"Manager klingt für mich nach Elfenbeinturm und oberstem Verwalter, das funktioniert nicht im digitalen Zeitalter. Ich sehe mich als Collaborator, der sich nicht über das Team stellt, sondern Teil davon ist", so sieht sich Swen Rehders, Geschäftsführer von NTT Data, der die Verantwortung für das IT-Beratungsunternehmen in Deutschland sowie in den Landesgesellschaften Österreich, Rumänien und Dänemark trägt. Das klingt modern, viele Manager sprechen jetzt so. Doch was macht der 54-jährige Wirtschaftsinformatiker anders, der 31 Jahre Berufserfahrung in der IT-Branche mitbringt und zu dessen Biografie IBM, Siemens, EDS und Atos zählen?
Im Juni 2015 heuerte der Hamburger bei NTT Data an und im Laufe des Gesprächs mit der COMPUTERWOCHE wird klar, dass er die Geschicke des Unternehmens verändern, ihm seinen Stempel aufdrücken möchte. Deshalb kümmert sich Rehders nicht nur um den Vertrieb, sondern mischt sich auch in die Personalentwicklung ein, setzt neue Akzente in der Firmenkultur. Eines dieser Ziele ist es, die Mitarbeiter stärker zu binden, sie sollen stolz auf ihr Unternehmen sein, gerne dort arbeiten und seltener an Kündigung denken. Deshalb fängt es regelmäßig die Stimmung ein. "Ich schicke alle drei Monate ein Dutzend Fragen an ausgewählte Mitarbeiter, wie sie das Führungsverhalten ihrer Vorgesetzten und Teamleiter einschätzen. Dieses Feedback fordere ich auch von meinen direkten Mitarbeitern", schiebt Rehders hinterher. Er erwarte keine Gefälligkeitsbeurteilungen, wie er beteuert, sondern auch Kritik, was gut und weniger gut läuft, wo er selbst besser werden kann.
Der Schlüssel des Erfolges liegt bei den Angestellten
Rehders sucht die Nähe zu den Mitarbeitern, will wissen, wie der Laden tickt, denn er weiß, dass der Schlüssel zum Erfolg bei den Angestellten liegt. Erfahrene Berater an die Konkurrenz zu verlieren kostet viel Geld, wie er errechnet hat, und zwar mindestens 40.000 Euro pro Kündigung. Das in der Beratungsbranche gepflegte Karrieremodell "up or out" möchte er bei NTT Data außer Kraft setzen. "Wer bei uns einen guten Job macht, kann das auch weiterhin tun, up or out ist nicht unser Credo", behauptet Rehders. Momentan liegt die Fluktuationsrate nach Angaben des Geschäftsführers bei zwölf Prozent, dadurch entstünden jährlich Kosten von mehr als einer Million Euro. Zukünftig will er diese Quote auf unter zehn Prozent drücken.
In diesem Geschäftsjahr hat NTT Data bereits 280 neue Mitarbeiter eingestellt, weitere 250 sollen noch bis Ende März 2017 hinzukommen. "Wir suchen bewusst Leute, die anders sind, Persönlichkeit haben", behauptet Rehders. Mit einer neuen Kampagne versucht NTT Data auch gute Berater von der Konkurrenz abzuwerben. Gerade weil das Unternehmen weniger bekannt ist, investiert Rehders auch ins Image. "Wir haben mehr Spielräume als andere Beratungen", merkt er dazu an. Auch die etablierten Strukturen im Unternehmen hinterfragt er. "Ich habe das Silodenken abgeschafft. Ein CRM-Berater ist nicht mehr einer bestimmten Industrie zugeordnet, sondern wir bündeln alle Querschnittsfunktionen unter einem Dach. Auf diese Weise ergeben sich auch ganz neue Karriereperspektiven für die Mitarbeiter."
Neuer Elan dank Kick-off-Meeting
Doch reicht das, um erfahrene Berater an sich zu binden und eine neue Kultur zu etablieren? Ein zweitägiges Kick-off-Meeting Anfang des Jahres für alle NTT-Data-Mitarbeiter brachte neuen Elan. "Menschlichkeit ist uns als Wert wichtig", sagt Rehders und fügt hinzu: "Ich bin für die Mitarbeiter ansprechbar." Wenn das Unternehmen zur Happy-Hour lädt, zählt auch Rehders zu den Gästen und stellt sich den Fragen der Mitarbeiter, reagiert auf Kritik. Doch trotz des vermeintlichen Kuschelkurses des neuen Chefs, erwartet er viel von seinen Mitarbeitern: Schnelligkeit, Kreativität und Innovation, nennt Rehders als Ziele. Stolz erzählt er von den 25 Prozent organischem Wachstum in diesem Jahr.
Auch wenn Rehders den Titel Manager ablehnt, ehrgeizig und zielstrebig ist der neue Geschäftsführer von NTT Data allemal. Schlau vermutlich auch, denn mit der Aufbruchstimmung, dem verbesserten Betriebsklima und den Neuerungen in der Organisationsstruktur gelingt es ihm anscheinend, die Mitarbeiter zu motivieren, weniger kündigen. Die Zukunft wird zeigen, ob der Erfolg von ihm und seinem Team von Dauer sein wird. Rehders bringt das Wissen einer erfolgreichen Führungskraft mit - er tritt ehrgeizig statt geizig auf, bringt seinen Mitarbeitern Wertschätzung entgegen und spannt sie aber auch für seine ambitionierten Unternehmensziele ein. Denn das wissen Manager alter und neuer Schule - dass niemand gerne in einer Atmosphäre des Misstrauens und der Angst arbeitet, denn dann bleiben auch die guten Ergebnisse auf der Strecke.