Friedrich Sobol, Vorstandschef von Electronic Partner (EP), ist ein optimistischer Mensch: "Ich glaube an die Akzeptanz unserer neuen Onlineshop-Lösung bei den Händlern", erklärt der Österreicher - und das, obwohl es die EP-Partner waren, die vor vier Jahren mit ihrem Widerstand die Schließung des "Netshops" der Verbundgruppe herbeiführten. Aber vielleicht spielt Sobol auch die Zeit in die Hände, denn schließlich hat sich der Trend zum kanalüberschreitenden Einkauf in den vergangenen Jahren noch einmal beschleunigt. "Ein Händler, der sein Geschäft auch noch morgen und übermorgen führen will, weiß dass er seine Kunden 24 Stunden am Tag und sieben Tage pro Woche ansprechen muss", fasst der EP-Chef die Stimmung in der Verbundgruppe zusammen. Das neue Shop-Modell habe EP den Aufsichts- und Regionalräten in der Gruppe präsentiert sowie bei vielen lokalen Veranstaltungen vorgestellt. Das Feedback sei dabei durchwegs sehr positiv ausgefallen.
Während Euronics den Start seines Multichannel-Konzepts gerade erst wegen einer ungenügenden Partnerbeteiligung verschieben musste, bleibt Sobol in dieser Hinsicht gelassen. "Die größte Herausforderung ist vielmehr die Komplexität im Hintergrund", erklärt der EP-Chef. So habe man unterschiedlichste Warenwirtschafts- und Fulfillment-Lösungen in das System integriert und gleichzeitig sicherstellen müssen, dass die angeschlossenen Händler nicht stundenlang mit der Wartung ihres Online-Angebots beschäftigt seien. Doch sei die Quadratur des Kreises gelungen und Sobol ist sich sicher: "Wir haben für unsere Mitglieder das bestmögliche System entwickelt."
Wie bei Expert und Euronics ist aber auch das Shop-Konzept von EP eine komplizierte Kompromisslösung, die einerseits die Bedürfnisse der E-Commerce-affinen Kunden befriedigen soll, andererseits die Interessen der EP-Händler berücksichtigen muss. Die Basis für das Shopsystem stellt der in diesem Frühjahr lancierte Online-Warenkatalog der Verbundgruppe dar. Über diesen können sich Kunden schon jetzt das Warenangebot ihres EP-Händlers online ansehen und gewünschte Artikel zur Abholung reservieren. "In die zweite, Mitte Juni eingeführte Systemversion unseres Warenkatalogs haben wir auch die Echtzeit-Anzeige lokaler Verfügbarkeiten integriert und machen das jetzt sukzessive bei allen Händlern zum Standard", erklärt Verbundgruppen-Chef Friedrich Sobol.
Maßgeschneiderter Onlineshop jenseits von Amazon und Zalando
Der nächste Schritt bei der Umsetzung der E-Commerce-Strategie von Electronic Partner wird Anfang 2015 die Einführung einer Click & Collect-Funktion inklusive Online-Bezahlmöglichkeit sein. Zum Ende des dritten Quartals sollen aus dem EP-Warenkatalog dann auch "echte" Internet-Bestellungen mit anschließendem Warenversand möglich sein. "Das Rechtsgeschäft kommt dabei immer zwischen dem Händler und dem Endkunden zustande", stellt Sobol in Abgrenzung zum zentral geführten "Netshop" klar. Habe sich ein Kunde zum Online-Kauf eines Produkts entschlossen, so könne dieser dafür einen EP-Händler in seiner Nähe auswählen. Damit sein Angebot innerhalb der Shop-Lösung angezeigt werde, müsse der lokale Händler zum Verkauf des Produkts autorisiert sein und dieses unterhalb eines von EP definierten Maximalpreises anbieten.
