VMware riskiert den Konflikt mit dem Channel
Anders herum steht "VMware auf AWS" offiziell dem gesamten VMware Channel zur Verfügung. Während dies für Systemintegratoren wie Accenture, die keine eigenen Rechenzentren haben, sehr attraktiv ist, erscheint es mehr als fragwürdig für den Großteil der VMware Partner wie ATOS, Arvato oder T-Systems, die einen Großteil ihrer Rechenzentren gerade mit VMware Instanzen ihrer Kunden füllen. Hier ist der Channel-Konflikt programmiert, wenn VMware zu aggressiv nach der direkten Kundenbeziehung angelt.
VMWare hat dieses Konzept bereits vor neun Monaten auf den US-amerikanischen Markt gebracht und erst letzte Woche auf AWS Frankfurt und damit in der EU verfügbar gemacht. Crisp Research hatte auf der Veranstaltung nicht nur die Chance, mit Vertretern von VMware und AWS zu dem Thema zu sprechen, sondern konnte sich auch mit einem Beta-User aus der Otto-Group austauschen.
Das VMware auf AWS-Offering arbeitet zur Zeit mit einer einzigen Host-Spezifikation von 2 CPUs, 36 Core, 512 GB Memory. Dies ist eine neue AWS Bare Metal Instance, die unter dem Namen i3.metal instance type im Mai dieses Jahres angekündigt wurde. Um die Verfügbarkeits-Mechanismen von VMware zu erfüllen, muss man einen Cluster von mindestens 4 mieten. Die kleinste jährliche Subskription ist also € 201.970 pro Jahr (24*356*5,9097*4). Damit ist das Hardware Commitment durchaus mit einem Azure-Stack im eigenen Rechenzentrum vergleichbar (siehe Abbildung). Noch teurer ist ein On-Demand Cluster.
Das Entscheidende bei dieser dedizierten Hardware ist, wie weit ein Kunde sie wirklich befüllt bekommt. Während es einem Kunden bei AWS EC2 und auch bei vielen VMware-basierten Angeboten von Managed Services Providern egal ist, ob physische Hosts halb leer stehen, geht dieses Risiko beim "VMware auf AWS" Offering auf das Konto des Kunden. Er kauft immer die ganzen dedizierten Hosts, auf denen keine VMs anderer Kunden laufen. Auf so einer 36 Core / 512GB Machine kann man schon einige VMs laufen lassen. Diese Dichte entscheidet aber genau, ob sich so eine Hardware-Subscription lohnt.
VMware hat uns freundlicherweise ein Beispiel zum Kostenvergleich zur Verfügung gestellt (siehe Bild 2). Während die orange Kurve eines nativen Cloud-Dienstes für den Kunden immer gleich kostet - egal wie dicht die physische Hardware tatsächlich ausgelastet wurde - werden die Kosten bei VMware rechnerisch ab ca. 1,3 VMs pro Core günstiger. Das Beispiel geht von VMs mit 2 vCPUs und 8GB RAM aus. Auf der heute angebotenen 36 Core Hardware reden wir also von mehr als 46 VMs pro Host. Mal vier Hosts.
VMware auf AWS - geeignet für statische Legacy-Anwendungen
Wenn ein Unternehmen also weiß, dass es mehr als 184 (4x46) virtuelle Maschinen dieser Größe, beispielsweise mit einer Legacy-Anwendung und relativ konstanter Last, ohne viel Elastizität benötigt, ist das neue VMware Offering sehr attraktiv. Insbesondere weil die AWS Hosts nahtlos den VMware Tools der On-Premises Umgebung erscheinen und Migrations-Tools wie vMotion nahtlos funktionen sollen.
Unternehmen dürfen allerdings nicht unterschätzen, dass diese Self-Service Hardware Subscription eben NICHT die üblichen Vorteile eines Economies of Scale eines Hyperscalers an Endkunden weitergibt. Workloads sind nicht geeignet, wenn eine Elastizität der Infrastruktur verlangt wird oder sie heute schon auf den nativen Hypervisern der Hyperscaler laufen, wie dies sogar die SAP für alle drei Hyperscaler angekündigt hat. VMware auf AWS ist also interessant für statische Legacy Anwendungen. Vielleicht ein zu kleines Marktsegment, da viele Kunden ihre statischen und dynamischen VMware Workloads bei einem Managed Service Provider deponieren wollen. VMware auf AWS ist auch hochinteressant für Multi-Cloud Topologie. Wenn Sie also schon einzelne Anwendungen auf AWS haben und die schnelle "locale" Netzwerkverbindung zu einer VMware-Instanz benötigen, ist AWS mit seinem Direct Connect Offering sicher interessant. Viele Managed Service Provider sind allerdings inzwischen auch bei den gleichen Location Providern wie die Hyperscaler, so dass Kunden die Netzwerk-Vorteile im Einzelfall hinterfragen sollten.
Zusammenfassend sind Kunden, die sich für das neue VMware auf AWS-Angebot interessieren, eher zu warnen. VMware tritt hier selbst als Provider auf und hat damit alles andere als eine gute Reputation am Markt. Auch wenn ihnen AWS mit der Verfügbarkeit von Netz und Hardware hilft, ist die Verfügbarkeit des VMware Clusters in der Verantwortung von VMware Operations-Personal. Da haben alle verbleibenden Managed Service Provider deutlich mehr Erfahrung.