Auch für Euronics gleicht die Geschäftsentwicklung in den letzten Jahren einer Achterbahnfahrt: Erst konnte die Verbundgruppe von der gestiegenen Nachfrage im Zuge der Coronapandemie profitieren und deutlich beim Umsatz sowie bei den Online-Anteile zulegen. Dann folgten der Kriegsbeginn in der Ukraine, die hohe Inflation und der Einbruch der Konsumentenstimmung. Im Ende September beendeten Geschäftsjahr 2021/22 kam es bei Euronics deshalb zu einem Umsatzeinbruch von rund sechs Prozent und einem Zentralumsatz von nur noch 1,49 Milliarden Euro (nach 1,58 Milliarden Euro). Auch bei der Zahl der Standorte drehte sich der Positivtrend des Vorjahres - als die Verbundgruppe die Zugänge ehemaliger Medimax-Standorte vermelden konnte - in sein Gegenteil um: Statt von "über 1.200 Mitgliedern mit über 1.294 Standorten in ganz Deutschland" ist nun nur noch von "mehr als 1.100 Mitgliedern mit über 1.200 Standorten" die Rede. Nachrichten wie der Wechsel von sechs Alphatecc-Standorten zu Expert deuteten bereits in diese Richtung.
Bei einem Strategie-Update am Rande des Euronics Kongress 2023 - der erstmals im Rahmen der gemeinsam mit Expert veranstalteten Kooperationsmesse KOOP in Berlin stattfand - bemühte sich Vorstandssprecher Benedict Kober Wege aufzuzeigen, wie die Verbundgruppe trotz der schwierigen Rahmenbedingungen wieder auf den Wachstumspfad zurückfinden will. Anders als bei den Wettbewerbern im Kooperationsumfeld strich Kober dabei weniger bewährte stationäre Tugenden heraus sondern positionierte Euronics als einen Player, der sich Zukunftsthemen verschrieben hat und Mitglieder sowie Endkunden auf dieser Reise mitnehmen will. "In Zeiten historisch schlechter Konsumstimmung, Preiskampf und starkem Margendruck online, treten wir an, um neue Impulse für Wachstum und Erfolg zu setzen", erklärte der Chef der schwäbischen Verbundgruppe.
"Anorganisches Wachstum" angekündigt
Als Basis für die künftige Ausrichtung von Euronics strich Kober die im vergangenen Geschäftsjahr verabschiedete Strategie e25 heraus, die neben dem Marken-Relaunch die weitere Digitalisierung in den Mittelpunkt stellt. Dazu gehören die Umwandlung traditioneller Ladenkonzepte in moderne, hybride Einkaufserlebniswelten oder die Anpassung der Produkt- und Serviceangebote an den Markt. "Ein wacher unternehmerischer Geist ist die Basis dafür, dass wir mit den Herausforderungen der vergangenen Jahre gut umgehen konnten und positiv auf das aktuelle Geschäftsjahr blicken", erklärte Benedict Kober. "Im Januar sind wir gut ins neue Jahr gestartet und liegen im Plan. Damit sind wir sehr zufrieden. Nun wird auch die Expansion und die Gewinnung neuer Mitglieder ein wichtiger Teil sein." Neben der Erweiterung des Service- und Produktportfolios sowie des erfolgreichen Online-Handels, strebe Euronics auch eine Expansion durch anorganisches Wachstum an. Weiteres Potenzial sieht die Genossenschaft in der Expansion und Neugründung einzelner Mitglieder sowie im Ausbau des B2B-Geschäfts. Hier steht beispielsweise die Gewinnung von Kunden aus dem öffentlichen Bereich im Fokus.
Weitere Details gab es auch zu der angekündigten Kundenbindungsstrategie von Euronics. Diese wird nun unter dem Namen "Meine Euronics" und in Form einer Smartphone-App an den Start gehen. Um die Kundenbindung zu steigern sollen Nutzende von einem direkten Draht zu ihrem Euronics Mitglied in der Region profitieren und von exklusiven Vorteilen wie Rabatten oder Coupons. Dazu passt der neue Dreh, den die im vergangenen Jahr gestartet Euronics-Kampagne "Nah und da" in diesem Jahr nimmt: Nachdem es im Geschäftsjahr 2020/21 um physische Nähe ging, steht nun Kundenkenntnis im Zentrum der Endkundenansprache. Für zusätzliche Emotionalität wird Frauenfußball-Star Almuth Schult in Deutschland ein zweites Jahr die Markenbotschafterin des UEFA-Women's-Football-Sponsorings.
Erneuerbare Energien werden zum strategischen Wachstumsfeld
Ein Schwerpunkt, mit dem sich Euronics im Retail-Umfeld positionieren will, ist das Geschäftsfelds "E-Mobilität und Erneuerbare Energien", für das sich die Verbundgruppe bereits frühzeitig engagiert hat. Unter dem Motto "Öko spart Euro" bietet Euronics heute alles von der PV-Anlage über den Energiespeicher, smarten Hausgeräten bis zu Wallboxen für Elektroautos. Damit hat die Verbundgruppe die strategische Weiterentwicklung zum 360-Grad-Lösungsanbieter in diesem neuen Geschäftsfeld vollzogen. Besonders im ersten Halbjahr 2022 konnten Euronics Mitglieder starke Umsätze mit Ladestationen für E-Autos erzielen. Beim Vertrieb des Aiways U5 wurden wie in der gesamten E-Mobilitätsbranche die Herausforderungen in den Lieferketten spürbar. Darüber hinaus war der direkte Kundenkontakt bei diesen beratungsintensiven Produkten durch die Pandemie erschwert. Für 2023 steht mit e.GO ein weiterer Kooperationspartner für den Vertrieb von E-Autos in den Startlöchern.
"Die Weiterentwicklung des Produkt- und Dienstleistungsportfolios spiegelt sich in allen unseren Tätigkeitsbereichen wider", erzählte Benedict Kober. "Beispielsweise auf der IFA war unser mobiler Showroom für energieeffizientes Wohnen - das Tiny House - ein Besuchermagnet. Das Projekt trägt zur Wahrnehmung der Marke Euronics als Antreiber von Nachhaltigkeits- und Zukunftsthemen bei. Für unsere Mitglieder gibt es zusätzlich die Möglichkeit, einzelne Mitarbeiter zum zertifizierten Klimaprofi ausbilden zu lassen. Damit bringen wir das neue Serviceangebot ganz nah an unsere Kunden."
Aufsichtsrat unter neuem Vorsitz neu bestellt
Am Rande des Euronics Kongress, der vom 19. bis 21. Februar unter dem Motto "Wachstum - Expansion - Wertschöpfung" im Rahmen der KOOP stattfand, wurde der Aufsichtsrat der Verbundgruppe neu bestellt. Dabei wurde das langjährige Aufsichtsratsmitglied und der bisherige stellvertretende Vorsitzende Frank Schipper bestätigt. Zudem wurde er von seinen Aufsichtsratskollegen zum neuen Vorsitzenden gewählt. Er folgt auf Dirk Wittmer, der nicht mehr dem Aufsichtsrat angehört. Weiter wurde im Rahmen der Generalversammlung in Berlin der Aufsichtsrat Christoph Lux in seinem Amt bestätigt und anschließend von den Aufsichtsratskollegen zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Darüber hinaus wurde Jens Begehr neu in den Aufsichtsrat der Genossenschaft berufen. Weitere Mitglieder des Aufsichtsrats sind Sabine Bauer, Torsten Roters, Marlene Raddei und Martin Zilligers.