Für das Funktionieren des Shop-Konzepts müssen die EP-Partner zuvor für sämtliche Produkte festlegen, auf welchen Wegen (stationär, Click & Collect oder online) sowie zu welchem Preis sie diese verkaufen wollen. Den Händlern wird dazu im Backend für alle verkaufsautorisierten Produkte ein UVP sowie der als Maximalpreis fungierende EVP angezeigt. Wird vom Händler kein Preis festgelegt, wird automatisch der EVP übernommen. Dieses Prinzip kann in der realen Einkaufswelt zu so manchen kuriosen Ergebnissen führen: so werden die Artikel aus dem EP-Onlineshop bei Preisvergleichern nicht angezeigt. Und wählt ein Online-Kunde für ein zu einem bestimmten EVP angebotenes Produkt den dazupassenden EP-Händler aus, kann es zu der freudigen Überraschung kommen, dass dieser den Artikel sogar zu einem günstigeren Preis verkauft.
Dass der künftige EP-Shop damit deutlich anders funktioniert als Amazon oder Zalando, stört Verbundgruppen-Chef Sobol nicht: "Preisschnäppchen-Jäger waren und sind nicht unsere Zielgruppe. Wir sprechen Kunden an, die bei einem vertrauenswürdigen Händler in ihrer Region ein Produkt kaufen wollen und auch gleich die passende Dienstleistung online buchen möchten." Um das zu gewährleisten, binde EP auch von den Partnern angebotene Dienstleistungen in das Shop-Angebot mit ein, wobei den Kunden am Schluss ein attraktiver Paketpreis angeboten werde.
Mehrumsätze sollen die Partner überzeugen
Die recht anspruchsvolle Shop-Lösung ist gewissermaßen das letzte fehlende Puzzlestück in dem von Sobol zu Anfang des Jahres angekündigten 360-Grad-Marketingkonzept der Verbundgruppe. Wie der volle Veranstaltungskalender der Kooperation zeigt, erfordert die Rundum-Modernisierung des EP-Verkaufskonzepts einige Überzeugungsarbeit: die Händler sollen nicht nur ihre Marketing-Aktivitäten - online und offline - intensivieren, sondern auch in einen neuen, Showroom-artigeren Ladenbau investieren. Ein gutes Beispiel für den langen Atem, den die Zentrale der Verbundgruppe bei der Umsetzung dieser Ziele braucht, ist das Virtual Shelf, das von Friedrich Sobol noch in seiner Zeit als österreichischer Landeschef von EP eingeführte großformatige Display zur virtuellen Warenpräsentation. Im März installierte Electronic Partner in Deutschland die ersten 200 Shelves, sechs Monate später liegt deren Zahl erst bei 260, wie Sobol nun berichtet. "Das entspricht dem, was wir uns vorgestellt haben. Dahinter steht ein hohes Investment und wir unterstützen die Partner beim optimalen Einsatz der Shelves mit dazugehörigen Webinaren und Schulungen." Entscheidend ist für den EP-Chef aber der Nutzen, der aus dem Einsatz der Verkaufs-Displays resultiere: "Wir können klar sehen, dass Händler durch das Virtual Shelf Produkte verkaufen, die sie vorher nicht geführt haben, genauso wie Marken, die zuvor nicht bei ihnen nachgefragt wurden."
Hier liegt wohl auch der zentrale Knackpunkt für das Gelingen von Sobols Mission: mit konkreten Umsatzzahlen nachzuweisen, dass Neuerungen wie das Virtual Shelf, der Online-Warenkatalog oder der kommende Webshop den Partnern handfeste Vorteile liefern. Wie der EP-Chef berichtet, scheint diesbezüglich vorerst alles nach Plan zu laufen: die Umsätze der Verbundgruppe in 2014 liegen bislang über Vorjahr und vor allem die Fachmarkt-Kette Medimax habe durch die gestiegene Nachfrage im TV-Bereich rund um die Fußball-WM deutlich profitieren können. Neben den 2013 übernommenen zehn ehemaligen ProMarkt-Standorten erziele Medimax derzeit auch flächenbereinigt einen Umsatzzuwachs. Neue Impulse soll der Fachmarkt-Kette ein flankierender Onlineshop eröffnen, der hier in gleicher Form und mit dem gleichen Zeitplan wie beim EP-Fachhandel umgesetzt wird.
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