Die Terrorattacken in den USA warfen auch ihre Schatten auf das elfte europäische IT-Forum von IDC. Die angekündigten Redner aus den USA konnten persönlich nicht in Monaco erscheinen und wurden stattdessen per Videokonferenz zugeschaltet. Das machte sich bei der Anzahl der Teilnehmer bemerkbar. IDC hatte kurz vor Beginn des Forums noch verkündet, das etwa 700 Delegierte kommen wollten, tatsächlich waren es aber nur knapp 500.
Zwei aktuelle Fragen bewegten den Großteil der Teilnehmer: Wie machen sich die Terroranschläge und vor allem die angedrohten Vergeltungsschläge der USA für den bereits schwachen IT-Markt bemerkbar? Und: Welche Auswirkungen hat der Merger von HP und Compaq? (mehr dazu auf Seite 28.)
Was bringt die Zukunft?
Ein Vielzahl hochkarätiger Referenten versuchte den Teilnehmern ein wenig von ihrer Sorge zu nehmen. Egal, ob es sich um den Internet- oder Telekommunikationsmarkt, den Storage- oder Broadbandmarkt oder den Mobilitäts- oder Servermarkt handelte, jeder Redner beschrieb die Zukunftsaussichten seiner Branche in rosaroten Farben und beantwortete die Forums-Frage: "Gibt es ein Licht am Ende des Tunnels?" mit einem deutlichen Ja. (mehr zu den einzelnen Prognosen auf Seite 28.)
Die Delegierten - vor allem aus den Reihen der Großkunden - waren weniger optimistisch. Ein Teilnehmer unkte sogar: "Ja, sicher gibt es ein Licht am Ende des Tunnels. Fragt sich nur, ob es nicht die Scheinwerfer des entgegenkommenden Nachtexpresses sind."
In einem waren sich aber alle Beteiligten - Redner und Zuhörer - einig: Wenn es zu einem Aufschwung - oder zumindest zum Stillstand des Abschwungs - kommt, dann frühestens in der zweiten Hälfte von 2002. Das aktuelle Jahr haben die meisten bereits abgeschrieben. Der Terroranschlag in den USA wirft nach IDC-Meinung die gesamte ITK-Wirtschaft noch deutlicher zurück als zuvor befürchtet. Nun gelte die Parole "Augen zu und durch".
Flucht nach vorn
Pikanterweise sehen die meisten Analysten und Redner ausgerechnet im Internet den Retter in der Not, obwohl doch gerade der tiefe Fall der Internetaktien die gesamte ITK-Branche erst ins Trudeln brachte. So sieht IDC-Chef-Analyst John Gantz vor allem im E-Business-Sektor einen starken Motor für die Branche. Seiner Ansicht nach werden westeuropäische Unternehmen in den kommenden fünf Jahren zweistellige Milliarden-Dollar-Beträge in E-Business, also Websites, Webintegration und besonders in E-CRM, E-SCM und E-Commerce-Services investieren.
Schon im nächsten Jahr sollen auch verstärkte Käufe im "neuen Softwaremarkt" für spürbare Wachstumsimpulse sorgen. Allen voran wird laut Gantz der momentan mit neun Prozent Marktanteil noch kleine Bereich "Emerging Markets", also XML, Content- und Dokumenten-Management sowie Logistik, mit einem Wachstum von 52 Prozent an Bedeutung gewinnen. Standardprodukten, die derzeit mit 55 Prozent Marktanteil überwiegen, prophezeit Gantz nur noch einen kleinen Zuwachs von acht Prozent.
Auch der Kundenwunsch nach mehr Mobilität wird laut Gantz der Branche bis zum Jahr 2005 positive Impulse geben. Nach seiner Rechnung ist Westeuropa der am besten wachsende Markt. So sollen hier bis 2005 fast 60 Prozent aller Kunden mobile Lösungen vorziehen, das sind 129 Millionen neue Mobilkunden. Diese verlangen nach immer neuen und leistungsstärkeren Internet-Eingabegeräte, seien es mobile Computer, computerunabhängige Produkte oder Mobiltelefone.
Dadurch würde auch der Wunsch der Unternehmen nach mehr Serviceleistungen größer. Gantz erwartet, dass sich die Firmenausgaben für mobile E-Business-Services von 2,5 Milliarden Dollar in 2001 auf 14,8 Milliarden Dollar in 2005 nahezu versechsfacht. In den nächsten neun Quartalen werden in der Region Emea die IT-Käufer laut IDC mehr als 850 Milliarden Dollar ausgeben. Doch nur wer jetzt schon agiert und in neue Services und Produkte investiert, wird laut Gantz zu den künftigen Gewinnern gehören.
Diese Meinung unterstützte auch Lester Thurow, wortgewaltiger Professor für Management und Wirtschaft an der Sloan School of Management (MIT). Er zeigte die Parallelen historischer Wirtschaftskrisen zur aktuellen Rezession auf. Seiner Ansicht nach müssen alle Beteiligten auf volles Risiko spielen, das heißt investieren und agieren, ohne Angst vor persönlichem Verlust. Angst lähme, und Stillstand habe noch nie aus der Krise geführt, nur Mut und Einsatzbereitschaft.
www.idc.com
ComputerPartner-Meinung:
Im Stil der uramerikanischen "Go West"-Mentalität versuchten die Redner auf dem IDC-IT-Forum die westeuropäischen Wirtschaftsvertreter auf die kommenden goldenen Jahre in der ITK-Branche einzustimmen. Nur wie manch angeschlagenes Unternehmen das nächs-te Jahr überleben kann, wusste keiner. Im nächsten Jahr werden wohl noch weniger Unternehmen Delegierte zum IT-Forum schicken, weil sie entweder nicht überlebt haben oder zwischenzeitlich geschluckt wurden. Harte Zeiten verlangen harte Maßnahmen. (go)