LANGEN: Nach einem beeindruckenden Ergebnis für das vergangene Geschäftsjahr schwört der PC-Hersteller aus Texas weiter auf sein "direktes Modell", das "den weltweiten Erfolg" des Unternehmens begründet. Auch für den deutschen Markt gilt diese Strategie: Der Anbieter will auch hier am direkten Vertrieb festhalten und zukünftig seine Verkaufszahlen über das Internet noch vergrößern. Marktanalysten stehen dem zukünftigen Wachstum des Unternehmens aber kritisch gegenüber.Die Übernahme von Digital durch Konkurrenten Compaq ist für Deutschland-Geschäftsführer der Dell GmbH, Hans-Jürgen Mammitzsch, kein Thema, das ihm schlaflose Nächte bereitet: "Der Compaq-Deal versetzt uns nicht in Panik. Dell verzeichnet ein Wachstum von 55 Prozent. Damit sind wir der am schnellsten wachsende PC-Hersteller weltweit."
Die Texaner aus Austin wollen vielmehr an ihrer Unternehmensstrategie festhalten, die weiterhin heißen soll: "ja" zum Direktverkauf; "ja" zum Ausbau des Verkaufs via Internet. Der Erfolg - betrachtet man die Zahlen für das vierte Quartal und das gesamte letzte Geschäftsjahr - scheint ihnen recht zu geben (siehe Kasten). Gleichzeitig mit seinen Geschäftsergebnissen kündigte das Unternehmen einen Split der Aktie von 2:1 an. Mammitzsch begründete den Aktiensplit damit, daß Dell an "profitablem Wachstum" interessiert sei.
Marktanalysten prophezeien dem texanischen Anbieter aber, daß es so nicht weitergehen werde. Denn Dell "profitiert bisher vom Angebot der High-end-PCs auf Build-to-order-Basis. Während die Konkurrenz sich aber mittlerweile auf die Unter-1000-Dollar-PCs konzentriert", so ein amerikanischer Branchenkenner. Es sei zwar schwer, den momentanen Erfolg der Texaner zu widerlegen, aber langfristig würden sie Umsatzeinbrüche feststellen, sobald sie nämlich versuchten den Low-end-Markt anzugehen. Für Deutschland sehen die Dell-Zahlen im vierten Quartal zwar immer noch gut aus, aber nicht ganz so rosig wie das weltweite Gesamtergebnis des Unternehmens: Laut Marktforschungs-institut IDC hatte Dell hier "nur" einen Marktanteil nach Stückzahlen von 5,2 Prozent für das letzte Quartal und landete damit auf Platz sechs. Die Konkurrenten Fujitsu (Marktanteil in Deutschland nach Stückzahlen: 11,9 Prozent), SNI (11,4 Prozent), Compaq (10 Prozent), Vobis (9 Prozent) und IBM (6,2 Prozent) belegten in dieser Reihenfolge die vorderen Plätze. Allerdings habe Dell seine Marktposition in Deutschland deutlich verbessert, so Mammitzsch. Im vierten Quartal 1996 mußte sich das Unternehmen noch mit Platz elf zufriedengeben.
Mit den Ergebnissen für den deutschen Markt zeigt sich der Hersteller daher zufrieden: "Unser direktes Modell läuft auch hier. Wir sind mit unserem Wachstum in Deutschland zufrieden. Schließlich müssen wir ja nicht die Nummer eins sein", so Mammitzsch. Dafür sieht sich Dell aber in einem anderen Marktsegment an der Spitze: So machte das Unternehmen eine Million Umsatz pro Woche in Deutschland übers Internet. Der Deutschland-Geschäftsführer schränkt aber ein: "Nur 15 Prozent von der einen Million verkaufen wir hier direkt übers Netz. Viele deutsche Kunden - im Gegensatz zu den Amerikanern - scheuen noch den Einsatz ihrer Kreditkarte im elektronischen Handel." Dem deutschen Mißtrauen zum Trotz will das Unternehmen den PC-Absatz übers Web aber kurzfristig auf 20 Prozent steigern; in drei Jahren wollen die Texaner sogar 50 Prozent ihrer Geschäfte in Deutschland elektronisch abwickeln.
Besonders gut abgeschnitten hat Dell nach eigenen Angaben im deutschen Marktsegment "Großkunden": Hier belief sich der Marktanteil auf 19,6 Prozent, und damit lag der PC-Anbieter vor seinen Konkurrenten. Ein Wachstum ist hier kaum noch möglich. Wachstumschancen sieht Dell dagegen in den Segmenten SOHO und Mittelstand. Auch diese Bereiche sollen weiter direkt vom Hersteller betreut werden. Den deutschen Mittelstand betreut das texanische Unternehmen mit seiner eigenen Vertriebsabteilung - in diesem Marktsegment ist der Hersteller nach eigenen Angaben mit einem Marktanteil von 8,9 Prozent vertreten. Im SOHO-Bereich - mit einem Marktanteil von 3,7 Prozent, so Dell - soll das konventionelle Vertriebsmodell des Unternehmens greifen: Direktverkauf.
Der indirekten Vertrieb mit VARs rutschte letztes Jahr - laut Mammitzsch - unter zehn Prozent. Den Vermutungen eines deutschen Distributor-Managers, der PC-Hersteller suche in Deutschland Kooperationspartner aus dem Handel, um seine Umsätze hier zu verbessern, wurde damit deutlich widersprochen. Dazu Mammitzsch: "Wir suchen aktiv keine weiteren Handelspartner."
Für das laufende Geschäftsjahr gab Mammitzsch einen positiven Ausblick. Als Gründe für den Optimismus des Unternehmens nannte er den Wechsel zu schnelleren Computerchips - "Intel ist auch in Zukunft unser strategischer Partner" - sowie sinkende Kosten bei den technischen Komponenten. Als Direktvertreiber sei Dell in der Lage, diese Vorteile schneller in die Vermarktung seiner neuen Produkte zu integrieren. (ch)