In der IT-Branche im Praxis-Einsatz

Die 4-Tage-Woche als Benefit

Ronald Wiltscheck widmet sich bei ChannelPartner schwerpunktmäßig den Themen Software, KI, Security und IoT. Außerdem treibt er das Event-Geschäft bei IDG voran. Er hat Physik an der Technischen Universität München studiert und am Max-Planck-Institut für Biochemie promoviert. Im Internet ist er bereits seit 1989 unterwegs.
Trotz Fachkräftemangel versucht es auch die IT-Branche mit der 4-Tage-Woche. Die ersten Erfahrungen sind vielversprechend.
 
  • Fallbeispiele: Vorteile überwiegen
  • Netyard: weniger Überstunden
  • Applord: weniger Meetings
Die 4-Tage-Woche kann die Attraktivität eines Unternehmens als Arbeitgeber erhöhen.
Die 4-Tage-Woche kann die Attraktivität eines Unternehmens als Arbeitgeber erhöhen.
Foto: eamesBot - shutterstock.com

Feiertage wie Karfreitag, Oster- oder Pfingstmontag führen zwangsläufig zu 4-Tage-Arbeitswoche, falls man da nicht ohnehhin schon Urlaub hat. Wäre daher eine grundsätzliche Umstellung auf eine 4-Tage-Woche nicht doch machbar? Viele Arbeitgeber versprechen sich damit Effizienzgewinne, ausgeruhtere und motiviertere Mitarbeiter.

Im Handwerk top, aber in der IT-Branche?

Spätestens seit Ausbruch der Covid-Pandemie zu Beginn des Jahre 2020 kam das Arbeitszeitmodell "4-Tage-Woche" in der breiten Öffentlichkeit an. Denn viele "Homeworker" haben sich die zwei Stunden Arbeitsweg pro Tag gespart und dann auf einmal zehn Stunden pro Tag gearbeitet (länger darf man je nicht). Dann hätte man doch sein Wochenpensum schon bis Donnerstag abends geleistet, oder?

Viele Arbeitgeber waren zuerst skeptisch, ob ein derartiges Arbeitszeitmodell zumindest für einige ihrer Angestellten möglich wäre. Im Handwerk kam diese Idee gut an. Viele Handwerker berichten, dass sie mit der 4-Tage-Woche als Arbeitgeber für Auszubildende und Fachkräfte attraktiver geworden sind.

Doch ist eine 4-Tage-Woche auch in der IT-Branche realisierbar? Grundsätzlich ja, wie die folgenden Beispiele zeigen.

Applord Gruppe

Mitte 2023 hat die Applord Gruppe für ihre deutschen Tochtergesellschaften probeweise die 4-Tage-Woche eingeführt. Aufgrund des großen Erfolgs entschied sich das Aachener IT-Unternehmen Mitte 2024 dazu, das Arbeitszeitmodell mit dem Titel "Better Together" dauerhaft umzusetzen.

Michael Schmitz und Helge Lühmann haben die Applord GmbH zu Beginn des Jahres 2001 gegründet. Der ISV und IT-Dienstleister aus Aachen stellt eigene Software her, unter anderem das Dokumenten-Management-System EcoDMS, und agiert auch als Managed Service Provider. Im Zuge der Einführung der 4-Tage-Woche wurde die Anzahl der internen Meetings deutlich heruntergefahren, war vor allem die Entwickler zu schätzen wissen, sie können nun länger an einem Stück in Ruhe arbeiten.

Benedikt Weber, Business Unit Manager bei der Applord GmbH: "Wir konnten keine Produktivitätseinbußen feststellen."
Benedikt Weber, Business Unit Manager bei der Applord GmbH: "Wir konnten keine Produktivitätseinbußen feststellen."
Foto: applord

Benedikt Weber, Business Unit Manager bei der Applord GmbH, zieht ein positives Fazit: "Obwohl sich die wöchentliche Arbeitszeit für unsere Vollzeit-Arbeitnehmer in Deutschland von 40 auf 35 Stunden bei gleichem Gehalt reduziert hat, konnten wir keine Produktivitätseinbußen feststellen. Offensichtlich haben die von uns ergriffenen Maßnahmen die gewünschte Wirkung erzielt."

Welche Maßnahmen waren das bei Applord? Zum einen der konsequente Verzicht auf regelmäßig stattfindende Meetings. Mittlerweile legen Mitarbeiter ihre Themen in einem Collaboration-Tool ab. Wenn es zu diesen Themen keinen Gesprächsbedarf gibt, fällt das dazugehörige - eigentlich regelmäßig stattzufindende - Meeting aus, was zu erheblicher Zeitersparnis führt. Zudem etablierte die Applord Gruppe einen wöchentlichen "Fokus Day, an dem grundsätzlich keine internen Meetings stattfinden und Mitarbeiter ohne störende Unterbrechung sich auf ein Projekt konzentrieren oder "Liegengebliebenes" erledigen können.

Das Unternehme stellte es dabei seinen Beschäftigten frei, ob sie die reduzierte Arbeitszeit auf vier, viereinhalb oder fünf Tage verteilen. Rund 90 Prozent der Beschäftigten entschieden sich für die Option der Viereinhalb-Tage-Woche. Um einen reibungslosen Betrieb sicherzustellen, geben die Mitarbeiter jeweils mit einer Woche Vorlauf an, zu welchen Tagen und Zeiten sie anwesend sind. Der Plan wird mit den Kollegen abgestimmt und für die Zeit der Abwesenheit ein Stellvertreter festgelegt.

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