Web-Services: Alle wollen sie, nur kaum einer kennt den Weg

19.09.2002
Web-Services werden von den meisten Unternehmen als Thema mit strategischer Bedeutung erkannt. In der Regel fehlt es aber an klaren Strategien zur Umsetzung. Das ist das Fazit einer Studie von Cap Gemini Ernst & Young.

Web-Services sind Softwarebausteine, die auf verschiedenen Netzwerkrechnern laufen und über das Internet zu einer Anwendung verknüpft werden. Die Anbieter, allen voran Microsoft, IBM und Sun, versprechen riesige Einsparpotenziale. Doch so berühmt sieht es damit laut einer Studie von Marktforscher Forrester nicht aus. 2,5 Millionen Euro müssten europäische Unternehmen schon für die Implementierung aufwenden, das sei mehr als das Zehnfache der 200.000 Euro, mit denen geworben wird. Dennoch folgen laut Cap Gemini Ernst & Young immer mehr Unternehmen dem Trend. Von einem neuen Hype kann aber keine Rede sein. Nur 63 Prozent von 170 Befragten konnten mit dem Begriff Web-Services halbwegs etwas anfangen. Von den verbleibenden 108 Umfrageteilnehmern als Basis der Studie verfolgen lediglich 30 Prozent eine Strategie.

Noch werden Web-Services von den meisten Unternehmen keine sehr große Bedeutung beigemessen. 49 Prozent befinden sich noch in der Pilotphase, 29 Prozent beschäftigen sich konkret mit dem Aufbau einzelner Web-Services. Nur bei drei Prozent sind Web-Services bereits Realität.

32 Prozent glauben jedoch, die neuen Speicherbausteine in zwei Jahren, weitere in spätestens vier Jahren auf breiter Basis zu nutzen. Einer Umfrage von IDC unter 750 Teilnehmern zufolge wollen vier von fünf Unternehmen in den nächsten drei Jahren in bestimmten Projekten Web-Services nutzen. Ein Viertel der Unternehmen habe sogar intern schon den Weg dafür geebnet. Allerdings wüssten 20 Prozent der Befragten noch nicht, für welchen Anbieter sie sich entscheiden sollen.

Als die wichtigsten künftigen Einsatzgebiete für Web-Services nannten 87 Prozent der Unternehmen in der Studie von Cap GeminiErnst & Young Marketing, Vertriebund Customer-Relationship-Management (CRM). Andere wichtige Themen sind eher branchenspezifisch: Im Handel sind es zum Beispiel Aftersales, Service und Ersatzteilvertrieb sowie E-Procurement; in der Industrie Supply-Chain-Management (SCM) und bei Dienstleistern neben CRM besonders Finanzen und Controlling.

Am stärksten sind die Erwartungen hinsichtlich der Geschäfts- und Marktprozesse in Bezug auf eine Erhöhung der verfügbaren Anwendungen, eine leichtere Integration der IT-Systeme und ein Mehr an E-Business-Aktivitäten über das Internet. Weiter auf der Wunschliste sind eine Verbesserung des Dienstleistungsangebots, eine verringerte Time-to-Market und eine gezieltere Kundenansprache.

Eine Hürde, die es nach Ansicht beider Marktforscher noch zu beseitigen gilt, ist das Fehlen eines einheitlichen Standards. 49,1 Prozent der befragten IT-Verantwortlichen gehen davon aus, dass die Standardisierung bei Transaktionen und hinsichtlich Sicherheitsaspekten innerhalb der nächsten zwei bis vier Jahre erfolgen wird. Weitere 25 Prozent rechnen sogar schon früher damit. Sicherheitsbedenken haben 60 Prozent der Befragten. Für 44 Prozent von ihnen ist das Marktmodell noch nicht klar, 34 Prozent halten den Implementierungsaufwand für zu hoch.

www.cgey.com; www.idc.com

www.forrester.com

ComputerPartner-Meinung:

Das modulare Zusammenfügen von Softwarebausteinen über das Internet klingt nach einer feinen Sache. Sollte Forrester aber Recht behalten, können sich die versprochenen niedrigen Kosten für die Implementierung leicht verzehnfachen. Abgesehen davon gibt es für Web-Services noch keine einheitlichen Standards. Marktforscher IDC rät daher zum Wohle der Anwender wie der Anbieter zu einer vorsichtigen Herangehensweise. Denn neuen Hype zu erliegen können sich derzeit beide nicht leisten. (kh)

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