Kommentar der Experton Group

Personalabbau bei HP löst nicht das Problem

04.06.2012
HP will 27.000 Arbeitsplätze abbauen - das ist die falsche Message und sicher nicht die Lösung der HP-Probleme, meint Andreas Zilch, Vorstand der Experton Group. Wie sich HP damit aktuell im Vergleich zu IBM und Dell aufstellt, analysiert Experton-Vorstandsvorsitzender Jürgen Brettel.
Andreas Zilch, Vorstand der Experton Group
Andreas Zilch, Vorstand der Experton Group
Foto: Experton

HP will 27.000 Arbeitsplätze abbauen - das ist die falsche Message und sicher nicht die Lösung der HP-Probleme, meint Andreas Zilch, Vorstand der Experton Group. Wie sich HP damit aktuell im Vergleich zu IBM und Dell aufstellt, analysiert Experton-Vorstandsvorsitzender Jürgen Brettel.
Von Andreas Zilch (Experton Group)
Hewlett-Packard (HP) angekündigt, in den nächsten drei Jahren 27.000 Stellen weltweit abzubauen. Die Finanzmärkte reagierten positiv mit sechs Prozent nachbörslicher Steigerung des Aktienkurses.
Aktuell wird ein Gewinneinbruch (minus 31 Prozent, "nur" noch 1,6 Mrd. US-Dollar) für das zweite Quartal des laufenden Geschäftsjahres und Probleme insbesondere im PC- und neuerdings Drucker-Geschäft als Grund für diese Maßnahmen genannt.

Hiermit wird eine Reihe sehr "unglücklicher" Ankündigungen von HP fortgesetzt, wobei man sich fragt, ob Analysten und Journalisten nicht in der Lage sind, die Kernbotschaften solcher Ankündigungen zu verstehen - oder ob HP nicht in der Lage ist, diese sauber zu kommunizieren.

Die Message, die fälschlicherweise verstanden wird, ist: "HP, die PC- und Drucker-Company, entlässt 27.000 Mitarbeiter, um weiter Kosten zu senken und Gewinne zu steigern". Der zusätzliche Aspekt, dass die Einsparungen teilweise dem F&E-Budget zugutekommen sollen, ist dabei fast untergegangen.

Im Grunde geht es darum, dass HP den Bedarf an einer kompletten Neuorientierung offensichtlich erkannt hat. Obwohl die Geschäftszahlen noch relativ gut sind und ein Abbau von 27.000 Mitarbeitern über drei Jahre im Verhältnis zur Gesamtzahl der Beschäftigten nicht dramatisch ist, existieren vielfältige "Baustellen" und Herausforderungen, die HP dringend angehen muss.

Nachdem Mark Hurd extreme Kostensparmaßnahmen durchgeführt hat (u.a. mit dem Abbau von ca. 50.000 Mitarbeitern innerhalb von fünf Jahren) und die "Ära" von Léo Apotheker mit der misslungenen Software-Strategie als "verlorene Zeit" einzuschätzen ist, müssen jetzt Maßnahmen organisatorischer Art, aber auch eine Straffung und Neuorientierung des Produktportfolios durchgeführt werden.

Fehlende Gesamtstrategie

Zunächst braucht ein IT-Unternehmen der Größenordnung von HP eine klare Strategie und Vision - zur klaren Orientierung von Kunden, Partnern und Mitarbeitern. Wo z.B. IBM für "Smarter Planet" und T-Systems für "Core Beliefs" steht, fehlt bei HP ein ganzheitlicher Ansatz, der das komplette Produkt- und Service-Portfolio von HP umfasst. Dies wird auch in der aktuellen Ankündigung von HP und den Kommentaren deutlich, bei denen HP wiederum primär als PC- und Drucker Company dargestellt wird, was wesentlich zu kurz greift.

Alternativen

Was könnte also die Zukunftsstrategie von HP sein? Ein Ansatz wäre, sich als "IT-Optimierer" im Sinne von IT-Prozessen darzustellen, welche durch HP-Methoden, aber auch Engineering und damit Produkten, unterstützt wird. Dieser Ansatz wäre zwar nicht so "Business-nah", wie sich das andere Anbieter wünschen, aber immerhin eine klare Aussage gegenüber Partnern und Kunden, an der sich HP dann messen lassen kann. Unsere Aufgabe als Analyst ist aber wohl nicht, dem weltweit größten IT-Unternehmen die (Kommunikations-) Strategie vorzuschlagen.

Die kurze Analyse des Portfolios beginnt bei den beiden Produktsegmenten, die auch bei der Ankündigung im Mittelpunkt standen - PCs und Drucker. Zunächst war es wohl die richtige Entscheidung, diese beiden Segmente zusammenzufassen, da es organisatorisch viele Synergieeffekte gibt. Allerdings müssen diese auch tatsächlich realisiert werden, daher sind weitere interne Querelen und "Grabenkämpfe" kontraproduktiv und würden dem HP-Geschäft weiter schaden.

Fehlentscheidungen im PC-Segment

Im PC Bereich hat HP in den vergangenen Jahren massive Fehler gemacht, die jetzt schnellstens korrigiert werden müssen. Der größte Fehler war vielleicht die Aufgabe der Stärken in Engineering und Innovation zugunsten einer Kostenoptimierung.
Es ist in der Branche normal, dass man die Produktion von PCs, Notebooks, Smartphones etc. outsourced, aber ein Outsourcing von Entwicklung und Engineering für diese Bereiche geht deutlich zu weit. Diesen Fehler hat HP mittlerweile korrigiert, jetzt muss sehr schnell der Anschluss an die führenden Wettbewerber gefunden werden.
Dies gilt insbesondere für den Notebook-Bereich, wo HP immer noch zu den führenden Anbietern gehört, wie insbesondere auch für den Tablet- und Smartphone-Bereich. Dieses Feld nach dem Palm-Desaster vollkommen unbearbeitet zu lassen, war und ist extrem fahrlässig, da Unternehmen wie Apple, aber auch Samsung beweisen, dass in diesem Bereich Innovationen gefragt und profitables Wachstum möglich ist.

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