Virtualisierung der Netzwerk-Interfaces
Zu den in der letzten Zeit eingeführten neuen Funktionen für Virtual Private Clouds zählt die Möglichkeit, dass sich Elastic Network Interfaces (ENIs) auch dort einsetzen lassen. ENIs virtualisieren die Netzwerkschnittstellen, indem sie diese als eigenständige logische Einheiten behandeln, die sich je nach Bedarf einer EC2-Instanz zuordnen lassen. Betroffen sind davon unter anderem die IP- und MAC-Adresse. Einer virtuellen Maschine lassen sich auch mehrere ENIs zuteilen, so dass sie mit mehreren Subnets verbunden ist. Ein weiterer Vorteil dieses Modells besteht darin, dass die virtuellen Interfaces unabhängig von EC2-Instanzen existieren und sich auf eine andere Instanz übertragen lassen, wenn die ursprüngliche beispielsweise abgestürzt ist.
Nutzen Unternehmen die AWS für eine Virtual Private Cloud, dann benötigen sie in der Regel eine sichere und leistungsfähige Verbindung von ihren eigenen zu den Rechenzentren des Anbieters. Sie erfolgt über ein VPN, wobei die dedizierten VPC-Ressourcen eines Kunden nur über diesen Weg erreichbar sind. Auch Anwendungen, die auf das Internet zugreifen sollen, gehen über den VPN-Tunnel und von dort wie intern betriebene Applikationen über die Firewall des Unternehmens. Entsprechend sind auch andere im Unternehmensnetz verfügbare Dienste in der VPC erreichbar, beispielsweise DNS oder ein Active Directory.
Dedizierte Verbindung in die Amazon-Cloud
Lagert ein AWS-Kunde etwa eine Legacy-Anwendung oder eine experimentelle Software in eine VPC aus, dann benötigen die internen Clients möglicherweise eine schnelle und verlässliche Anbindung an die Amazon-Data-Center. Zu diesem Zweck bietet der Provider einen Service namens Direct Connect, bei dem es sich um eine dedizierte Anbindung von Unternehmen an die AWS-Rechenzentren handelt. Amazon verspricht neben technischen auch ökonomische Vorteile, wenn regelmäßig große Datenmengen transferiert werden müssen. Direct Connect ist nicht auf die Anbindung einer VPC beschränkt, sondern kann für die Kommunikation mit beliebigen EC2-Instanzen genutzt werden.
Auch beim Storage Gateway handelt es sich um einen Service, der als Ergänzung der internen Firmen-IT gedacht ist. Er liegt als virtuelle Maschine vor, die im Rechenzentrum der Unternehmen zwischen Applikations-Server und Speichersysteme geschaltet wird. Wenn Anwendungen über das Storage Gateway auf die im Unternehmen installierten Speichersysteme schreiben, dann fängt die Amazon-Software diese Informationen ab und leitet sie auf Amazon S3 um. Der Service eignet sich daher für Backups in der Cloud und könnte der Anfang für ein "Recovery as a Service" sein.
Neuer Marktplatz für Virtual Appliances
Aufgrund der steigenden Bedeutung der AWS nutzen immer mehr Lieferanten von Enterprise-Software die Plattform des Anbieters, um ihre Anwendungen oder Tools in vorkonfigurierten virtuellen Maschinen (AMIs = Amazon Machine Images) anzubieten. Um potenziellen Kunden die Orientierung im wachsenden Angebot zu erleichtern, eröffnete Amazon kürzlich einen Online-Marktplatz. Er listet sowohl Anwendungen, die als AMIs vorliegen, als auch solche, die von den Amazon Web Services gehostet und als SaaS gebucht werden. Der Marketplace dient nicht nur als Recherche-Tool, sondern auch als Self-Service-Portal. Ganz in Cloud-Manier können Anwender dort die gewünschten Produkte über "Pay as you go" buchen, also mittels Kreditkarte bezahlen, sofort ohne vertragliche Bindung einsetzen und verbrauchsabhängig abrechnen.
Fazit
Amazon ist das Schwergewicht im Cloud-Business. Der Anbieter gibt mit seiner Innovationsgeschwindigkeit und seiner aggressiven Preispolitik den Takt für die ganze Branche vor. Neben Unternehmen, die mit neuen und hochskalierbaren Web-Anwendungen eine globale Kundschaft erreichen wollen, bedient Amazon auch Firmen, die Teile ihre internen IT in die Cloud auslagern möchten. Amazon weist die Umsätze der Cloud-Services in seinen Geschäftsberichten nicht gesondert aus, vielmehr werden sie unter der Kategorie "other" subsumiert. Das rasante Wachstum dieses Postens geht zum überwiegenden Teil auf die Einnahmen aus den AWS zurück. Die meisten Marktbeobachter gehen davon aus, dass die Amazon Web Services 2012 erstmals zu einem Milliarden-Dollar-Geschäft werden.
(Computerwoche / rb)