Vaio-World - eine Strategie, die sich nicht jeder leisten kann

15.03.2001

Bereits auf der Cebit 1999 verkündete der damalige Deutschland-Chef Karl Pohler: "Sony ist auf dem Weg zur IT-Company." Ziemlich großspurig, fand ich vor zwei Jahren. Hierzulande hatte der Hersteller damals außer Monitoren und ein paar Vaio-Notebooks noch nicht viel zu bieten. Das Konzept der "vernetzten Vaio-World" präsentierte der Anbieter erstmals nach der Cebit seinen Top-Kunden aus Distribution und Retail. Die eingeweihten Jungs schlugen vor Begeisterung Purzelbäume. Mittlerweile hat sich Sonys Vision, unter anderem durch eine kostenintensive Endkunden-Kampagne unter dem Titel "Go Create", herumgesprochen.

Aufwendige Marketing- und Werbeaktionen haben den Markt - auch den deutschen - gründlich vorbereitet. Man war also bereits im Vorfeld gespannt und neugierig auf den ersten PC aus dem Hause Sony (siehe Artikel Seite 16 dieser Ausgabe). Soviel Wind um ein Me-too-Produkt kann man nur erzeugen, wenn man ein starkes Standing im Weltmarkt hat. Und das haben die Japaner. Auch der Memory-Stick, an sich ein simples Mini-Speichermedium, wird dem Endkunden verkauft wie das neuentdeckte Ei des Kolumbus. Aber der Consumer glaubt’s und kauft’s.

Das über Jahrzehnte aufgebaute Image und die so erzeugte Brandaware-ness, als Design-Trendsetter und innovatives Technik-Unternehmen, versteht Sony in eine selbstbewusste Strategie umzumünzen. Man bringt ein einziges Highend-Produkt für ein IT-Segment auf den Markt: technisch top ausgerüstet, pfiffiges Design zu einem horrenden Endkunden-Preis (siehe den deutschen Notebook-Einstieg 1998). In diesem Jahr folgt der Vaio-PC für satte 5.999 Mark im Consumer-Kanal. Eine Preispolitik, die man fast arrogant nennen könnte. Verkaufbare Produkte mit einem realen Marktpreis wird Sony erst im 2. Halbjahr 2001 bringen. Während andere japanische Hersteller mit einem ähnlichen Vorgehen in Europa eine Bruchlandung hinlegten - siehe NECs Einstieg in den deutschen PC-Markt - ging die Rechnung für Sony mit den Vaio-Notebooks auf. Und aufgrund des starken Brands kann der Hersteller selbst im Retail-Kanal seine Produkte immer noch etwas teurer verkaufen als die liebe Konkurrenz. Auch der deutsche Handel zollte dem japanischen Unternehmen Respekt: Laut der ComputerPartner-Umfrage "Channel Champions" schnitt Sony als der sympathischste PC- und Notebook-Hersteller ab. Der Witz dabei: Es gab damals nur die Notebooks (siehe ComputerPartner 32/00, Seiten 8 und 32).

Gewagt erscheint dagegen Sonys Einstieg ins B2B-Segment - vorerst allerdings nur für die Laptops. Sony ist eine klassische und starke Consumer-Marke, keine Frage. Im Projektgeschäft allerdings ein Noname. Den Spagat zwischen gesundem Endkundenabsatz und umsatzstarkem B2B-Geschäft haben bisher nur wenige Hersteller geschafft: Fujitsu Siemens ist seit der Fusion dafür ein Beispiel (Fujitsu als Consumer-König, Siemens brachte ein gutlaufendes Projektgeschäft mit in die Ehe). Auch Musterknabe Hewlett-Packard fällt einem dazu ein: Die Amerikaner verkaufen ihre Tintenstrahler erfolgreich an den Endkunden, die Laserdrucker an Unternehmen. HP hat sich dabei konsequent an eine nach Kanälen differenzierte Produktsegmentierung und Vertriebsausrichtung gehalten. Für Sony wird dieser Schritt mit Sicherheit nicht einfach: Die Produkte sind zwar da, eine eigene Vertriebsabteilung für den Corporate-Bereich mittlerweile auch. Aber es fehlen gewachsene Kontakte und die Überzeugung der Partner, dass Sony die spezifischen Leistungen, was beispielsweise Service und Support angeht, bringt, die das B2B-Geschäft fordert.

Dennoch scheint sich Pohlers zwei Jahre alte Aussage mittlerweile zu bestätigen. Sony ist wirklich auf dem Weg zur IT-Company. Bei mir bleibt derzeit nur eine Frage offen: Wann können wir mit den ersten Vaio-Servern rechnen?

Cornelia Hefer

chefer@computerpartner.de

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