Der interne Rahmen
Spätestens bei der Beschäftigung mit den Fähigkeiten und Ressourcen stößt man Zwangsläufig auf Vorgaben, Erwartungen und Rahmenbedingungen aus dem eigenen Unternehmen - Stichwort Governance. Die Service-Strategie muss in eine vorhandene Unternehmensstrategie eingebettet werden. Einfach gesagt:
Was sind die Anforderungen aus dem eigenen Unternehmen an den Service?
Wie können sie erkannt und erfüllt werden?
Welche Mittel stehen dafür zur Verfügung?
Zu diesem Thema gehört es auch, zu definieren, wie der Beitrag zum Erfolg des Unternehmens nachgewiesen werden kann. Welche Vorgaben gibt es zum Risikomanagement und wie können diese nachweislich umgesetzt werden? Welchen Informationsbedarf hat das Unternehmensmanagement und wie wird das Reporting gestaltet?
Abgeleitet aus den Vorgaben des Gesamtunternehmens wird auch der finanzielle Rahmen für die Service-Erbringung festgelegt. In klassischen ITSM-Methoden wie ITIL wird dieses Thema in drei Bereichen betrachtet.
Budgetierung: Umfasst die Planung der verfügbaren Mittel für die Ausgestaltung der Services und bildet die Grundlage für Finanzierungsentscheidungen. Welche Einnahmen und Ausgaben werden geplant und wie werden die vorhandenen Mittel eingesetzt? Welchen Bezug haben die geplanten Ausgaben zu den festgelegten Zielen? Letztlich geht es um den sinnvollen Einsatz der vorhandenen Mittel.
Kostenrechnung: Vollständige Erfassung und Zuordnung der Kosten für die Service-Erbringung und deren Entwicklung. Es wird die Frage beantwortet, wofür und in welcher Art die Kosten anfallen und an welcher Stelle sie entstehen. Außerdem wird die Basis für die Leistungsverrechnung geschaffen.
Leistungsverrechnung: Im Rahmen der Service-Strategie werden die grundlegenden Methoden und Regeln für die Leistungsverrechnung festgelegt (z.B. Preisfindung oder Definition der Verrechnungseinheiten/Chargeable Items). Ein angemessen implementiertes Modell der Leistungsverrechnung ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Nutzendarstellung von IT-Services.
Ob man das bereits im Rahmen der Service-Strategie so detailliert betrachten will hängt von den Erwartungen des Managements und der jeweiligen Unternehmenskultur ab. Der Detaillierungsgrad sollte entsprechend gewählt und dokumentiert werden.
Externe Einflüsse
Natürlich kann sich eine Service-Strategie nicht nur an internen Faktoren orientieren, denn eines ist sicher: Wer Service anbietet, den die Kunden nicht in Anspruch nehmen wollen oder können, wird nicht erfolgreich sein. Es müssen daher für die Strategiedefinition einige weitere Fragen beantwortet werden: Wer sind die Kunden heute und wer sollen sie in Zukunft sein? Welche Services sind in diesem Markt gefragt und welche werden zukünftig gefragt sein? Wer ist unser Wettbewerb?
Markt: Welche aktuellen Trends und üblichen Verhaltensweisen gibt es in den anvisierten Märkten? Gibt es typische und verbreitete Eigenschaften und Anforderungen? Welche gesetzlichen Vorgaben und Regularien gelten? Sind wir vielleicht in der Lage, einen ganz neuen Markt schaffen?
Kunden: Wer sind heutige und zukünftige Kunden? Wie reagieren sie auf veränderte Serviceangebote? Wie gut kennen wir diese Kunden und ihre Erwartungen? Welche Beziehungen bestehen bereits, welche müssen aus- oder aufgebaut werden? Welche Services nutzen Kunden heute und wie beziehen sie diese?
Wettbewerb: Kennen wir den Wettbewerb? Was können wir von ihm lernen? Welche Strategie verfolgt der Wettbewerb? Warum sollten Kunden bei uns kaufen und nicht dort?
Das Serviceportfolio
Sind die internen und externen Einflussfaktoren und Anforderungen identifiziert, wird der Rahmen für das Serviceportfolio festgelegt. Das bedeutet natürlich nicht, bereits hier über jeden einzelnen Service im Angebot zu entscheiden. Das detaillierte Serviceangebot und vor allem dessen kontinuierliche Anpassung an neue und veränderte Bedürfnisse werden - abgeleitet aus der Strategie - im Rahmen der Aktivitäten zur Service-Innovation und zum Service Management betrachtet.
Die Service-Strategie richtet den Blick auf das geplante Serviceportfolio auf übergeordneter Ebene und die Übereinstimmung mit den Bedürfnissen der vorher identifizierten Märkte. Passen die vorhandenen Fähigkeiten und Ressourcen zum geplanten Portfolio? Entspricht das geplante Portfolio den bisher festgelegten Zielen der Service-Strategie?
