Das Paket an sich ist ja nicht unbedingt neu - Lotus, damals noch eigenständig, brachte "Symphony" erstmals 1983 zum Preis von seinerzeit 595 Dollar auf den Markt. 1995 wurde die Softwareschmiede von IBM übernommen, seither sind ihre Office-Anwendungen in der Bedeutungslosigkeit verschwunden.
Das neue, kostenlose Symphony-Paket, zunächst noch Beta und nur englischsprachig, hat denn auch nichts mehr mit altem Lotus-Code zu tun. Es basiert vielmehr auf OpenOffice.org (bei dem IBM seit letzter Woche mit von der Partie ist). Allerdings nicht etwa der aktuellen Version (seit heute 2.3), sondern einem Jahre alten Fork der 1.x-Codebasis. Die Systemanforderungen von Symphony sind jedenfalls deutlich happiger als die jedes Open Office, weswegen unter anderem sich der Kollege und Lotus-Experte Volker Weber fragt, warum man denn nun Symphony verwenden sollte statt OOo.
Ein Argument könnte professioneller Support durch die IBM sein (den man allerdings auch für OpenOffice bekommt, und zwar in Form von "StarOffice" bei Sun). Den soll es laut "Wall Street Journal" geben, Preise sind indes noch nicht bekannt. "Bei Open Source ist immer die Frage, welche Version man ziehen soll und wie lange es dauert, bis aufgetauchte Fehler behoben sind", kommentiert Melissa Webster, Analystin bei der IDC. "IBM wischt diese Bedenken auf einen Schlag vom Tisch."
IBM wird das Paket jedenfalls nutzen, um - wie schon in der Vergangenheit, siehe Linux - Microsoft mit kostenloser Software zu attackieren, das bereits ISO-standardisierte Dokumentenformat ODF zu pushen und last, but not least seine Messaging- und Groupware-Plattform Notes/Domino zu propagieren. Wer die neueste Version 8 der Collaboration-Software kauft, bekommt Symphony gleich mit dazu.
Steve Mills, Softwarechef der IBM, räumt unumwunden ein, dass "etwas, das wir verschenken, kein Moneymaker sein wird". Wenn aber IT-Verantwortliche in Unternehmen einige Mitarbeiter mit Symphony ausstatteten, werde dadurch möglicherweise Budget frei, um andere Software von IBM zu kaufen.
Mills weiß natürlich auch, dass selbst im eigenen Hause genügend Mitarbeiter und Abteilungen auch weiterhin neue Versionen von Microsoft Office anschaffen werden, weil "Microsoft Office eine Menge Features liefert, und OpenOffice diese nicht alle beherrscht". Es gebe aber auch genügend Leute, die nicht den ganzen Tag schicke Dokumente und Präsentationen für Kunden bastelten und denen die Desktop-Produkte innerhalb von Notes genügten, weil sie die ganzen von Microsoft gelieferten Features gar nicht brauchten. Das gelte etwa für tausende Softwareentwickler im Konzern.
Aus Notes 8 mit seinem integrierten Symphony heraus lassen sich Texte, Rechenblätter und Präsentationen öffnen, ohne eine neue Anwendung starten zu müssen. Genau darin sieht Doug Heintzman, Director of Technical Strategy von IBMs Softwaresparte, den Mehrwert von Collaboration-Software. "Tabellekalkulation, Textverarbeitung und Präsentationen gibt es nun schon lange, und sie sind reichlich statisch", sagt der Big-Blue-Stratege. "Der echte Wert liegt darin, wie Menschen zusammenarbeiten." (tc)