Managed Services = Bezahlen nach Wirkung
Wie aber gelangt man von der klassischen provisions- und zeitorientierten Entlohnung hin zum Modell "Bezahlung nach Wirkung", wenn der Kunde gleichzeitig nur einen Pauschalbetrag für die Leistungen bezahlt?
Semmelroth: Das lässt sich am besten an einem Beispiel erläutern. Nehmen wir an, das Server-Patch-Management für einen Kunden wird manuell erbracht. Dafür wird eine Pauschale von 400 Euro veranschlagt. Der Wert dieser Leistung beträgt also 400 Euro. Der Mitarbeiter bedient sich aber Tools und Hilfsmittel, die es ihm ermöglichen, diesen Service binnen einer Stunde zu erfüllen. Daraus ergibt sich ein sehr schöner Stundenlohn.
Wenn der Mitarbeiter aber verstehen soll, dass die Höhe der Kunden-Pauschale nicht bemessen wird an seiner Arbeitszeit, sondern am Ergebnis für den Kunden - und die ist unterm Strich 400 Euro wert - dann müsste man sich konsequenterweise auch von den klassischen Arbeitszeitmodellen verabschieden und den Mitarbeiter nach Ergebnissen bezahlen und nicht nach Anwesenheit. Erbringt ein Mitarbeiter gute Leistungen, muss man diesem Mitarbeiter auch Vorteile anbieten. Die Gehaltsanpassung ist im Mittelstand natürlich begrenzt - aber es gibt auch die Möglichkeit, den Gegenwert über Vergünstigungen zu leisten, beispielsweise über mehr Freizeit oder anderes.
Dann versteht auch der Mitarbeiter die "Paketierung" Richtung Kunden besser und gleichzeitig auch den Nutzen für sich selbst: "Je ökonomischer ich arbeite und desto schneller ich meine Ergebnisse erreiche, desto schneller kann ich auch eine Gehaltsanpassung fordern."
Um die Standardisierung der Abläufe im Systemhaus zu ermöglichen, muss sich aber doch auch der Kunde auf eine gewisse Standardisierung seiner IT-Umgebung einlassen?
Semmelroth: Die Standardisierung der IT-Umgebung ist heute schon auch bei kleineren Kunden ein ganz großes Thema, weil hier vielfach völlig zusammengewürfelte Systeme im Einsatz sind. Hier müssen wir uns gegenüber dem Kunden auch einmal dahingehend positionieren, dass wir eben bestimmte - standardisierte - Lösungsbausteine von bestimmten Herstellern anbieten, um für sie eine Komplettlösung zu entwickeln.
Die Standardisierung der internen Prozesse erlaubt es uns dann, die Komplettlösungen und den Service auch mit konstanter Qualität zum gleichen Preis zu gewährleisten - und das von jedem Mitarbeiter an jedem Ort. Auf diese Weise lösen wir uns von der Abhängigkeit von einzelnen Personen. Und wenn der Kunde hört, sein Ansprechpartner sei in Urlaub, ist das keine Katastrophe mehr, denn jeder der Kollegen kann sich um dessen Anliegen kümmern. Das funktioniert als Anbieter allerdings nur, wenn ich im Backend die entsprechenden Strukturen schaffe, um das auch wirtschaftlich abbilden zu können.
Wenn Sie aber in dieser Weise sowohl die Lösungsbausteine für den Kunden als auch Prozesse, Kosten und Preise standardisieren - was unterscheidet Sie dann vom Wettbewerb? Wo bleiben dann Ihre USPs? Werden Sie dann nicht austauschbar?
Semmelroth: Hier kommt die Komponente "Mensch" ins Spiel. Der USP verlagert sich von der Diskussion um Preis und Produkt hin zu der Frage: Verstehen mich die Ansprechpartner meines Systemhauses? Kennen sie meine Probleme, mein Geschäft, meine Prozesse, meine Nöte etc.? Zeigt mir der Partner Möglichkeiten auf, wie ich mein Geschäft durch die Nutzung neuer Tools - beispielsweise im Bereich Analytics - erweitern kann?
