Click & Collect: Online bestellen und im Laden abholen
"Click & Collect" - der Begriff ist erst wenigen Kunden vertraut, die Idee selbst aber ist bekannt und beliebt: Der Kunde stellt, häufig einfach per Smartphone, seine eigene Produktliste im Online-Shop des Händlers zusammen, ein Service, wie ihn auch die großen Shopping-Portale wie Amazon bieten. Die dort übliche anschließende Lieferung nach Hause gilt als einer der großen Vorteile des Internethandels.
Häufig ist es Kunden aber wichtig, ihre Lieferung sofort zu erhalten, sie möchten nicht warten oder haben keine geeignete Ablagemöglichkeit, wenn sie zur Lieferzeit nicht zuhause sind. Dem kommt der Händler entgegen, indem er die Abholung des Einkaufs direkt im Geschäft anbietet. Ergänzend können auch Bestellungen über Terminals direkt im Geschäft erfolgen.
Bei Kleidung ist auch ein Anprobe- und Rücknahmeservice sinnvoll, denn hier werden häufig alternative Artikel bestellt, um daraus dann die passenden Farben und Größen auszuwählen. Das Auspacken macht Spaß, die Rücksendung weniger: Alle nicht ausgewählten Artikel müssen wieder verpackt, Retourenscheine gedruckt oder ausgefüllt und zur Post gebracht werden. Mit einer Anprobe und Rückgabe direkt im Ladengeschäft ließen sich diese für die Kunden oft lästigen Schritte sparen.
Ship from store
Händlern hilft dieses Konzept, im Lager gebundenes Kapital zu verringern; Kunden profitieren von der schnellen Lieferfähigkeit. Der Hintergrund: Händler bestellen ihre Ware in der Regel aus einem Zentrallager. Erfahrene Filialleiter können ihr Gebiet und den Bedarf ihrer Kunden an bestimmten Artikeln und Warengruppen durchaus gut einschätzen, trotzdem werden in aller Regel einzelne Artikel eines Produktes im Lager zurückbleiben, nachdem der Bedarf im jeweiligen Einzugsgebiet der Filiale gesättigt ist. Bei Media- und Haushaltsgeräten mit 50.000 - 100.000 Artikeln im Sortiment summieren sich diese einzelnen Artikel rasch, sie benötigen Lagerraum und binden Kapital.
- Echtes Autohaus virtuell besichtigen
Fiat setzt auf Live-Videoübertragungen, um potenzielle Kunden anzusprechen. Dabei präsentieren Mitarbeiter mit Headset und Webcam neue Modelle. Gleichzeitig blendet Fiat Informationen und Farbvariationen ein. Die Zuschauer können Probefahrten vereinbaren. - Über Barcodes Gutscheine für Freunde erstellen
Mit der mobilen Anwendung Jifiti können Nutzer in ausgewählten Geschäften Barcodes an Produkten einscannen und daraus Geschenkgutscheine herstellen. Diese lassen sich digital versenden. Der Empfänger kann damit das Geschenk im Laden abholen oder es online bestellen. - Laden markiert die auf Pinterest beliebtesten Waren
Die in Seattle ansässige Kaufhauskette Nordstrom markiert jene Produkte, die auf Pinterest am häufigsten gepinnt werden. Momentan verfügt Nordstroms Pinterest-Account über 4,5 Millionen Follower, so dass die Schilder die Meinung einer erheblichen Anzahl von Kunden repräsentieren. - Touchscreen mit endlosem Warenkatalog
Die britische Supermarktkette Tesco stellt in Filialen Touchbildschirme auf, auf denen Kunden mehr als 11.000 Produkte finden. Die Artikel lassen sich unter anderem nach Preis filtern. Kunden können die Produkte an einem Abholschalter mitnehmen oder sich nach Hause schicken lassen. - Nahtloser Kundendialog über mehrere Kanäle
Der Anbieter SapientNitro erlaubt mit dem System Connected Retail einen Kundendialog über mehrere Kanäle. Ein Sportartikelhändler ermöglicht Kunden mit Connected Retail, sich zuhause von einer virtuellen Shoppingassistentin online beraten lassen und einen Besuchstermin im Geschäft vereinbaren. Im Laden ist die Assistentin per Bildschirm an der Beratung beteiligt.
