Während vor zwei bis drei Jahren noch fast ausschließlich Großunternehmen ihre Räume neu eingerichtet hätten, sei dieser Trend nun auch bei Mittelständlern angekommen, berichtet der Chef des Handelsverbands Bürowirtschaft, Thomas Grothkopp.
Mit einem Umsatzplus um zwölf Prozent auf 2,5 Milliarden Euro waren die Büromöbel im vergangenen Jahr der wachstumsstärkste Bereich in der deutschen Möbelbranche. Hintergrund der deutlich angestiegenen Nachfrage ist nach Ansicht von Experten die derzeit gut laufende Konjunktur, die viele Unternehmen für eine gründliche Entrümpelung ihrer Büros nutzten. Gerät die Wirtschaft ins Stocken, müssen auch die Mitarbeiter in der Regel wieder deutlich länger im Mief von in die Jahre gekommenen Möbeln ausharren.
"Die Ausstattung in vielen Büros stammt oft noch aus den 60er und 70er Jahren", sagt Michael Kastner, Leiter des Wittener Instituts für Arbeitspsychologie und Arbeitsmedizin. Die Neugestaltung der Büros folge dabei jedoch in der Regel einem strengen wirtschaftlichen Kalkül. "Reine Gutherzigkeit" sei da eher nicht im Spiel. "Wenn die Leute sich am Arbeitsplatz wohl fühlen, ist das oft billiger als andere Konzepte", sagt Kastner.
Ziel sei es dabei, alles in den Berufsalltag zu integrieren, was das Leben angenehmer mache. Das könnten etwa Sofaecken oder auch Fußball-Kicker für die Mittagspause sein. "Es gibt sehr viel Nachholbedarf", meint der Experte. Doch diese Erkenntnis setze sich erst langsam durch.
Auf dem Sperrmüll landen derzeit nach Beobachtungen von Grothkopp vor allem riesige Schrankwände für Aktenordner und überdimensionierte Schreibtische. Statt der Möbel-Schwergewichte vergangener Jahre kämen verstärkt kleinere Exemplare zum Einsatz, berichtet er.
Ein erwünschter Nebeneffekt für den Arbeitgeber sei der geringere Platzbedarf, der häufig jedoch auch für Einsparungen bei den teuren Büroflächen genutzt werde, erklärt Kastner. In manchen Büros säßen die Mitarbeiter bereits wie "Hühner auf der Stange", was wieder zusätzlichen Stress erzeuge.
Auf der Suche nach Rückzugsmöglichkeiten könne da vielleicht eine neue Sitzgruppe mit extrahohen Rückenlehnen für die Privatsphäre oder die eigens eingerichtete Getränkebar helfen. "Vieles wird wohnlicher. Es gibt Bereiche, die aussehen wie ein Café oder Wohnzimmer", beschreibt Barbara Schwaibold vom Verband Büro-, Sitz- und Objektmöbel den Trend. Wichtig seien auch arbeitsmedizinische Gesichtspunkte wie höhenverstellbare Tische oder ergonomische Stühle.
Dabei müsse niemand mehr neidisch auf das vermeintlich besser ausgestattete Büro der Kollegen schauen. "Insgesamt werden die Büros demokratischer", hat Schwaibold festgestellt. Auch wenn der Abschied vom Chef-Schreibtisch manchem Vorgesetzten schwer fallen dürfte: "Die meisten Mitarbeiter fühlen sich mit kleineren Schreibtischen nicht wohl." (dpa/rs)