Gesellschafterstreit, Führungswechsel, Umsatzeinbruch

Bei Media-Saturn stehen wieder alle Zeichen auf Krise



Matthias Hell ist Experte in Sachen E-Commerce und Retail sowie  Buchautor. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge in renommierten Handelsmagazinen und E-Commerce-Blogs. Zuletzt erschien seine Buchveröffentlichung "Local Heroes 2.0 – Neues von den digitalen Vorreitern im Einzelhandel".
Nachdem Media-Saturn in letzter Zeit vorwiegend positive Nachrichten lieferte, stehen bei dem Unternehmen wieder alle Zeichen auf Krise: Zu dem Streit um die Führung des Retailers kommt nun auch ein Umsatzeinbruch. Der Gesellschafter Metro spricht bereits von einer Restrukturierung.
Aufregung wegen Negativtrend: Zwei schlechte Quartale in Folge sorgen in der Zentrale von Media-Saturn in Ingolstadt für Sorgen.
Aufregung wegen Negativtrend: Zwei schlechte Quartale in Folge sorgen in der Zentrale von Media-Saturn in Ingolstadt für Sorgen.
Foto: Media-Saturn

Im ersten Quartal 2014 ging der Umsatz von Media-Saturn in Deutschland um 5,8 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro zurück, flächenbereinigt entspricht dies sogar einem Einbruch um 6,7 Prozent. Auch die Entwicklung des Gesamtkonzerns stellt sich nicht wesentlich besser dar: Mit rund 4,9 Milliarden Euro lag der Umsatz in den Monaten Januar bis März um 4 Prozent (flächenbereinigt: 3,7 Prozent) unter dem Vorjahreswert. Da auch das Weihnachtsgeschäft 2013 nicht zufriedenstellend verlaufen ist, verzeichnet Europas größter Retailer damit bereits das zweite deutlich rückläufige Quartal in Folge.

Nachdem Media-Saturn im Lauf des zurückliegenden Jahres durchgehend mit positiven Zahlen aufwarten konnte, sorgt die Rückkehr zum Negativtrend nun für erkennbare Aufregung: MSH-Minderheitsgesellschafter Erich Kellerhals sucht über seine Homepage nach einem neuen Chef für den Retail-Konzern und der bisherige Media-Saturn-CEO Horst Norberg verkündete kurz vor Bekanntgabe der letzten Geschäftszahlen seinen Rücktritt. Als stellvertretenden Vorsitzenden entsendete der Mehrheitsgesellschafter Metro daraufhin sein Vorstandsmitglied Pieter Haas in die Geschäftsführung von Media-Saturn, wo der Niederländer nicht nur die "strategische Neuausrichtung", sondern auch "die dafür notwendige Restrukturierung" vorantreiben soll.

Auch wenn sich Metro-Chef Olaf Koch bei der Bekanntgabe der aktuellen Halbjahreszahlen um Beschwichtigung bemühte und erklärte, einen Jahresabschluss auf Vorjahresniveau erreichen zu können, herrscht bei Media-Saturn derzeit sichtlich Krisenstimmung. Zwar stiegen die kombinierten Online-Umsätze von Media Markt, Saturn und der Online-Tochter Redcoon im ersten Quartal weiter um 27 Prozent auf 363 Millionen Euro an, doch kann der Konzern damit die Umsatzverluste im stationären Geschäft nicht kompensieren. Dass sich andere Branchenteilnehmer derzeit ähnlich schwer tun und Media-Saturn in den meisten Ländern seine Marktstellung behaupten konnte, kann Europas Retail-Flaggschiff nicht wirklich trösten.

Was steckt hinter der strategischen Neuausrichtung?

