Und was meinen die klassischen Banken?
Bislang halten sich die großen Banken mit öffentlichen Stellungnahmen zurück. Aber es gibt auch Finanzexperten, die jetzt schon Klartext sprechen und den Vorstoß zu einer digitalen Weltwährung massiv kritisieren: "Facebook hat natürlich noch ein anderes Ansinnen", meint Robert Halver von der Baader-Bank. "Wenn man von Milliarden Kunden Daten bekommt, wie sie im Internet unterwegs sind, wofür sie Geld ausgeben, Kredite aufnehmen usw., dann ist die Datenkrake, die wir bis jetzt haben, nur ein kleines Schmusetier."
Was halten Europas Währungshüter von sogenannten Krypto-Währungen?
Schon zum Bitcoin-Hype hatten Notenbanker eine klare Meinung: Eine richtige Währung seien solche Krypto-Token nicht, es fehle die Kontrolle durch eine Zentralbank oder einen Staat, sagte etwa EZB-Präsident Mario Draghi. Indes sei die dahinter stehende Blockchain-Technologie "recht vielversprechend", weil sie etwa erlaube, Rechnungen direkt nach Erhalt automatisch zu begleichen. Etliche Notenbanken experimentieren mit Blockchain - auch die Deutsche Bundesbank.
Und was meint das einflussreiche Financial Stablity Board (FSB)?
Der Finanzstabilitätsrat FSB meint, eine breitere Verwendung neuer Arten von Krypto-Assets für den Massenzahlungsverkehr würde eine genaue Prüfung durch die Behörden erfordern, um sicherzustellen, dass sie hohen Regulierungsstandards unterliegen. "Das FSB und die Normenorganisationen werden die Risiken sehr genau und koordiniert überwachen und bei Bedarf zusätzliche multilaterale Maßnahmen in Betracht ziehen." Mit der FSB-Stellungnahme haben sich wohl die Hoffnungen von Facebook erledigt, Libra werde nur sanft reguliert.
Was unterscheidet Libra von der Kryptowährung Bitcoin?
Bitcoin und Libra unterscheiden sich in mehreren Punkten zentral. Zum einen wird Libra an einen Korb von etablierten Währungen wie US-Dollar, Euro und Yen gekoppelt und durch kurzfristige Staatsanleihen abgesichert. Dadurch werden massive Kursschwankungen wie bei Bitcoin vermieden ("Stable Coin"). Libra benutzt außerdem im engeren Sinne keine Blockchain, sondern ein anderes System der verteilten Kassenbücher ("Distributed Ledger Technology". Damit verbraucht Libra nur einen Bruchteil der Energie, die beim "Schürfen" der Bitcoins aufgewendet werden muss.
Wenn Libra vergleichsweise stabil sein wird, warum kritisiert die Bundesbank das Konzept trotzdem?
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann ist der Ansicht, dass auch weniger schwankungsanfällige Krypto-Währungen für Verbraucher ein Risiko darstellen: "Insbesondere stellt sich die Frage, wie der Wert von Stable Coins garantiert werden kann." Sollten Stable Coins in großem Stil Verwendung finden, könnten sie die Einlagenbildung und das Geschäftsmodell der traditionellen Banken untergraben, warnt Weidmann. Das wiederum könnte deren Zahlungsverkehrsgeschäft und Prozesse an den Finanzmärkten stören.
Kann Libra von Kriminellen missbraucht werden?
Ja, zumindest sieht Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling diese Gefahr: "Zum Beispiel dürfen solche Plattformen nicht ein neuer Marktplatz werden, um Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung zu tätigen", warnte Wuermeling in einem "FAS"-Interview. Nach Einschätzung von Bafin-Präsident Felix Hufeld wären Politik, Aufseher und Notenbanken in verschiedensten Bereichen - von der Währungspolitik bis zur Geldwäsche - gefordert, sollte Libra sich durchsetzen. Ganz grundsätzlich stelle sich die Frage: "Wie kann man die staatliche Kontrollfähigkeit in der digitalen Welt gewährleisten?", sagt Hufeld.
Geht die Bedeutung von Libra über die Finanzwelt hinaus?
Ja, das ist durchaus möglich. So stehen in dem Whitepaper zwei kurze Sätze, die darauf hinweisen, dass die Ambitionen des Projekts noch weiter gehen, als Milliarden von Menschen in das globale Finanzsystem zu bringen. "Ein weiteres Ziel der (Libra-)Assoziation ist die Entwicklung und Förderung eines offenen Identitätsstandards. Wir glauben, dass eine dezentrale und tragbare digitale Identität eine Voraussetzung für finanzielle Integration und Wettbewerb ist." Mit 2,4 Milliarden Nutzern weltweit könnte Facebook dort erfolgreich sein, wo andere bei der Einführung einer weltweit akzeptierten digitalen ID versagt haben. (dpa/sa)