Umsatzrückgang

Corona verhagelt Expert die Bilanz



Matthias Hell ist Experte in Sachen E-Commerce und Retail sowie  Buchautor. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge in renommierten Handelsmagazinen und E-Commerce-Blogs. Zuletzt erschien seine Buchveröffentlichung "Local Heroes 2.0 – Neues von den digitalen Vorreitern im Einzelhandel".
Wenige Wochen vor Abschluss der Expert-Geschäftsjahres 2019/2020 begann der Corona-Lockdown. Statt eines moderaten Wachstums musste die Verbundgruppe nun deshalb einen Umsatzrückgang vermelden.
Die Schließung der Expert-Geschäfte im Lockdown verhagelte der Jahresbilanz der Verbundgruppe
Die Schließung der Expert-Geschäfte im Lockdown verhagelte der Jahresbilanz der Verbundgruppe
Foto: Expert

Während Electronic Partner für das zurückliegende Geschäftsjahr einen Umsatzrückgang von 5,1 Prozent vermelden musste und Euronics wegen der Corona-Pandemie seine Geschäftszahlen erst im September 2020 kommunizieren wird, schien Expert auf bestem Wege, sich im fortwährenden Wettbewerb der CE-Verbundgruppen als Gewinner der Stunde präsentieren zu können: Am Rande der Expert Frühjahrstagung wurde Mitte Februar bekannt, dass die Verbundgruppe im Kalenderjahr 2019 den Innenumsatz um 0,4 Prozent steigern konnte und sich weiter auf einem moderaten, aber soliden Wachstumskurs befand.

Dafür, dass Expert bei der Bilanzkonferenz für das Geschäftsjahr 2019/2020 nun doch einen Umsatzrückgang von 2,8 Prozent mitteilen musste, gibt es eine einfache Erklärung: Expert beendete sein Wirtschaftsjahr zum 31. März 2020 - und damit bereits in der Phase der Corona-bedingten Ladenschließungen. "Gerade in der wichtigen Phase zweieinhalb Woche vor Ende unseres Wirtschaftsjahres mussten die Geschäfte schließen", berichtet Expert-Chef Stefan Müller. "Wäre das nicht so gekommen, hätten wir eigentlich ein sehr gutes Jahr hinter uns gehabt."

So kam Expert im Geschäftsjahr 2019/2020 nun auf einen Innenumsatz von 2,077 Milliarden Euro (nach 2,137 Milliarden Euro im Vorjahr). Die weiteren Indikatoren für die Geschäftsentwicklung der Verbundgruppe blieben daneben weitgehend gleich. So verzeichnet Expert unverändert 211 Mitglieder, die 409 Standorte betreiben (2018/2019: 410), davon 277 Fachmärkte (2018/2019: 275). Die gesamte Verkaufsfläche der Verbundgruppe wuchs dadurch geringfügig um 0,6 Prozent auf 448.000 Quadratmeter. Allerdings wird es hier im Oktober einen Spring nach oben geben, wenn drei bisherige Euronics-Händler mit insgesamt fünf Fachmärkten und einer Gesamtverkaufsfläche von rund 8.700 Quadratmetern zu Expert wechseln werden.

Expert-Chef Stefan Müller bei der Bilanzpresskonferenz der Verbundgruppe: "Ich gehe nicht von einem bundesweiten zweiten Lockdown aus."
Expert-Chef Stefan Müller bei der Bilanzpresskonferenz der Verbundgruppe: "Ich gehe nicht von einem bundesweiten zweiten Lockdown aus."
Foto: Expert

Krise sorgt für große Herausforderungen

Anstelle der üblichen Prognose für das laufende Jahr musste Expert-Chef Müller bei der Bilanzpressekonferenz der Verbundgruppe auf die Unwägbarkeiten der aktuellen Situation verweisen: "Die Frage nach einer Prognose für das Geschäftsjahr kann man nicht beantworten. Zwar gehe ich nicht von einem bundesweiten zweiten Lockdown aus. Doch auch wenn sich die Umsätze im Moment sehr gut entwickeln, bleibt das Risiko weiter bestehen. Regionale Lockdowns wären zwar bessern handhabbar, doch bleibt die Unsicherheit bestehen."

