Im Rechtsstreit zwischen dem Software-Hersteller Oracle und der Münchner usedSoft GmbH kommt es in der öffentlichen Diskussion immer wieder zu gravierenden juristischem Fehleinschätzungen. Im folgenden sollen deshalb einige dieser irreführenden Diskussionsbeiträge ins rechte Licht gerückt und eine Reihe zusätzlicher Fakten in die Diskussion eingeführt werden.
Erstens:
Es ist gelegentlich zu lesen, das Landgericht München I habe entschieden, dass die Firma usedSoft keine Nutzungsrechte übertragen könne, da den ursprünglichen Erwerbern nur nicht weiter abtretbare, einfache Nutzungsrechte an der Software eingeräumt würden. Der Erschöpfungsgrundsatz - nach dem sich das Recht eines Herstellers an seinem Produkt erschöpft, sobald er es zum ersten Mal in Handel bringt -, gelte insoweit nicht.
Dies hat das Landgerichts jedoch ganz und gar nicht entschieden. Denn dann würde eine einfache Klausel in den AGBs ausreichen, um über die weitere Verwendung ihrer verkauften (!) Software nach eigenem Gutdünken zu verfügen - und damit den zudem auch für den Weiterverkauf von Software höchstrichterlich bestätigten Erschöpfungsgrundsatz auszuhebeln.
Dies ist jedoch mitnichten die Auffassung des Landgerichts München. Auf das Kleingedruckte in den zugrundeliegenden Lizenzverträgen kommt es nur dann an, wenn der Erschöpfungsgrundsatz keine Anwendung findet. Allerdings lehnte das Landgericht München I im konkreten Fall aufgrund der Art der Verbreitung die Erschöpfungswirkung ab. Denn Oracle stellt seine Software zu rund 85 Prozent nicht als CD, sondern als Internet-Download zur Verfügung. Das Landgericht vertrat die Ansicht, dass im speziellen Fall der Online-Übertragung keine Erschöpfung eintrete, da der Hersteller kein Vervielfältigungsstück in Handel gebracht hat. Eine Ansicht, die unter Urheberrechtsexperten strittig ist und die im weiteren vom Oberlandesgericht zu klären sein wird. Letzteres wird im Sommer über eine Berufung der usedSoft GmbH entscheiden.