Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Wann der Betriebsrat bei Headsets mitzureden hat

Peter Marwan lotet kontinuierlich aus, welche Chancen neue Technologien in den Bereichen IT-Security, Cloud, Netzwerk und Rechenzentren dem ITK-Channel bieten. Themen rund um Einhaltung von Richtlinien und Gesetzen bei der Nutzung der neuen Angebote durch Reseller oder Kunden greift er ebenfalls gerne auf. Da durch die Entwicklung der vergangenen Jahre lukrative Nischen für europäische Anbieter entstanden sind, die im IT-Channel noch wenig bekannt sind, gilt ihnen ein besonderes Augenmerk.
Wenn Vorgesetzte Gespräche von Beschäftigten mithören können, sind Headsets eine technische Einrichtung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes und die Anschaffung damit mitbestimmungspflichtig – unabhängig davon, ob die Gespräche aufgezeichnet oder gespeichert werden.
Der mögliche Überwachungsdruck reicht einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts zufolge bereits aus, damit Headsets unter die Mitbestimmungspflicht des Betriebsrats fallen.
Der mögliche Überwachungsdruck reicht einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts zufolge bereits aus, damit Headsets unter die Mitbestimmungspflicht des Betriebsrats fallen.
Foto: Bojan Milinkov - shutterstock.com

Headsets können eine technische Einrichtung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG sein. Das trifft zu, wenn Vorgesetzte damit Gespräche von Arbeitnehmern mithören können. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Gespräche aufgezeichnet oder gespeichert werden - der Überwachungsdruck reicht bereits aus, um Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats auszulösen.

Darauf verweist Volker Görzel, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Köln und Leiter des Fachausschusses "Betriebsverfassungsrecht und Mitbestimmung" des VDAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart. Er bezieht sich dabei auf einen Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (Aktenzeichen 1 ABR 16/23).

In dem Verfahren ging es ein Einzelhandelsunternehmen, das in all seinen Filialen einheitlich Headsets einsetzte. Die Beschäftigten kommunizierten darüber in festgelegten Gruppen. Eine feste Zuordnung der Geräte zu bestimmten Personen gab es nicht, die Verteilung erfolgte zufällig. Pflicht zur Nutzung bestand jedoch für Filialleitungen, Supervisor und je eine Person aus den Teams "Kasse", "Umkleide" und "Aufräumen". Andere Arbeitnehmer konnten die Headsets freiwillig verwenden.

Der Betriebsrat einer Filiale argumentierte, der Einsatz dieser Geräte sei mitbestimmungspflichtig, und beantragte ein Verbot der Nutzung, bis ein Mitbestimmungsverfahren abgeschlossen sei. Nachdem er vor dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht erfolglos geblieben war, legte er Beschwerde beim BAG ein.

Das BAG wies die Beschwerde des Betriebsrats zurück, da nicht der örtliche Betriebsrat, sondern der Gesamtbetriebsrat für eine Regelung dieser Art zuständig sei. Das Headset-System wurde unternehmensweit eingeführt, weshalb eine unternehmenseinheitliche Regelung erforderlich ist.

Das BAG stellte aber klar, dass Einführung und Nutzung des Systems grundsätzlich der Mitbestimmung unterliegen. Die Möglichkeit, dass Vorgesetzte Gespräche mithören können, führe zu einem ständigen Überwachungsdruck. Selbst ohne feste Zuordnung der Geräte könnten Beschäftigte über ihre Stimme oder den Dienstplan identifiziert werden.

Das Gericht betonte, dass es für die Mitbestimmungspflicht unerheblich ist, ob Gespräche tatsächlich aufgezeichnet oder gespeichert werden. Allein die Eignung und der Zweck der Einrichtung zur Überwachung lösen die Mitbestimmung aus.

"Auch wenn der örtliche Betriebsrat in diesem Fall unterlag, stärkt das Urteil die Mitbestimmungsrechte von Betriebsräten und die Schutzrechte der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen", erklärt Görzel. "Das BAG bestätigt erneut, dass technische Systeme, die potenziell zur Überwachung geeignet sind, der Mitbestimmungspflicht unterliegen."

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