Die Coronapandemie hat das Sterben der unter Druck geratenen stationären Geschäftsmodelle beschleunigt und den Leerstand in vielen Innenstädten verschlimmert. Während die meisten Handelsketten darauf setzen, ihr tradiertes Handelsmodell weiterzuführen solange es noch geht, ist den Experten klar, dass es ohne neue Konzepte für Innenstädte und Stationärhandel nicht weitergeht. Umso mehr ist zu begrüßen, dass Euronics nun ein neues Store-Format präsentiert, das nicht nur der Verbundgruppe neue Impulse verleihen soll, sondern auch grundsätzlich die Frage nach der Zukunft des physischen Handels stellt.
Das City-Store-Konzept "njuju" stellt die Vision einer "Urban Electronics Genossenschaft" vor und will Kunden durch Blockchain-Technologie zu Miteigentümern machen. "Wir haben uns ein ambitioniertes Ziel gesetzt: Die Demokratisierung des Shoppings", erklärt Jochen Mauch, Chief Digital Officer bei der Euronics Deutschland eG, sowie treibende Kraft hinter njuju. "In unserem neuen City Store-Konzept geht Einkaufen über den schlichten Konsum hinaus. Auf Blockchain-Basis wird unser Store zu einer zeitgemäß interpretierten Form der Genossenschaft und unsere Kunden zu Miteigentümern."
Denn mit jedem Bezahlvorgang an der Kasse sollen diese über einen digitalen Token auch einen Anteil erhalten an genau dem Laden, in dem sie einkaufen. Durch den Einsatz neuer Technologien sollen sie nicht nur Anteilseigner werden, sondern über ein Cashback-Modell auch vom Profit des City Stores profitieren. Dabei sollen sie sowohl das Erscheinungsbild als auch das Angebot im stationären Handel mitgestalten können. "Das Ergebnis ist so klar wie revolutionär", sagt Mauch: "Was der Mensch nicht will, wird im Laden nicht zu finden sein - eine fundamentale Veränderung, die der urbanen Community eine Stimme verleiht und ihnen so die Möglichkeit gibt, technische Innovationen und Trends mitzuentwickeln."
"Von der Warengenossenschaft zur wahren Genossenschaft"
Im Rahmen des Branchentreffs Euronics Summer Convention auf Mallorca hat die Verbundgruppe das Projekt, das in den vergangenen Monaten gemeinsam mit der Innovationsagentur Grabarz JMP Space erarbeitet wurde, erstmals vorgestellt. Digital-Chef Mauch sieht Euronics mit dem Konzept auf dem Weg "von der Warengenossenschaft zur wahren Genossenschaft". Der njuju City-Store stelle den Menschen mit seinen persönlichen Herausforderungen, Zielen und spezifischen Bedürfnissen in den Mittelpunkt und zeige das Einkaufserlebnis der Zukunft:
"Kunden möchten fitter werden? Oder nachhaltiger leben? Im City Store tritt Euronics als Lösungsanbieter und Coach gleichermaßen auf und präsentiert neben passenden Produkten umfangreiche Lösungen für ganz konkrete Fragen des Lebens. Darüber hinaus berät sich die Community durch das Prinzip der Teilhabe und Mitbestimmung auch selbst und schafft somit einen Ort der Identitätsstiftung. Technikbegeisterte treffen auf Technikbegeisterte und inspirieren sich gegenseitig. Das Geschäft ist keine begehbare Lagerhalle, sondern ein Clubhaus für Technik-Fans und stellt damit eine humane Antithese zum anonymen Online-Handel dar. Durch unser kooperatives Konzept fördern wir gezielt die Rückeroberung der Innenstädte", so Mauch.
Der Realitäts-Check: Umsetzung startet in den nächsten Monaten
Wie Euronics erklärt, sollen die Vorbereitungsmaßnahmen für den ersten njuju City Store in den nächsten Monaten starten - weiter in Zusammenarbeit mit der Innovationsagentur Grabarz JMP Space. Felix Fenz, CCO bei Grabarz & Partner und Creative Lead bei Grabarz JMP Space sagt: "Hybrider, datenbasierter, sozialer: Der Handel verändert sich gerade vor unseren Augen radikal. Gemeinsam mit Euronics haben wir daher ein umfassendes City Store-Konzept entwickelt, das Antworten auf ein neues Einkaufsverhalten gibt. Denn mit njuju stellen wir die Bedürfnisse der Kunden in den Mittelpunkt und machen sie dank Blockchain-Technologie sogar zu Miteigentümern und damit zum Teil der Genossenschaft.
JMP steht für Innovation mit echter Wirkung - njuju ist ein Musterbeispiel dafür." Jochen Mauch ergänzt: "Mit dem njuju City Store haben wir ein echtes Herzensprojekt initiiert. Die Branche und alle Technikinteressierten dürfen gespannt sein und können sich auf die nächsten Schritte hin zu einer neuen Shopping-Realität freuen."
Dass Euronics nicht nur über das Weiter-so der bestehenden Handelskonzepte nachdenkt, sondern aktiv nach zukunftsgerichteten Formaten sucht, ist zu begrüßen. Auch klingt einiges an dem "njuju"-Format plausibel. Richtig interessant wird es aber erst, wenn das Projekt in die Umsetzung geht: Werden die Kunden das durchaus ambitionierte Konzept verstehen? Werden sie in ausreichende Zahl den Weg in die neuen Läden finden? Und wird sich die für das Funktionieren des Konzepts nötige Community wirklich bilden? Es wird spannend bleiben, den weiteren Weg der Euronics-Zukunftsvision zu verfolgen.
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