Noch knabbert die Cloud bloß am klassischen Hard- und Software-Business. Doch langfristig wird sich dieses Verkaufsmodell allein nicht mehr rechnen. Reseller und ISVs müssen ihr Geschäftsmodell grundlegend verändern - ein Balance-Akt.
In den nächsten Jahren wird dem Channel eine zentrale Funktion als Know-how-Lieferant, Berater und Integrator rund um Prozessthemen zukommen. Treiber dafür ist das Cloud Computing. Doch was bedeutet das ganz konkret für Systemhäuser, ISVs, Consultants und Reseller?
Vertriebspartner sind gefordert, den Kunden dahingehend zu beraten, wie er seine IT mittels Cloud-Angeboten möglichst flexibel auf künftige Geschäftsentwicklungen vorbereiten kann, zum Beispiel bei einer geplanten Gründung von Niederlassungen oder schlicht zur Verbesserung von Einkauf und Vertriebsprozessen. Und der Reseller muss klären, mit welchen Sourcing-Lösungen sich diese Anforderungen möglichst kostengünstig erfüllen lassen."Geschäfts- und Umsatzchancen werden in Cloud-Projekten vor allem durch Beratung und spezifische Anpassung generiert", ist Martin Berchtenbreiter, General Manager Mittelstand & Partner bei Microsoft Deutschland, überzeugt.
Das ist eine enorme Herausforderung, für die Experton-Analyst Steve Janata derzeit nur wenige Reseller wirklich gerüstet hält: "Viele verfügen weder über ausreichend qualifizierte Mitarbeiter noch über die notwendige Erfahrung aus realisierten Projekten. Das heißt im Umkehrschluss: Cloud Computing hat langfristig das Potenzial, diesen Teil der Wertschöpfungskette in seinen Grundfesten zu erschüttern." Microsoft-Manager Berchtenbreiter macht dagegen Mut: "Viele unserer Partner sind hier bereits auf einem guten Weg."
Rolle und Geschäftsmodell definieren
Hersteller und Distributoren appellieren an die Partner, im ersten Schritt genau zu definieren, welche Rolle(n) sie künftig übernehmen wollen. Sepp Blank, Geschäftsleiter bei Magirus Deutschland, bringt die Kernfragen auf den Punkt: "Will ich Herstellerangebote vermarkten, Kooperationen eingehen oder eigene Services anbieten?"
Basierend auf dieser Entscheidung gilt es, das neue Geschäftsmodell zu entwickeln. "Für Systemhäuser, Reseller, ISVs und Service-Provider eröffnen sich so neue Geschäftschancen - zum Beispiel als Cloud Broker, der aus der Fülle der Sourcing-Optionen die besten auswählt und in die Kunden-Umgebung integriert", führt Klaus Berle, Leiter Cloud Competence Center Deutschland bei HP, aus.
Systemhäuser, die diesen Weg bereits eingeschlagen haben, betonen ebenfalls die Notwendigkeit, mehr Prozess- und Unternehmensberatung zu leisten. Das Systemhaus Janz IT hat diese Herausforderung bereits vor fünf Jahren angenommen und gemeistert. Neben massiven Investitionen in die Ausbildung der Mitarbeiter, in Cloud-fähige Lösungen und in die Anpassung von Prozessen nennt Geschäftsführer Dirk Waltje eine weitere Herausforderung: "die notwendige Balance zwischen dem klassischen Systemhausgeschäft und den Cloud-Themen halten".
- Was alle Rollen eint
Die Hauptaufgabe der Partner wird im Cloud-Geschäft sein, Kunden strategisch zu beraten, die künftigen Prozesse zu definieren und bei der Auswahl passender Cloud-Dienste zu unterstützen. Wo beispielsweise könnten sich für den Anwender Standardapplikationen lohnen? Wo zusätzliche Ressourcen aus der Cloud bezogen werden? Was sollte der Kunde auf keinen Fall auslagern? - Cloud Consultant
System- und Beratungshäuser müssen dazu Cloud-spezifisches Technologie-Know-how aufbauen, Demo-Kapazitäten bereitstellen und gegebenenfalls eigene Betriebsumgebungen aufbauen. - Cloud-ISV (Independent Software Vendor)
Bietet seine Applikationen als Web-basierte Services an (SaaS). Vermarkten lassen sich die Anwendungen auch über B2B-Marktplätze (Appstores), die zunehmend von Herstellern, beispielsweise von IBM, Fujitsu, HP, SAP, aber auch seit kurzem von der Telekom angeboten werden. - Cloud-Dienstleister
Anbieter von Dienstleistungen rund um die Cloud, mit Schwerpunkt auf Orchestrierung und Integrierung von Cloud-Leistungen für und beim Kunden. Hier geht es darum, den Mix aus traditionellen On-Premise-Applikationen (betrifft vor allem ERP-Software) mit Cloud-basierten Services und Applikationen zu verknüpfen und dafür ein einheitliches Management zu schaffen. - Cloud Provider
Anbieter oder Hoster von Platform as a Services (PaaS). PaaS umfasst zusätzlich zur Infrastruktur auch Entwicklungsumgebungen, Vereinbarungen über die Laufzeiten, Monitoring, Skalierung, Service Level Agreements (SLA), Abrechnungssysteme, etc. - Cloud Builder
Partner, die Kunden dabei unterstützen, Rechenzentren und Applikationen so umzurüsten, dass sie Cloud-fähig werden