Amazon war in den vergangenen Monaten oft in den Schlagzeilen – vor allem wegen der Behandlung von eigenen Mitarbeitern, Dienstleistern, der Gründung von Betriebsräten und den Streiks der Angestellten. Grund genug, einen Blick hinter die Kulissen eines rasant gewachsenen Handelsriesen zu werfen.
Wie fing Amazon an?
Jeff Bezos gründete amazon.com im Jahr 1995. Den deutschen Ableger amazon.de gibt es seit 1998. Groß wurde das Unternehmen mit dem Versand von Büchern, Videos und Musik-CDs. Seit dem Jahr 2000 können auch fremde Händler ihre Produkte bei Amazon anbieten. Mittlerweile macht der Konzern mit Sitz in Seattle zwei Drittel seines Umsatzes mit Waren wie Computern, Digitalkameras, Mode oder Lebensmitteln. Amazon ist auch einer der Vorreiter bei elektronischen Büchern sowie Musik- und Video-Downloads. Zweites großes Standbein neben dem Handel sind die Webservices mit dem Cloud Computing.
Wie konnte Amazon zu einer solchen Macht im Handel aufsteigen?
Amazon fährt eine riskante Wachstumsstrategie: Der Konzern lockt die Kunden mit günstigen Preisen sowie einer schnellen und vielfach kostenlosen Lieferung. So konnte Amazon im vergangenen Jahr seinen Umsatz um 27 Prozent auf 61,1 Milliarden Dollar steigern (45,7 Milliarden Euro). Amazon stampft regelmäßig neue Versandzentren aus dem Boden, um dem Ansturm Herr zu werden. Dieser Wachstumskurs hat jedoch eine Kehrseite: Die Gewinnmargen sind eher dünn. Im vergangenen Jahr machte Amazon sogar einen Verlust von 39 Millionen Dollar.
Wie wichtig ist der deutsche Markt für Amazon?
Es ist der größte Auslandsmarkt. Im vergangenen Jahr setzte Amazon hierzulande 8,7 Milliarden Dollar um, umgerechnet sind das derzeit etwa 6,4 Milliarden Euro. Damit lag Deutschland noch vor Japan mit 7,8 Milliarden Dollar und Großbritannien mit 6,5 Milliarden Dollar. Der wichtigste Markt überhaupt ist allerdings Nordamerika mit 34,8 Milliarden Dollar. Amazon wuchs in seiner Heimat zuletzt auch deutlich schneller als im Ausland.
Welche Rolle spielt Amazon für den deutschen Handel?
Gemessen am Einzelhandelsumsatz insgesamt ist die Rolle von Amazon überschaubar. Etwa 1,5 Prozent trägt Amazon zum Branchenumsatz von fast 428 Milliarden Euro bei. Das meiste sind jedoch Lebensmittel. Betrachtet man den Online-Handel von Unterhaltungselektronik bis hin zu Büchern sieht die Sache ganz anders aus: Amazon hält hier fast ein Viertel des Marktes.
Wie ist Amazon in Deutschland aufgestellt?
In Deutschland unterhält das Unternehmen Logistikzentren in Graben bei Augsburg, Bad Hersfeld, Leipzig, Rheinberg, Werne, Pforzheim und Koblenz. Dort arbeiten nach Auskunft von Amazon etwa 7.700 fest angestellte Vollzeitmitarbeiter, die zuletzt regelmäßig gestreikt haben. In Spitzenzeiten wie dem Weihnachtsgeschäft kommen in jedem dieser Zentren Tausende Saisonkräfte hinzu. Weltweit arbeiteten zum Jahreswechsel 88.400 Festangestellte im Unternehmen.
Hat die Empörungswelle gegen Amazon im Winter 2013 dem Unternehmen schaden?
Amazon selbst äußerte sich auf Nachfrage bisher nicht dazu, ob seit der Ausstrahlung der ARD-Doku weniger bestellt wurde. Doch ein Vergleich legt nahe: Zu große Sorgen muss sich Amazon wohl nicht machen. Auch über den deutschen Rivalen Zalando tobte bereits ein – wenn auch kleinerer – Sturm der Aufregung nach Berichten über schlechte Arbeitsbedingungen. Am rasanten Umsatzwachstum änderte das nichts. Von 2011 auf 2012 verdoppelte Zalando seine Erlöse von 510 Millionen auf 1,15 Milliarden Euro.
Welche Folgen könnte es für Amazon noch geben?
Das ist schwer abzuschätzen. Die Empörung hat auch die Politik erreicht und es ist Wahlkampf. Die Vorwürfe wegen der schlechten Behandlung von Leih- und Zeitarbeitern richten sich aber primär gegen die Leiharbeitsfirmen. Denen droht das Bundesarbeitsministerium inzwischen mit einer Sonderprüfung, die Firmen selbst äußern sich nicht. Die Bezahlung bei Amazon entspricht aber wohl den gültigen Standards. Mit einem Bruttostundenlohn von mindestens 9,30 Euro zahlt Amazon mehr als den gesetzlichen Mindestlohn für Zeitarbeiter, der derzeit im Westen bei 8,19 Euro und im Osten bei 7,50 Euro liegt.
Hat Amazon auch in anderen Ländern schon Ärger gehabt?
Ja, in Großbritannien gab es im vergangenen Jahr eine Debatte darüber, wie sich Amazon und andere US-Konzerne mit legalen Tricks vor dem Steuerzahlen drückten. Ein Amazon-Vertreter musste vor einem Ausschuss des Parlaments erscheinen und wurde dort von den Parlamentariern vor laufenden Kameras in die Mangel genommen. In den USA hatten sich Mitarbeiter darüber beschwert, dass sie im heißen Sommer in unklimatisierten Lagerhallen schufften mussten. Nach US-Medienberichten erlitten mehrere Beschäftigte Schwächeanfälle. Amazon reagierte und rüstete Klimaanlagen nach. (dpa/tö)
- "Amazon spielt für den Endverbraucher zuverlässig das Christkind – nur nicht für die Beschäftigten", sagt Ver.di-Funktionär Thomas Gürlebeck.
- Auch die Katholische Arbeitnehmer Bewegung kritisiert...
- ... in einem offenen Brief die Amazon-Arbeitsbedingungen.
- Die Amazon-Logistikzentren wie hier in Leipzig...
- ... arbeiten vor Weihnachten auf Hochtouren.
- Nur so landen die Geschenke rechtzeitig unter dem Weihnachtsbaum.
- So benötigt Amazon in der Vorweihnachtszeit jede Menge...
- .... saisonale Kräfte.
- In Graben bei Augsburg werden dazu zu den rund 1.000 Stammkräften zusätzlich 2.000 befristete Mitarbeiter eingestellt.