Auch der Ankauf von alten Handys in den Märkten zählt zu dem Programm.
Inzwischen sind bei dem Ankaufsprogramm bereits 214 Märkte dabei, 2020 kommen noch 44 weitere Standorte dazu. Das Ankaufsvolumen lag 2019 bei 3,2 Millionen Euro, in diesem Jahr sollen es mindestens 7 Millionen Euro sein. "Rund die Hälfte der ausgezahlten Ankaufsgebühren wurden gleich wieder in den Märkten ausgegeben. Diese Quote wollen wir weiter erhöhen", berichtet Expert-Finanzvorstand Frank Harder.
Der Altgeräte-Ankauf passe zudem zum anhaltenden Nachhaltigkeitstrend - durch den Handy-Ankauf konnte Expert 2019 mehr als 230 Tonnen CO2 einsparen. "Generell wollen wir das Thema Nachhaltigkeit künftig mehr spielen", erklärte dazu Expert-Chef Müller. Weitere Neuerungen, die Expert im laufenden Jahr umsetzen will, sind der Rollout elektronischer Preisschilder, das Thema Smart Home - inklusive neuer Ladenbaumodule und eine Kooperation mit der Plattform Conrad Connect - sowie eine Kooperation mit der Buchhandelskette Hugendubel, die spezielle Module für Expert-Märkte entwickelt hat. "Das sind viele neue Themen, die wir jetzt erst einmal zu den Kunden bringen müssen", erklärte Müller.
Welche Rolle spielt das Coronavirus?
Mit der soliden Umsatzentwicklung und den neuen Initiativen genießt Expert im Verbundgruppen-Umfeld offensichtlich gute Attraktivität. So sind zum 1.1.2020 vier Medimax-Märkte und ein Euronics-Standort zu Expert gewechselt und wie bei der Frühjahrstagung der Verbundgruppe bekanntwurde, werden zum 1.10.2020 weitere fünf Euronics-Märkte zu der Gruppe stoßen.
Damit würde Expert 282 Flächenmärkte betreiben. Aktuell sind unter den 410 Expert-Standorten 277 Märkte. Das sind vier mehr als vor einem Jahr. 62 der Märkte werden von der Expert-Zentrale in Eigenregie betrieben. Die Beliebtheit von Expert wurde zudem dadurch unterstrichen, dass zu der Frühjahrstagung 82 Prozent der Partner gekommen sind. Vielleicht spielte dabei aber auch ein Stück Wehmut eine Rolle: Das Verbundgruppen-Event fand zum letzten Mal in Hannover statt. Ab 2021 geht die Expert-Frühjahrsmesse in der gemeinsamen mit Euronics ausgerichteten Verbundgruppenmesse "EKoop" in Berlin auf. "Je näher das rückt kommt, umso mehr sind wir motiviert, das es in Berlin noch schöner wird", erklärte dazu Expert-Chef Müller.
Für das laufenden Jahr erwartet Müller weiter ein moderates Wachstum rund um 0,5 Prozent - aber auch den Zugewinn weiterer Marktanteile. Eine unbekannte Größe ist dabei allerdings der Einfluss, den das in China grassierende Corona-Virus auf die Branche haben wird. "Wir haben einen Mini-Krisenstab eingerichtet, da viel unserer Ware aus China kommt", berichtete Müller. Expert sei dabei in einem engen Dialog mit den Lieferanten und werde vorsorglich auch die Bestände im Lager in Langenhagen erhöhen. Man müsse also keineswegs in Panik ausbrechen, erklärte Müller - und unterstrich damit einmal mehr die unaufgeregte Herangehensweise der Verbundgruppe.
Wir haben auch bei Distributoren nachgefragt, wie sie auf die Bedrohung durch den Coronavirus reagieren. Lesen Sie hier, welche Maßnahmen Komsa, Systeam und Co. treffen.