Pieter Haas soll im Auftrag der Metro Media-Saturn auf Kurs bringen.
Pieter Haas soll im Auftrag der Metro Media-Saturn auf Kurs bringen.
Foto: Media-Saturn

Vor dem Hintergrund der wieder akut gewordenen Krise kommt der vom scheidenden CEO Horst Norberg in seinem Abschiedsinterview verkündeten "strategischen Neuausrichtung zum Multichannel-Händler" eine zentrale Rolle zu. Doch was steckt hinter dem schwammigen Allgemeinplatz? Zunächst dürfte es um standardmäßige Crosschannel-Maßnahmen gehen, wie sie inzwischen von Beratern jedem Handelsunternehmen empfohlen werden. So erwähnte Metro-Chef Koch an der Bilanzpresskonferenz explizit die Einführung einer Kundenberatung mittels Tablets im MSH-"Multichannel-Pionierland Niederlande" sowie die angekündigte Same-Day-Delivery in München und Berlin.

Ob es sich dabei allerdings um Maßnahmen handelt, die - wie der Metro-Chef erklärte - eine herausragende Differenzierung zum Wettbewerb darstellen werden, ist fraglich. Ebenso unklar ist, ob ausgerechnet Pieter Haas das Zeug dazu hat, Media-Saturn durch ein sich wandelndes Handelsumfeld zu führen. Der Niederländer verbrachte die ersten 15 Jahre seiner Karriere zunächst im Beratungsgeschäft, dann im Umfeld des - auch nicht über die Maße innovativen - Bürowarenhändlers Staples. Bevor Haas als COO in die Media-Saturn-Zentrale in Ingolstadt wechselte, war er Landes-Chef des Retailers in den Niederlanden. Seit April 2013 ist der 50-jährige zudem im Vorstand der Metro zuständig für die Bereiche Media-Saturn, Business Innovation und IT.

Zentral oder dezentral - Media-Saturn vor der Grundsatzentscheidung

Kämpft um sein Lebenswerk: Media-Markt-Gründer Erich Kellerhals
Kämpft um sein Lebenswerk: Media-Markt-Gründer Erich Kellerhals

Einiges spricht dafür, dass Haas als Mann der Metro an der Spitze von Media-Saturn endlich die aus Sicht des Mehrheitsgesellschafters überfällige Zentralisierung des Retail-Konzerns umsetzen soll. Für den Handelsriesen ist die dezentrale Struktur von Media-Saturn, die den Marktgeschäftsführern eine vergleichbar große Mitsprache ermöglicht, schon länger ein Anachronismus. In diesem Zusammenhang lässt auch die aktuelle Aussage von Metro-Chef Olaf Koch aufhorchen, in der neuen Media-Saturn E-Business GmbH sollten "alle Multichannel-Aktivitäten, die bisher in verschiedenen Abteilungen liegen, gebündelt werden, auch die der Stores". Der im vergangenen Jahr etablierte gemeinsame Einkauf von Media Markt und Saturn wurden von Koch in diesem Zusammenhang als vorbildliche Maßnahme zum strikten Kostenmanagement gelobt.

Vor diesem Hintergrund wirkt auch das erneute Störfeuer von Media-Markt-Gründer und Minderheitsgesellschafter Erich Kellerhals verständlicher. Dem 74-jährigen geht es um die Bewahrung der dezentralen Gesellschafterstruktur von Media-Saturn, die dieser als Schlüssel für den Erfolg des Retailers betrachtet. Metro-Chef Koch wolle seine Macht zementieren und höre lieber auf externe Berater als auf die Handelserfahrung im Media-Saturn-Konzern. "Es ist kein Wunder, wenn der CEO, Herr Norberg, nicht mehr weitermachen will, wie auch schon zuvor der CFO, Herr Dr. Hagemann", so Kellerhals auf seiner Homepage. Auch bei Redcoon habe man den Gründer Reiner Heckel aus seinem Amt gedrängt und setzte stattdessen auf eine zentrale Lösung. Aus Sicht des Unternehmensgründers gibt es dazu eine Alternative: Den Rückkauf von Media-Saturn durch die Familie Kellerhals und die Rückkehr zu den bewährten Prinzipien der Unternehmensführung. (mh)

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