Mit einem rasant wachsenden Cloud-Angebot hält Amazon Web Services (AWS) die Konkurrenz auf Distanz und nimmt Enterprise-Kunden ins Visier.
von Wolfgang Herrmann (Computerwoche-Redakteur)
Seit den Anfängen als Infrastructure as a Service (IaaS), der ursprünglich aus den Storage- und Compute-Leistungen von S3 und EC2 bestand, hat Amazon seine Cloud-Plattform zügig um weitere Features ausgebaut (siehe auch: Amazon - die heimliche Supermacht). Im Vordergrund standen dabei einerseits die Automatisierung und das Management der Basisdienste, beispielsweise durch Services wie CloudFormation, mit denen sich mehrere Komponenten der Infrastruktur in einem einzigen Vorgang automatisiert bereitstellen lassen. Andererseits arbeitete Amazon daran, auf Grundlage von EC2 und S3 ein ganzes Portfolio von Diensten anzubieten, mit denen es die Amazon Web Services (AWS) als Anwendungsplattform positionieren konnte.
Dazu zählen unter anderem Middleware-Funktionen, etwa für Message Queuing oder den Versand von Nachrichten (Simple Notification Service und Simple E-Mail Service). Außerdem bieten die AWS mittlerweile verschiedene Optionen für das Speichern und Auswerten von Daten von der relationalen bis zur NoSQL-Datenbank, ergänzt um einen In-Memory-Cache (ElastiCache) oder Analysefunktionen durch das gehostete Hadoop-Framework (Elastic MapReduce).
Automatisches Deployment und Skalieren von Cloud-Anwendungen
Auch auf der Applikationsebene führte Amazon mehrere Services ein, um ein manuelles Deployment von Anwendungen und ein statisches Bereitstellen von Ressourcen zu vermeiden. Dazu zählt einerseits Auto Scaling, mit dem sich die benötigte Rechenleistung dynamisch anfordern oder freigeben lässt, indem der Dienst stets die erforderliche Anzahl an EC2-Instanzen anfordert.
Hinzu kommt Elastic Beanstalk, ein wesentlicher Baustein für die Positionierung von AWS als Platform as a Service (PaaS). Er automatisiert die Bereitstellung von Anwendungen und reduziert den Vorgang auf den bloßen Upload der Programme. Das System stellt selbständig die benötigten Rechen- und Speicherkapazitäten zur Verfügung, aktiviert Auto Scaling, übernimmt das Load Balancing und das Health Monitoring. Erst kürzlich erweiterte Amazon den Support von Elastic Beanstalk auf PHP, nachdem es anfangs nur Java-Anwendungen unterstützt hatte.
Die Cloud-Dienste von Amazon sind vor allem für die Entwicklung neuer Anwendungen interessant, die praktisch unbegrenzte Skalierbarkeit und globale Verfügbarkeit benötigen. Es handelt sich dabei einerseits um eine neue Generation von Cloud-Anwendungen, beispielsweise um soziale Netzwerke, Online-Spiele, Backup- und Replikationsdienste oder Systeme für das Streaming von Videos. Andererseits wurden die AWS auch von Firmen und Institutionen entdeckt, die Bedarf an High Performance Computing haben, etwa für Finanzanalysen im Bankensektor oder aufwendige Berechnungen in der Pharmaforschung.
Solche neuen Applikationen mit hohen Anforderungen an Rechenleistung, Speicherplatz und Verfügbarkeit sind die treibende Kraft hinter dem rasanten Wachstum der Amazon Web Services. Zum Ende des ersten Quartals 2012 meldete der Anbieter, dass im Speicherdienst S3 rund 905 Milliarden Objekte gespeichert waren und dafür in Spitzenzeiten mehr als 650.000 Anfragen pro Sekunde an die Systeme gestellt werden. Die Zahl der Datenobjekte hatte sich damit im Vergleich zum Jahresende 2010 mehr als verdreifacht.