Wahrnehmung und Realität klaffen auseinander

Die unbesiegte Angst vor der Server-Knappheit

Peter Marwan lotet kontinuierlich aus, welche Chancen neue Technologien in den Bereichen IT-Security, Cloud, Netzwerk und Rechenzentren dem ITK-Channel bieten. Themen rund um Einhaltung von Richtlinien und Gesetzen bei der Nutzung der neuen Angebote durch Reseller oder Kunden greift er ebenfalls gerne auf. Da durch die Entwicklung der vergangenen Jahre lukrative Nischen für europäische Anbieter entstanden sind, die im IT-Channel noch wenig bekannt sind, gilt ihnen ein besonderes Augenmerk.
Viele Unternehmen richten ihre Kaufentscheidungen bei Server-Hardware und ihre Cloud-Strategie auch nach der Pandemie noch an den in dieser Zeit gemachten Erfahrungen mit Lieferschwierigkeiten aus. Die Hersteller haben die allerdings längst überwunden.
„Bei uns gibt es schon länger keine nennenswerten Lieferprobleme mehr", sagt Gerry Steinberger, Leiter Partner-Ökosystem Deutschland bei Hewlett Packard Enterprise.
„Bei uns gibt es schon länger keine nennenswerten Lieferprobleme mehr", sagt Gerry Steinberger, Leiter Partner-Ökosystem Deutschland bei Hewlett Packard Enterprise.
Foto: HPE

In einer repräsentativen Befragung hat der Bitkom kürzlich die Cloud-Pläne deutscher Firmen abgefragt. Ein Aspekt dabei war auch, welche Ziele sie damit verfolgen. Wenig überraschend standen Kostenreduzierungen (62 Prozent), Erhöhung der IT-Sicherheit (57 Prozent), der Aufbau von Plattformen zur Kooperation mit Dritten (50 Prozent) sowie die Entwicklung innovativer Produkte und Dienste (49 Prozent) im Vordergrund.

Aufhorchen lässt jedoch, dass 44 Prozent in der Cloud einen Ausweg aus der Hardware-Knappheit für den Betrieb eigener Server sehen. Eigentlich dachte man, die Verknappung von Bauteilen und Hardware in der Pandemie sei inzwischen überwunden. Sind Kunden diesbezüglich einfach traumatisiert? Oder bremsen echte Lieferschwierigkeiten ihre Projekte?

Lieferschwierigkeiten sind Vergangenheit

"Bei uns gibt es schon länger keine nennenswerten Lieferprobleme mehr", betont Gerry Steinberger, Leiter Partner-Ökosystem Deutschland bei Hewlett Packard Enterprise, auf Anfrage von ChannelPartner. Seit einiger Zeit sichert HPE zusammen mit der Distribution für eine Reihe von Servern sogar eine Lieferzeit von wenigen Tagen zu.

 "Wir liefern 96 Prozent unserer Bestellungen bei Server-Hardware innerhalb von zehn Tagen an Kunden und Partner aus", kommentiert Dieter Stehle, General Manager der Lenovo Infrastructure Solution Group DACH, die aktuelle Verfügbarkeit bei Servern.
"Wir liefern 96 Prozent unserer Bestellungen bei Server-Hardware innerhalb von zehn Tagen an Kunden und Partner aus", kommentiert Dieter Stehle, General Manager der Lenovo Infrastructure Solution Group DACH, die aktuelle Verfügbarkeit bei Servern.
Foto: Lenovo

Auch Dieter Stehle, General Manager der Lenovo Infrastructure Solution Group DACH, berichtet: "Wir liefern 96 Prozent unserer Bestellungen bei Server-Hardware innerhalb von zehn Tagen an Kunden und Partner aus. Damit liegen wir auf oder sogar über dem Branchenstandard für Lieferzeiten bei Server-Hardware."

Aktuell sehe Lenovo "keine signifikanten Engpässe" in der Verfügbarkeit seiner Produkte. "Die wenigen, die es gibt, sind auf die enorme Nachfrage zum Beispiel nach Grafikbeschleunigern am Markt zurückzuführen."

Für KI-orientierten Beschleuniger-Karten räumt auch Fujitsu "kleine, vorübergehende Einschränkungen" bei der Lieferfähigkeit ein. Generell habe man bei der Verfügbarkeit der Server-Systeme in den vergangenen 18 Monaten aber eine "stabil gute Verfügbarkeit aufweisen" können.

Auch deutsche Anbieter sind lieferfähig

Guido von Klitzing, Vertriebsleiter bei Thomas-Krenn, sieht ebenfalls "gewisse Engpässe" bei einigen Komponenten. "Wer seine Hausaufgaben macht, bekommt das aber in der Regel sehr gut in den Griff", sagt von Klitzing.

"Wer seine Hausaufgaben macht, bekommt das aber in der Regel sehr gut in den Griff", ordnet Guido von Klitzing, Vertriebsleiter bei Thomas-Krenn, die aktuellen, kleineren Herausforderungen in der Lieferkette ein.
"Wer seine Hausaufgaben macht, bekommt das aber in der Regel sehr gut in den Griff", ordnet Guido von Klitzing, Vertriebsleiter bei Thomas-Krenn, die aktuellen, kleineren Herausforderungen in der Lieferkette ein.
Foto: Thomas-Krenn

Sein Unternehmen habe die Hausaufgaben schon lange gemacht: "Wir waren während der Pandemie durch unsere sehr gute Logistik und Planung überdurchschnittlich lieferfähig und stehen jetzt entsprechend grundsätzliche noch besser da." Einzelne Anbieter könnten durchaus längere Lieferfristen haben, das würde er "jedoch nicht als strukturelles Problem der ganzen Branche einschätzen."

Auch in Meuselwitz kann man "derzeit keinerlei Lieferengpässe bei Server-Systemen verzeichnen. Unsere Kunden profitieren von der Zuverlässigkeit unseres flexiblen Built-to-Order-Prinzips, welches die Verfügbarkeit der meisten Standard-Server innerhalb kürzester Zeit gewährleistet", sagt Bogdan Kruszewski, Leiter Produktmanagement Server, Storage und Cloud bei Bluechip. "Selbst für umfangreichere KI-Server haben wir die Lieferzeiten signifikant auf nur wenige Wochen reduziert."

Knapp 400 Kilometer nordwestlich, im ostwestfälischen Hüllhorst, bemerkt man dagegen durchaus eine gewisse Verknappung. "Durch die Reduzierung der Produktionskapazitäten gerade bei Produkten wie Arbeitsspeicher, SSD und Festplatten lässt die Verfügbarkeit aktuell zu wünschen übrig, durch die Knappheit sind die Preise zudem empfindlich gestiegen und die Preissteigerungen müssen mittlerweile an die Kundschaft weitergegeben werden", teilt Wortmann auf Anfrage mit. Momentan sehe es speziell bei hochkapazitiven Festplatten auch nicht danach aus, dass die Verfügbarkeit besser wird.

Allerdings sieht sich Wortmann gut gerüstet. "Da wir die Anzeichen einer drohenden Verknappung rechtzeitig wahr- und ernstgenommen haben, sind wir zwar auch betroffen, haben aber die Lagerbestände und Bestellmengen rechtzeitig erhöht und machen das auch weiterhin." Dank Produktionsstandort in Deutschland und der erhöhten Bestände könne man besser auf sich verändernde Bedarfe reagieren und "Kundenwünsche zeitnah erfüllen".

Auf der folgenden Seite schildern Hersteller ihre Erfahrungen mit langanhaltend verunsicherten Server-Kunden und geben Einblicke in ihre Hybrid-Cloud-Konzepte.

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