Entscheidung des Bundesgerichtshofs

"Zeugnisrabatt" als Werbeaktion erlaubt?



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Ein Elektronikfachmarkt hatte Schülern Rabatte für bestimmte Schulnoten versprochen. Ob diese Werbeaktion erlaubt ist, hat der BGH entschieden. Manfred Wagner und Alexander Wolf erläutern das Urteil.

Ein Elektronikfachmarkt bot Schülern eine Kaufpreisermäßigung von 2 Euro für jede Eins im Zeugnis an. Der Rabatt galt für das gesamte Sortiment des Marktes. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hielt diese Werbung für unlauter und verklagte den Markt auf Unterlassung. Das Landgericht Passau und das OLG München verneinten jedoch eine Unzulässigkeit dieser Maßnahme.

Bei der Gestaltung von Werbung achten die Gerichte besonders darauf, an wen sie adressiert ist.
Bei der Gestaltung von Werbung achten die Gerichte besonders darauf, an wen sie adressiert ist.
Foto: mopsgrafik - Fotolia.com

Die Schüler bekommen doch Rabatt - warum ist das denn rechtlich ein Problem?

Die Aktion richtet sich vordringlich an Schüler und damit größtenteils an Minderjährige. Diese genießen nicht nur Schutz durch das allgemeine Zivilrecht, sondern auch durch das Wettbewerbsrecht. Nach Nummer 28 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG ist es unlauter und damit verboten, Kinder in der Werbung unmittelbar dazu aufzufordern, eine Ware zu erwerben oder die Eltern dazu zu veranlassen, diese Ware zu erwerben. Weiterhin darf im Wettbewerbsrecht gemäß § 4 Nr. 2 UWG die Unerfahrenheit von Verbrauchern nicht ausgenutzt und auf diese gemäß § 4 Nr. 1 UWG kein unsachlicher Einfluss genommen werden. All diese Tatbestandsmerkmale sah die Verbraucherzentrale gegeben und erhob Klage.

Wie hat der BGH entschieden?

Die Karlsruher Richter bestätigten die Urteile der Vorinstanzen und lehnten eine Unlauterbarkeit ab. Maßgeblich für diese Rechtsauffassung ist der fehlende sogenannte Produktbezug der Werbung. Ein allgemeiner Kaufappell ("Kinder kommt in den XY-Laden") reicht hierfür nicht aus. Nachdem die Werbeaktion nur generell einen Rabatt auf das gesamte Sortiment und nicht für einzelne Produkte angeboten hatte, war ein solcher Bezug nicht mehr gegeben, weswegen der BGH in konsequenter Anwendung des Gesetzes eine wettbewerbsrechtliche Unzulässigkeit ablehnte.

Fazit

Das Urteil ist insoweit zu begrüßen, als dass sich der BGH eng am Gesetzeswortlaut orientiert hat und hierdurch für die juristische Praxis diesbezüglich Beratungssicherheit besteht.

Bei der Gestaltung von Werbung ist dennoch stets darauf zu achten, an wen diese adressiert ist. Die Kinder müssen nicht einmal explizit genannt werden, um den Anwendungsbereich der oben genannten Vorschriften zu eröffnen. Es reicht z.B. aus, wenn die angesprochene Zielgruppe auch Kinder erfasst. Bei der Konzeption von Werbemaßnahmen sollte daher auch stets die Vereinbarkeit mit dem Wettbewerbsrecht geprüft werden.

Weitere Informationen und Kontakt: Manfred Wagner ist Rechtsanwalt und Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. Alexander Wolf ist Rechtsanwalt. www.mittelstands-anwaelte.de
WAGNER Rechtsanwälte, Großherzog-Friedrich-Str. 40, 66111 Saarbrücken, Tel.: 0681 958282-0, E-Mail: wagner@webvocat.de, Internet: www.webvocat.de

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