Nicht nur für die Umsatzentwicklung an den Standorten spiele die Corona-Entwicklung eine entscheidende Rolle, auch bei Einkauf und Warenverfügbarkeit sei Expert mit großen Herausforderungen konfrontiert. "Zu Anfang des Jahres 2020, als das Corona-Virus vor allem Asien betraf, war die Warenverfügbarkeit das große Thema. Als dann der Lockdown kam und die Geschäfte schließen mussten, bestand mit einem Schlag an vielen Waren kein Interesse mehr." Expert bemühe sich deshalb, beim zentralen Einkauf Augenmaß walten zu lassen, um den Partnern weiterhin eine gute Verfügbarkeit bieten zu können, aber gleichzeitig eine zu große Kapitalbindung zu vermeiden.

Wie groß der vom Corona-Lockdown verursachte Nachfrageeinbruch bei der Verbundgruppe war, zeigte die Expert-Geschäftsführung mit einigen Zahlen. Während der Gesamtmarkt (Offline und Online) in den Monaten Januar bis April 2020 immerhin mit plus 0,5 Prozent stabil blieb, verzeichnete Expert in dem Zeitraum beim Außenumsatz der Händler einen Rückgang um 8,6 Prozent. In einigen Produktbereichen wie Unterhaltungselektronik, IT und Telekommunikation lag das Minus sogar bei 15 bis 20 Prozent.

Immerhin habe Expert durch verstärkte Online-Umsätze einen Teil der stationären Ausfälle kompensieren können: "Während des Lockdown konnten wir unsere Online-Umsätze versechsfachen und auch jetzt, wo das stationäre Geschäft wieder stark ist, verzeichnen wir dreimal so hohe Online-Umsätze wie vor der Krise", berichtet Expert-Vorstand Frank Harder.

Harder, der bei der Verbundgruppe für Vertrieb, Marketing und E-Commerce zuständig ist, ist zuversichtlich, dass das höhere Online-Niveau beibehalten werden könne. "Das Bewusstsein für unser Online-Angebot hat sich bei den Kunden grundsätzlich geändert - und das obwohl wir weiterhin im Internet nicht alleine über den Preis verkaufen." Die Corona-Krise habe so den Nebeneffekt, dass Expert sein Zukunftsziel von acht Prozent Online-Anteil am Gesamtumsatz im Geschäftsjahr 2019/2020 erreicht und sogar übertroffen habe.

Expert-Vorstand Frank Harder: "Während des Lockdown konnten wir unsere Online-Umsätze versechsfachen."
Expert-Vorstand Frank Harder: "Während des Lockdown konnten wir unsere Online-Umsätze versechsfachen."
Foto: Expert

Hoffen auf anhaltendes Nachfragehoch

Seit der Wiedereröffnung verzeichnet Expert - ähnlich wie die anderen stationären Elektronikketten - deutliche Umsatzanstiege. So sei der Außenumsatz im Mai 2020 um 23,2 Prozent gestiegen und habe dazu beigetragen, das konsolidierte Umsatzminus der ersten fünf Monate des Jahres auf 2,7 Prozent zu begrenzen. "Unsere Branche profitiert davon, dass bei der Urlaubsplanung der Menschen weiterhin Unsicherheit besteht. Da wollen sich viele Konsumenten zum Ausgleich etwas gönnen, zum Beispiel ein noch größeres TV-Gerät", erklärt Harder.

Zwar stimme es, dass die Maskenpflicht im Einzelhandel der Konsumlaune nicht förderlich sei, doch betreffe das vor allem das Stöbern in den Geschäften. "Was wir in unseren Umsatzzahlen jetzt sehen, sind dagegen sehr gezielte Käufe, die davon nicht beeinträchtigt werden." Der Expert-Vorstand hofft, dass auch die Mehrwertsteuersenkung - trotz hohem Umstellungsaufwand - dazu beiträgt, die gute Nachfrage weiter anhalten zu lassen. "Das ist ein Mosaikstein mehr, der uns dabei hilft, die schwierige Entwicklung der letzten Monate auszugleichen."

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