Comics-Chef Kaste: "Wir haben erkannt, dass wir etwas tun müssen"

22.08.2002
Ein neuer Systemhaus-Riese ist entstanden. Diesmal allerdings nicht durch eine Übernahme, sondern durch das Zusammengehen "unter Gleichen". Mit einem gemeinschaftlichen Umsatzvolumen von rund 175 Millionen Euro und 17 Filialen schwingt sich die neue Comline AG in die Riege der Top Ten der IT-Dienstleister auf.

Am Rande der diesjährigen Cebit im März treffen sich mehrere Herren zu einem informellen Gespräch. Man lernt sich kennen, trinkt womöglich das ein oder andere Bier miteinander, übt sich im Small Talk, plaudert über das Geschäft. Eine derartige Szenerie ist während der weltgrößten Computermesse tausendfach zu beobachten. Was genau diese Begegnung jedoch interessant macht, ist, dass es eine Initiatorin für das Tête-à-Tête gibt. Und die heißt Deutsche Bank - die gemeinsame Hausbank der beiden Systemhäuser Comics und Comline. Und die Herren, um die es hier geht, sind keine anderen als die Chefs dieser Unternehmen. "Wir hatten bereits bei unseren ersten Treffen erkannt, dass wir sehr gut zusammenpassen würden", erinnert sich Comics-Chef Ralf-Ulrich Kaste. Man blieb in Kontakt, weitere Gespräche auf höchster Ebene folgten, jetzt wurden mittlerweile die harten Fakten abgeklopft. "Jeweils ein hoher Prozentsatz Dienstleistungsgeschäft, wenig Handelsgeschäft, ähnliche Firmenkultur und kaum Überlappungen bei den Kunden. Und dazu noch die regionale Präsenz einmal im Norden und im Süden. Da war eigentlich alles klar," schiebt Kaste nach.

Und so kam es dann auch: Am Mittwochnachmittag vergangener Woche besiegelten die Firmenchefs der Karlsruher Comics Holding GmbH und der Hamburger Comline Computer + Softwarelösungen AG per Unterschrift die Fusion der beiden IT-Dienstleister, Stunden später wurden die Mitarbeiter informiert.

"Es ist kein Geld geflossen"

Stets betonen die beiden Unternehmen, dass das Streben nach überregionaler Präsenz und das sich ergänzende Produktportfolio die wichtigsten Triebfedern des Zusammengehens gewesen sind. Tatsächlich agiert Comics vorwiegend in Süddeutschland und ist im Microsoft- und Intel-basierenden Client/Server-Geschäft tätig, während sich die Hanseaten dem HighendUnix- und Outsourcing-Bereich verschrieben haben. Comics bringt zudem die beiden Tochterunternehmen Systeam Software Schulungs GmbH sowie die auf das SAP- und Navision-Geschäft spezialisierte B.i.Team Gesellschaft für Softwareberatung GmbH in die Ehe mit ein. "Die ergänzenden Geschäfte waren bei den ganzen Überlegungen ausschlaggebend, denn Größe allein kann nicht der entscheidende Faktor sein", so Kaste gegenüber ComputerPartner. "Für Comics ist das bestimmt ein Schritt in die richtige Richtung. Und der war sicherlich auch dringend notwendig", kommentiert ein Mitwerber, der nicht genannt werden will, die Fusion. "Wenn sich das mit Comline nicht ergeben hätte, wir hätten weiter gewartet. Es gab keinen akuten Handlungsbedarf. Ich kann versichern, dass bei dem Merge kein Geld geflossen ist", beugt Kaste etwaigen Spekulationen um eine löchrige Finanzdecke oder gar eine "verdeckte" Übernahme durch die Hamburger vor.

Immerhin verschwindet der Name Comics gänzlich in der Versenkung. "Wir mussten beide Eingeständnisse machen und der Name Comline ist sicherlich verständlicher im Markt zu kommunizieren. Ich habe da kein Problem damit", klärt Kaste auf. Man werde nun in aller Ruhe und "ohne großen Aufsehens" die Fusion über die Bühne bringen. Die Erhöhung der Eigenkapitalquote und das Zusammenlegen der unterschiedlichen ERP-Systeme werden als vorrangiges Ziel genannt.

Platz in den Top Ten gesichert

Trotz aller Bescheidenheit: Das künftig unter dem Namen "Comline AG" firmierende Unternehmen mit 17 Filialen und etwa 480 Mitarbeitern katapultiert sich durch die Fusion in die Top Ten der Systemhäuser. Comline erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2001 95 Millionen Euro, Comics im gleichen Zeitraum 80 Millionen Euro (siehe auch Sonderheft ComputerPartner-Compact 2002).

Auch die künftige Rollenverteilung ist bereits ausgekartet. Im neuen, erweiterten Vorstand finden sich die drei bisherigen Comline-Vorstände Kay Hradilak, Ralf Schäfer und Ivo Karzel sowie die beiden Comics-Gründungsgesellschafter Ralf-Ulrich Kaste und Christian Müller wieder. Hradilak wird das Ressort Finanzen verantworten, Karzel und Müller zeichnen für den Bereich Technik und Services verantwortlich. Die Vertriebsverantwortung im Norden übernimmt Schäfer, Kaste kümmert sich um die Mitte und den Süden. Umzugskartons wird Kaste also keine bestellen müssen: "Ich werde in Karlsruhe bleiben. Im Zeitalter von E-Mail und Telefon, ist das überhaupt kein Problem."

www.comlineag.de

www.comics.de

ComputerPartner-Meinung:

Mit großer Euphorie haben die beiden Unternehmen den Merge vorangetrieben. Es wäre sicherlich sehr schwer für die einzelnen Unternehmen gewesen, sich aus eigener Kraft in die erste Liga der Systemhäuser zu hieven. Die Verantwortlichen glauben, dass bei dieser Fusion das Wort Synergie "einen echten und nachprüfbaren Inhalt hat". Im gleichen Atemzug wird auch gerne von einer Bündelung der Ressourcen und einer Senkung der Kostenstrukturen gesprochen. Soweit die graue Theorie. Es wird sich allerdings noch zeigen müssen, wie gut sich das Miteinander im harten Ehealltag gestaltet, auch wenn man sich bereits monatelang beschnuppert hat. (cm)

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