Statt sie nun mit hohen Verlusten in Rabattaktionen abzusetzen, ist es ökonomischer, sich mit anderen Händlern zu vernetzen und die Waren in eigenen Shops auf reichweitenstarken Portalen wie ebay praktisch in einem erweiterten digitalen Schaufenster auszustellen. Kunden können dann dort die Ware ordern; geliefert wird aus dem Lager, in dem der Artikel vorrätig ist - das verschafft einen Zeitvorsprung vor dem Wettbewerber. Alternativ kann natürlich auch hier eine direkte Abholung erfolgen, wenn etwa das Lager nicht zu weit vom Wohnsitz des Kunden entfernt ist.
An diesen Beispielen wird deutlich, warum Digitalisierung und der schrittweise Aufbau eines effizienten Systems im ersten Schritt erfolgen sollten. So kann der mit neuen Dienstleistungen verbundene Aufwand gering gehalten werden. Besonders wichtig ist es dabei, auf standardisierte Daten zurückgreifen zu können.
Digitalisierung wird von Menschen getragen
Konzept und Einführung eines integrierten technischen Systems sind anspruchsvolle Aufgaben. Aber auch das beste System wäre nicht effektiv ohne die Menschen, die damit arbeiten. Die Betreuung und Beratung durch die Mitarbeiter im Ladengeschäft sind es schließlich, die den Unterschied machen zu reinen Online-Unternehmen. Kunden, die ins Geschäft kommen, schätzen die Fachkompetenz, Freundlichkeit und Engagement des Verkaufspersonals hoch ein.
Änderungen im Geschäftsmodell wie Warenrücknahmen, Click & Collect, Lieferungen direkt aus dem Shop müssen von den Mitarbeitern verstanden und mitgetragen werden. Das bedeutet zum einen, dass die Ziele und Vorteile erklärt werden, zum anderen aber auch das Handling aller einzelnen Schritte.
Jede Filiale hat ihre Besonderheiten und unterscheidet sich von anderen durch ihr Warensortiment, die Käufergruppen, Platzverhältnisse und Mitarbeitersituation. Ein einfaches Rollout mit einigen schriftlichen Anweisungen sichert noch nicht die erfolgreiche Umsetzung neuer Konzepte. Deshalb werden hier regelmäßig sehr viel Zeit und Erfahrung in das Coaching der Mitarbeiter vor Ort investiert.
So wurden beispielsweise bei der Umsetzung eines neuen Konzeptes einer großen Filialkette 750 Schulungen vor Ort und hunderte von Seminaren durchgeführt. Dabei werden einzelne Abläufe - Abholung bestellter Waren, Zahlung z.B. per Paypal, Rücknahme - an die jeweilige Filiale angepasst und geübt, so dass die Mitarbeiter am Ende mit allen Situationen souverän umgehen können.
Es geht also bei der Digitalisierung und Umstellung des Geschäftsmodels um mehr als nur die einmalige Einführung eines effizienten IT-Systems. Mitarbeiter müssen integriert werden. Ziel ist es, handlungsfähig und offen für Veränderungen zu werden und zu bleiben.
Ein gut funktionierendes System soll die Händler entlasten und die technischen Voraussetzungen schaffen, damit sie sich auf das konzentrieren, was sie auszeichnet und worin sie gut sind: klug einkaufen, das Sortiment pflegen und vor allem beraten und ihre Kundenbeziehungen aufbauen und pflegen. Diese Nähe zu den Kunden ist letztlich auch die beste Voraussetzung, um auch künftige Veränderungen frühzeitig zu erkennen und das Geschäftsmodell anpassen zu können. (rw)