Bereits bei den Vorgaben für das Serviceportfolio sollten die Grundlagen für die für Service-Innovation gelegt werden. Die Entwicklungszyklen werden immer kürzer und die Erwartungen, dass Service mit diesen Entwicklungen standhält, steigen mit der Geschwindigkeit der digitalen Transformation. Daher sollten strategische Überlegungen in drei Perspektiven angestellt werden.
Wie stellen wir die derzeitigen Services wirtschaftlich und zuverlässig bereit?
Wie entwickeln wir Service weiter oder neu, um zukünftige Bedürfnisse zu erfüllen?
Wie gestalten wir den Übergang zwischen aktuellen und zukünftigen Services?
IT-Sicherheit als Erfolgsfaktor
Die aktuelle Entwicklung rund um das Thema Industrie 4.0 und das Internet der Dinge hat Fragen zur IT- Sicherheit in den Fokus gerückt. Es muss geklärt werden, welche Rolle Informationssicherheit und Datenschutz für die Erbringung der geplanten Services spielen. Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen, wie das 2015 in Kraft getretene Gesetz zur Erhöhung der Sicherheit informationstechnischer Systeme (IT-Sicherheitsgesetz) sind relevant?
Welche Frameworks und Methoden wie zum Beispiel ISO/IEC 27001, können dabei helfen, gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden? Je stärker Abläufe digitalisiert oder neue digitale Geschäftsprozesse etabliert werden, desto größer werden die Risiken für die Geschäftsprozesse. Ebenso rasant steigen die Anforderungen an den konsequenten Schutz der Unternehmens- und Kundendaten. Eine funktionierende IT-Sicherheitsstrategie orientiert sich an den Unternehmensvorgaben und an einer vorhandenen IT-Strategie.
Eine gute Kundenbeziehung als Erfolgsgarant
Die Beziehung zwischen dem Serviceprovider und den Kunden entscheidet oft über Erfolg oder Misserfolg. Die persönlichen Beziehungen zwischen Serviceprovider und Kunden spielen eine mindestens ebenso wichtige Rolle wie die formelle Service-Qualität. Kunden nehmen Service sehr individuell wahr. Diese subjektive Wahrnehmung sollte ein guter Serviceprovider zu jedem Zeitpunkt kennen. So ist er in der Lage den Service, beziehungsweise die Benutzererfahrung, rechtzeitig anpassen zu können.
Im Rahmen der Service-Strategie werden die grundlegenden Regeln für die Pflege der Kundenbeziehung festgelegt. Wie halten wir engen Kontakt zu unseren Kunden? Wie erkennen wir Änderungsbedarf? Wie identifizieren wir Hinweise auf neue Bedürfnisse? In der Zukunft wird es für Serviceprovider noch mehr als heute ein Schlüsselfaktor sein, Service konsequent an den Bedürfnissen der Nutzer auszurichten. Wer in der Lage sein wird, die Perspektive der Service-Nutzer einzunehmen und sie besser zu verstehen als jeder andere, der wird am Markt erfolgreich sein.
Den Weg weisen
Die beste Service-Strategie kann nur dann wirken, wenn sie allen Beteiligten eine klare Richtung aufzeigt. Sie dient unabhängig von Details als Leitplanke besonders dann, wenn Entscheidungen getroffen werden müssen. Je besser diese Richtung bekannt ist, desto sicherer werden die Menschen eigenständige Entscheidungen treffen. Das kann den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ausmachen, wenn Märkte und Bedingungen sich schnell ändern. Die strategische Richtung muss verständlich formuliert und gewissenhaft kommuniziert werden.
Service-Strategie als Wegweiser
Fokussierung Die Strategie ermöglicht nachvollziehbare Entscheidungen auf allen Ebenen und gibt den resultierenden Aktivitäten eine eindeutige Richtung. | Struktur Aus Durcheinander wird Ordnung. Programme, Projekte und das Tagesgeschäft können an den strategischen Zielen ausgerichtet werden. |
Sicherheit Risiken können frühzeitig erkannt werden und Sie wissen schnell, wenn etwas nicht nach Plan läuft. Das wirkt bis in das Kundenerlebnis. | Motivation Ihre Mitarbeiter kennen ihren Handlungsrahmen und übernehmen Verantwortung. Vertrauen und Eigenständigkeit fördern Motivation und Innovationskraft. |
Fazit
Wer in einem sich schnell ändernden Umfeld aus Technologie, Kundenbedürfnissen und Marktentwicklungen in der Lage sein will, gute Entscheidungen zu treffen, sollte sich die Zeit nehmen, eine passende Service-Strategie zu entwickeln. Nur wenn alle Beteiligten die Richtung kennen, werden alle Zahnräder ineinandergreifen. Eine schlüssige und inspirierende Service-Strategie weist diese Richtung und erhöht die Akzeptanz konsequenter Entscheidungen auf allen Ebenen. Das führt wirtschaftlich und zuverlässig zu exzellentem Service, der den Unterschied machen kann.