Initiativbewerbung

Der unterschätzte Weg zum Traumjob

Olaf Kempin ist Mitgründer und Co-Geschäftsführer des Darmstädter Personaldienstleisters univativ. Er beschäftigt sich mit Fragen rund um die Personalwirtschaft und den Arbeitsmarkt.
Wer auf der Suche nach einem neuen Job erfolglos Stellenanzeigen durchforstet, verfolgt womöglich die falsche Strategie. Viele Stellen werden gar nicht ausgeschrieben. Grund genug, sich initiativ zu bewerben.

Die Jobsuche verläuft schleppend, weil einfach keine Ausschreibung so richtig auf Ihr Profil passen will? Möglicherweise suchen Sie am falschen Ort. Laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) wird nur etwa jede zehnte offene Stelle über die Unternehmenshomepage oder eine Online-Jobbörse besetzt.

Ein Großteil – Studien sprechen von bis zu zwei Dritteln – der zu besetzenden Jobs wird gar nicht ausgeschrieben. Am vielversprechendsten sind zwar persönliche Empfehlungen. Doch auch wer keinen Kontakt in sein Wunsch-Unternehmen hat, steht nicht vor verschlossenen Türen. Mit einer guten Initiativbewerbung sind die Chancen, einen Job zu erhalten, gar nicht schlecht. Immerhin jeder zehnte neue Mitarbeiter wird so rekrutiert.

Der Weg zum Traumjob kann über eine Initiativbewerbung führen.
Der Weg zum Traumjob kann über eine Initiativbewerbung führen.
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Es sprechen verschiedene Punkte dafür, von sich aus auf ein Unternehmen zuzugehen. Im Gegensatz zu ausgeschriebenen Stellen wird man als Initiativbewerber nicht auf Scharen von Mitbewerbern treffen. Von diesen muss nur einer besser qualifiziert oder dem einstellenden Manager sympathischer sein, schon gehen die eigenen Chancen gen Null.

Schafft man es hingegen, mit einer Initiativbewerbung einen guten Eindruck zu machen, denkt das Unternehmen womöglich bei nächster Gelegenheit an den Kandidaten, noch bevor es zu einer offiziellen Ausschreibung einer Position kommt. Dafür muss die Bewerbung allerdings überzeugen. Doch auch dafür bietet eine Initiativbewerbung beste Voraussetzungen. Der Kandidat muss sich nicht auf Anforderungen einstellen, die für eine bestimmte Stelle formuliert werden, und hat so mehr Freiheiten, sich selbst im besten Licht darzustellen.

Kompetenzen und Interesse am Unternehmen stehen im Vordergrund

Bevor man sich an eine Initiativbewerbung wagt, sollte man sich klar machen, was man kann und will. Im Mittelpunkt sollte stehen, warum man sich für genau dieses Unternehmen interessiert und was man zu dessen Erfolg beitragen kann.

Auf diese strategischen Fragen hin sollte das Bewerbungsschreiben ausgerichtet sein: In welcher Position im Unternehmen sieht man sich und was möchte man dort erreichen? Welche Fähigkeiten bringt man mit, die einen Mehrwert bieten? Hat man Referenzen, die das belegen?

Mehr noch als bei anderen Bewerbungen ist bei einer Initiativbewerbung Individualität wichtig. Auf Textbausteine sollte man unbedingt verzichten. Ebenso gehört eine langatmige Nacherzählung des eigenen Lebenslaufs nicht in das Anschreiben. Um so konkret wie möglich zu sein, sollte man sich vorher gut über seinen Wunsch-Arbeitgeber informieren. Das hilft auch dabei, die eigenen Erfolgschancen einzuschätzen. Werden gerade Stellen gekürzt, ist es eher ein schlechter Zeitpunkt, um sich vorzustellen.

Hat man genaue Vorstellungen von seinem angestrebten Tätigkeitsfeld, ist aber beim Arbeitgeber flexibel, sind auch Personaldienstleister eine Option. Dort stehen die Chancen gut, mit einer Initiativbewerbung zum Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. Da Personaldienstleister eine Vielzahl von Vakanzen betreuen, bietet sich eine größere Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten.

