Zu Beginn der dritten Welle führte der Gesetzgeber Home-Office-Pflicht für Unternehmen ein. Diese mussten Bürobeschäftigte, deren Anwesenheit im Betrieb nicht aus betrieblichen Gründen zwingend war, von zuhause aus arbeiten lassen. Einher damit ging auch eine Verpflichtung für Beschäftigte, dieser Aufforderung nachzukommen. Diese infektionsschutzrechtliche Sonderregelung läuft nun zum 30. Juni 2021 aus. Was gilt für Beschäftigte und Unternehmen ab dem 1. Juli 2021? Über die rechtliche Lage für Unternehmen und Beschäftigte klärt Michael Fuhlrott auf, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Professor an der Fresenius Hochschule in Hamburg.
Recht auf und Pflicht zum Home-Office waren seit dem 23. April 2021 in Paragraf 28 b Absatz 7 Infektionsschutzgesetz (IFSG) geregelt. Danach galt seitdem: "Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Die Beschäftigten haben dieses Angebot anzunehmen, soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen."
Diese gesetzliche Vorschrift ersetzte eine zuvor geltende ähnliche Regelung in der Corona-Arbeitsschutzverordnung, die Arbeitgeber seit dem 27. Januar 2021 verpflichtete, ihre Bürobeschäftigten auch tatsächlich von zuhause aus arbeiten zu lassen.
"Dieses von vornherein befristete Recht auf Home-Office endet nunmehr mit Ablauf des Juni 2021", so Arbeitsrechtler Michael Fuhlrott. "Da es keinen allgemeinen gesetzlichen Anspruch auf Home-Office gibt, müssen Beschäftigte ab dem 1. Juli 2021 wieder ihre Tätigkeit vor Ort im Betrieb aufnehmen, wenn der Arbeitgeber es möchte", so Fuhlrott. "Widersetzt sich ein Arbeitnehmer einer solchen Aufforderung, weil er sich an seine Tätigkeit von zuhause aus gewöhnt hat, muss er mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zu Abmahnung und Kündigung rechnen", so der Arbeitsrechtler.
Homeoffice-Tätigkeit ab Juli 2021 wieder die Ausnahme
Nur ausnahmsweise dürfe ein Arbeitnehmer weiterhin auf eine Tätigkeit von zuhause aus bestehen. Dies sei etwa dann der Fall, wenn es eine betriebliche Regelung gibt, die den Beschäftigten eine Tätigkeit im Home-Office zugesteht. "Derartige betriebliche Regelungen gibt es in größeren Betrieben zunehmend", weiß der Arbeitsrechtsprofessor. Sicherlich werde die Corona-Pandemie auch insoweit im Arbeitsrecht und der betrieblichen Realität Spuren hinterlassen, zumal viele Unternehmen bemerkt hätten, dass eine Tätigkeit aus dem Home-Office jedenfalls für bestimmte Tätigkeiten oder in einem abgrenzbaren Umfang die Produktivität sogar steigern könne und von den Beschäftigten gewünscht wird. Gleichwohl: "Ein gesetzlicher Anspruch besteht darauf aber nicht", warnt der Arbeitsrechtler mit Blick auf die Konsequenzen bei Weigerung der Arbeitsaufnahme vor Ort.
Kein Anspruch aufgrund betrieblicher Übung
Ein Recht auf eine Tätigkeit zur Arbeit im Home-Office wird sich auch nicht daraus ergeben, dass der Arbeitnehmer die letzten Monate von zuhause aus tätig war, meint Fuhlrott. "Der Arbeitgeber hat durch die Gewährung einer Tätigkeit aus der eigenen Wohnung heraus in den letzten Monaten letztlich nur ein infektionsschutzrechtliches Gebot des Gesetzgebers befolgt", so Fuhlrott.
Tritt nunmehr die gesetzliche Anordnung zum Home-Office außer Kraft, tritt der vormalige Zustand wieder ein, der in den meisten Fällen ein Tätigwerden aus der betrieblichen Arbeitsstätte heraus sein wird. Auf eine sogenannte betriebliche Übung werde sich ein Arbeitnehmer ebenfalls nicht berufen können, meint Fuhlrott, denn: "Voraussetzung einer betrieblichen Übung ist die Gewährung einer Leistung durch den Arbeitgeber. Hieran fehlt es aber, wenn dieser nur ein gesetzliches Gebot befolgt."
Vorsicht könne allerdings geboten sein, wenn Unternehmen ihre Beschäftigten über den Juni hinaus von zuhause aus arbeiten lassen. "In einem solchen Fall erfolgt die Beschäftigung im Home-Office nicht mehr aufgrund gesetzlicher Vorgaben", kommentiert Fuhlrott. Ein Arbeitgeber, der die Beschäftigten weiterhin aus dem Home-Office heraus arbeiten lässt, sollte diesen gegenüber vorsichtshalber klarstellen, dass damit kein dauerhafter Anspruch auf eine Tätigkeit von zuhause aus begründet wird. "Andernfalls könnte ein Arbeitnehmer womöglich geltend machen, dass der Arbeitsvertrag zwischen den Arbeitsvertragsparteien stillschweigend geändert wurde und dem Arbeitnehmer nunmehr ein dauerhaftes Recht auf Home-Office zusteht", so der Arbeitsrechtler weiter.
Fuhlrott empfiehlt Arbeitgebern und Arbeitnehmern bei Fragen zur betrieblichen Umsetzung der dargestellten Maßnahmen Rechtsrat einzuholen, wobei er unter anderem dazu auch auf den VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. verweist.