Wenn der Kunde diese Fragen mit "Ja" beantworten soll, hat das gravierende Auswirkungen auf die Art der Mitarbeiter, die ich beschäftige, auf die Art und Weise, wie sie den Kunden beraten, für die Beziehung zum Kunden und für die Angebote, die wir ihm unterbreiten. Und hier schließt sich der Kreis: Um diese Mitarbeiter zu finden, zu begeistern und weiterzuentwickeln, muss sich die Personalführung und -kultur im Systemhaus wandeln. Deshalb war dieser Aspekt auch ein zentrales Thema meines Vortrags auf dem Systemhauskongress.
Weshalb bedeutet der Trend zu hybriden IT-Strukturen für Systemhäuser nicht nur ein Risiko, sondern auch eine Chance?
Semmelroth: Der Trend, Cloud- und On-Premise-Dienste kombiniert in hybriden Strukturen zu betreiben, bedeutet für mittelständische Systemhäuser eine große Chance, denn Partner könnten zukünftig in einer Welt, die der normale Kunde immer weniger versteht, tatsächlich auch mal Consulting-Leistungen verkaufen.
Wir Dienstleister können uns dann als Lösungsberater beim Kunden positionieren, der aus den verfügbaren Optionen - Angeboten der Hersteller, Cloud oder on premise - den individuell perfekt abgestimmten Mix wählt und dem Kunden damit eine maßgeschneiderte Lösung bietet. Diese erfüllt dann alle Anforderungen, ist möglicherweise aber auch sehr komplex, so dass die Wechselbarrieren für den Kunden größer werden und dieser motiviert wird, enger und länger mit dem Systemhaus zu kooperieren.
Beide Seiten könnten dann Interesse haben, sich die Zusammenarbeit gegebenenfalls per Vertrag auch absichern zu lassen. Darüber hinaus könnten die Dienstleister einen Teil der Lösungsanforderungen auch durch eigene Komponenten und Lösungen bedienen, um dann den Rohertrag des Gesamtkonzepts ohne Nachteile für den Kunden im Hinblick auf die Wertschöpfung für die eigene Firma noch zu optimieren.
- Henning Meyer, Geschäftsführer von Acmeo
"Viele Systemhäuser beziehen aus dem Begriff 'Systemhaus' ihre Identität, wenngleich er noch recht stark mit dem Thema Handelsware verknüpft ist." - Reiner Louis, Sprecher der Geschäftsführung von Computacenter
"Aus meiner Sicht wird es den Begriff Systemhaus auch weiterhin geben, aber für mich wirkt er etwas verstaubt und nicht mehr ganz zeitgemäß." - Benjamin Mund Geschäftsführer Entwicklung von ITscope
"Hat der Begriff 'Systemhaus' jemals richtig gepasst? Denn es ging doch von Anfang an nicht nur um Hardware, sondern auch darum, die passende Software, quasi als Gesamtpaket für den gewerblichen Anwender, zur Verfügung zu stellen." - Daniel Dinter, Geschäftsführer von Netzorange
"Der Begriff 'Systemhaus' ist in unserer Zielgruppe nicht mehr geläufig. Suchbegriffe wie 'IT', 'IT-Dienstleister' und 'IT-Consulting' werden sehr viel häufiger recherchiert als der Begriff 'Systemhaus'." - Nils Kathagen, Geschäftsführer des IT-Systemhaus Ruhrgebiet
"Für uns ist der Begriff 'Systemhaus' nach wie vor das Schlagwort und hat aus unserer Sicht noch lange nicht ausgedient." - Jan Schmidt, Channel Development Manager von Busymouse
"Der Begriff 'Systemhaus' hat aus meiner Sicht noch lange nicht ausgedient, wenngleich sich die Anforderungen an ein Systemhaus in den Bereichen der Lösungs- und Prozessberatung verstärken werden." - Wolfgang Räth, Geschäftsleitung Vertrieb von All for One Steeb
"Manche Innovationen mittelstandsgerecht umzusetzen, erfordert weit mehr, als ein klassisches Systemhaus zu leisten vermag. Ein überaus fragmentierter Markt gerät daher mächtig in Bewegung." - Helge Scherff, Geschäftsführer Deutschland von Wick Hill
"In dem Maße, wie IT-Herausforderungen in Unternehmen komplexer werden, müssen sich Systemhäuser immer mehr vom Handels- hin zum Lösungsgeschäft entwickeln. " - Ralf Schadowski, Geschäftsführender von ADDAG
"Ein notwendiger Umbau des Geschäftsmodells ist leichter gesagt als getan, denn das Team muss im Kopf bereit sein, mitzugehen und von den geliebten Gepflogenheiten loszulassen."