Von Wolfgang Leierseder
Als SAP-Vorstandssprecher Henning Kagermann in New York die bisher unter dem Namen AS1 firmierende Mittelstandssoftware "SAP Business ByDesign" vorstellte, wussten aufmerksame SAP-Partner: Jetzt müssen sie einen Platz für die neue Volumensoftware zwischen "Business One" – für Unternehmen bis 100 Mitarbeitern – und "Business All-in One" – für Unternehmen bis 2.500 Mitarbeitern – suchen. Denn SAP schätzt, dass die neue Software allein in Deutschland und den USA rund 60.000 Kunden erreichen könnte. Bereits Mitte 2008 soll sie in "großem Volumen" bereitstehen.
Dennoch können sie sich für ihre Überlegungen Zeit nehmen: SAPs aktuelle Planung sieht nämlich vor, die neue Software erst "im Laufe des kommenden Jahres in das "PartnerEdge"-Programm einzubinden".
Zunächst aber will SAP "Business ByDesign" selber beziehungsweise mit ausgewählten Partnern, die bereits die Testphase mitgemacht haben, an kleinere Mittelstandskunden verkaufen. Erst wenn die generelle Verfügbarkeit der "ausschließlich von SAP gehosteten Software", so das Unternehmen, gewährleistet sei, seien die Partner gefragt. Als erste Länder, die Business ByDesign bereits einführen, nannte SAP die USA, Deutschland, Frankreich, England und China. Weitere Länder wie zum Beispiel Australien, Indien, Italien, die Niederlande, Spanien, Kanada und Mexiko sowie Skandinavien und Südafrika sollen im nächsten Jahr dazukommen.
Dass Partner gefragt sind, versicherte wenig überraschend SAP-Vertriebsvorstand Leo Apotheker: Das Stück vom Mittelstandskuchen, das SAP sich abschneiden will, ist ohne lokale Partner nicht zu bekommen.
Klar ist: Neue Aufgaben kommen auf die Partner zu. SAP wird sie mit dem Wunsch konfrontieren, ein "neues Geschäftsmodell" für die Software zu entwickeln. So kündigte Hans-Peter Klaey, SAPs neuer Verantwortlicher für das Mittelstandsgeschäft, zum Procedere an, der Konzern werde langfristig für das On-Demand-Angebot ein Partner-Ökosystem aufbauen. Damit das gelingt, müssten die Partner sich an das neue Modell anpassen und für den neuen Geschäftsbereich neue Organisationen und Business-Modelle aufbauen. "Wir werden unser Ecosystem und den indirekten Channel insofern erweitern, als wir jetzt auch Partner adressieren, die wir zuvor nicht angegangen sind. Allerdings müsse den Partnern klar sein, dass dieses Business-Modell getrieben ist durch Volumen (also Anzahl Kunden)", erklärte SAP gegenüber ChannelPartner schriftlich.
Der Grund dafür: Die Software stellt den Kunden alle beziehungsweise ausgewählte Komponenten der geschäftskritischen Anwendungsbereiche CRM (Customer Relationship Management oder Kundenbeziehungsmanagement), ERP (Enterprise Resource Planning oder "Planung des Einsatzes und der Verwendung der Unternehmensressourcen") und SCM (Supply Chain Management oder Wertschöpfungsketten-Management) zur Verfügung. Diese wird jeden Monat für den Preis von 133 Euro pro Nutzer über das Internet bezogen. Ferner bietet SAP Gruppenpreise für Anwender, die nur selektive Funktionen von SAP Business ByDesign nutzen.
Während SAP die Infrastruktur und die Business-Logik vorhält (hostet), können Kunden sich spezifische Nutzeroberflächen einrichten und verfügten über einen eigenen Datenbereich. So könnten sie die Software anpassen.
Die Partner müssten überlegen, wie sie Kunden die laut Kagermann zügig zu implementierende, leicht anpassbare und einfach zu bedienende Software verkaufen könnten. "SAP Business ByDesign hilft Partnern, ein breiteres Segment im Mittelstandsmarkt zu erreichen. Und zwar bei den Unternehmen, die bisher noch keine Lösung gefunden haben, die all ihre Anforderungen erfüllt (wie zum Beispiel vollständige, integrierte Softwarelösung, on Demand, mit niedrigem TCO)", erklärte SAP gegenüber ChannelPartner.
Immerhin ziele die Software, die laut Unternehmensangaben auf dem künftigen Release der Integrationsplattform "Netweaver" und dem Enterprise Service Repository basiert, das auch die Grundlage für SAPs Enterprise Service-oriented Architecture (E-SOA) bildet, auf ein theoretisches Kundenpotenzial von weltweit rund 600.000 Firmen ab. Weltweit sei dieses SMB-Segment rund elf Milliarden Euro schwer. schätzt SAP.
Laut Planung will SAP dieses Segment schnell erschließen. Man wolle jährlich 10.000 Kunden gewinnen, sodass von 2010 an das neue Mietgeschäft eine Milliarde Euro zusätzlichen Umsatz in die Kassen des Softwerkers spülen soll. SAP seinerseits werde in den nächsten Jahren in das Produkt – Infrastruktur, Vertrieb, Marketing und Partneraufbau –300 bis 400 Millionen Euro investieren. In den vergangenen vier Jahren verbuchte SAP bereits rund 500 Millionen Dollar Entwicklungskosten.
Die Investitionen allein zeigen, wie sehr SAP auf den Erfolg der Mietsoftware setze. Entsprechend äußerten sich Analysten. "Zu sagen, der Erfolg des Produkts sowie der des neuen Geschäftsmodells ist wichtig für SAP, wäre eine Untertreibung", sagte etwa Christian Hestermann vom Beratungshaus Gartner. Bo Lykkegaard, Analyst bei Marktforscher IDC, verwies auf praktische Hürden: Er sei gespannt, wie SAP die länderspezifischen gesetzlichen Vorschriften in die Softwaremodule implementieren könne. Das Zögern des Konkurrenten Microsoft, eine On-Demand-Lösung im CRM-Bereich anzubieten, sei nicht zuletzt darin begründet. Und betrachte man On-Demand-CRM-Anbieter wie Salesforce.com oder den amerikanischen ERP-Anbieter NetSuite, so hätten diese sich, anders als SAP, auf ein Marktsegment beschränkt. Dazu meinte Kagermann, Analysten seien generell SAPs neuem Produkt gegenüber eher kritisch eingestellt. Doch um "weiterzukommen", müsse SAP gewisse Risiken eingehen.
Umgekehrt waren sich die Marktbeobachter einig, dass SAP nun Konkurrenten wie Oracle oder Microsoft zwingt, sich mit ähnlichen Angeboten zu positionieren. SAPs Initiative zu ignorieren wäre ignorant.