Aber auch bei anderen Arbeitgebern bringt Eigeninitiative Pluspunkte, wenn sie mit einem klar kommunizierten Interesse am Unternehmen einhergeht. Überzeugen auch noch die fachlichen Qualifikationen, stehen die Chancen nicht schlecht, dass man sich an Sie erinnern wird. Besteht im angestrebten Bereich gerade keine Vakanz, schlagen Unternehmen nicht selten sogar eine alternative Position vor, um einen guten Kandidaten an sich zu binden.

Gründliche Recherche ist Pflicht

Initiativbewerbungen sind vergleichsweise zeitaufwändig. Anstatt Punkt für Punkt einen Anforderungskatalog abzuarbeiten, muss ein Bewerber es schaffen, auch ohne Anlass das Interesse an der eigenen Person zu wecken. Die Bewerbung muss dem Personalentscheider zeigen, was man für das Unternehmen leisten kann und warum man dort dringend gebraucht wird.

Dafür reicht es nicht, auf sich selbst und seine Qualifikationen hinzuweisen. Vielmehr müssen diese auch zum Profil des Wunsch-Arbeitgebers passen. Deshalb sollten Bewerber versuchen, so viele Informationen wie möglich über das Unternehmen zu sammeln und herauszufinden, welche Fähigkeiten dort gerade gebraucht werden.

Nicht nur die Homepage ist eine gute Anlaufstelle. Aktuelle Presseberichte können Aufschluss über die künftige Strategie sowie Geschäftsschwerpunkte geben und einen Anknüpfungspunkt für ein Gespräch bieten. Gerade für Neuigkeiten aus Fachabteilungen sind auch Branchenmedien eine gute Quelle. Im Idealfall kennt man jemanden aus dem Unternehmen, der Tipps geben kann. Social Media, berufliche Netzwerke wie XING, fachspezifische Foren oder auch Arbeitgeberbewertungsportale können nicht nur Informationen liefern, sondern ermöglichen auch den Kontakt zu Mitarbeitern, die Fragen beantworten können.

Hat man eine konkrete Abteilung im Auge, ist es hilfreich zu wissen, wer dort für Neueinstellungen zuständig ist. So kommt das Schreiben mit persönlicher Ansprache beim richtigen Ansprechpartner an. Ein Anruf beim Unternehmen kann ratsam sein, um zu erfragen, ob eine Initiativbewerbung möglich ist und an wen sie gerichtet werden sollte. Gab es vorher schon telefonischen Kontakt, darf man sich ruhig darauf beziehen. Wer seine Hausaufgaben gut macht, findet sicher einen passenden Anknüpfungspunkt für das Anschreiben.

Zeitliche Flexibilität und ein langer Atem erhöhen die Chancen

Trotz der guten Chancen, über eine Initiativbewerbung an eine passende Stelle zu kommen: Häufig bietet sich trotz passender Qualifikationen nicht sofort eine offene Position. Deshalb ist es ratsam, mit der Jobsuche möglichst früh zu beginnen, um zeitliche Flexibilität mitzubringen. Dies sollte man auch dem Wunsch-Arbeitgeber mitteilen. So stellen Bewerber gleich zu Beginn klar, dass man im Falle eines Personalbedarfs wieder auf sie zukommen kann.

Eine Initiativbewerbung kann für das Unternehmen wie ein Puffer funktionieren. Der Personalabteilung wird sich durch die Bewerbung eines Bedarfs bewusst und kann daraufhin eine Stelle schaffen und besetzen, ohne Stellenanzeigen zu schalten, zahlreiche Unterlagen zu sichten und Interviews zu führen. Das spart Zeit und Kosten. Auch wenn Bewerber einen längeren Atem brauchen, ist die Initiativbewerbung eine gute Methode, Unternehmen von sich und seinen Fähigkeiten zu überzeugen und so schließlich zu seinemTraumjob zu gelangen. (haf)

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