Die Europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) stößt in der deutschen Wirtschaft weiterhin auf Kritik. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom unter Unternehmen ab 20 Beschäftigten in Deutschland hervor, die am Dienstag in Berlin veröffentlicht wurde. Auch im fünften Jahr seit dem Inkrafttreten der Datenschutzauflagen bestehe eine erhebliche Rechtsunsicherheit zu den genauen Vorgaben der DSGVO, erklärten 78 Prozent der befragten Unternehmen. Die Umsetzung der Verordnung sei etwa wegen neuer Richtlinien dazu nie vollständig abgeschlossen, bemängelten 88 Prozent.
Gut zwei Drittel (68 Prozent) der Unternehmen sind der Auffassung, dass der strenge Datenschutz die Digitalisierung erschwere, sagte Susanne Dehmel, Mitglied der Bitkom-Geschäftsleitung. Insgesamt 61 Prozent meinen, in Deutschland übertreibe man es mit dem Datenschutz. Trotzdem hat die Mehrheit der Unternehmen die DSGVO umgesetzt. Ganze 22 Prozent reklamieren für sich, die DSGVO vollständig umgesetzt zu haben, 40 Prozent "größtenteils". Ein Drittel räumt ein, sich nur "teilweise" an die Verordnung angepasst zu haben.
Die Defizite bei der Umsetzung sind nicht mehr so häufig auf fehlende Fachpersonal zurückzuführen. Vor einem Jahr beklagte ein Drittel der Unternehmen einen Mangel an qualifizierten Beschäftigten. Dieser Wert sank in der aktuellen Umfrage auf 24 Prozent. Und auch bei den benötigten Finanzmitteln zeichnet sich eine leichte Entspannung ab: 2021 nannten 37 Prozent "fehlende finanzielle Ressourcen" als eine der größten Herausforderungen bei der DSGVO-Umsetzung, in der aktuellen Umfrage sank der Wert auf 32 Prozent.
Furcht vor Wettbewerbsnachteilen
In der Umfrage machten die Unternehmen weiterhin deutlich, wie wichtig eine Rechtsgrundlage für internationale Datentransfers ist. Insgesamt 60 Prozent praktizieren eine Übertragung von personenbezogen Daten in Länder außerhalb der EU. Ein Verzicht dieser Datentransfers habe gravierende Folgen. Ganze 60 Prozent der Unternehmen sagen, sie könnten dann einen globalen Sicherheitssupport nicht mehr aufrechterhalten, 57 Prozent geben an, dass sie bei einem Aus für Datentransfers bestimmte Produkte und Dienstleistungen nicht mehr anbieten könnten. Und 55 Prozent befürchten in diesem Fall Wettbewerbsnachteile gegenüber Unternehmen aus Nicht-EU-Ländern.
Die Datentransfers in Länder außerhalb der EU stehen rechtlich auf wackeligen Beinen, weil der Europäische Gerichtshof in zwei Entscheidungen Absprachen für die Übermittlung von Daten aus Europa über den Atlantik für ungültig erklärt hat. Im Juni 2020 hatte der EuGH den "Privacy Shield" mit der Begründung gekippt, dass das Datenschutzniveau in den USA nicht den Standards der EU entspreche. Die Richter bemängelten vor allem die weitreichenden Zugriffsmöglichkeiten von US-Geheimdiensten auf Daten von Europäern. Mit einer ähnlichen Begründung hatte der EuGH im Oktober 2015 bereit das transatlantische Datenschutz-Abkommen "Safe Harbor" einkassiert. (dpa/rs)