Clemens: Haben noch nicht alles erreicht!
Beobachter sahen in diesen Maßnahmen ein Zeichen dafür, dass Telekom-Chef Höttges auch mit der Cloud-Bilanz von Clemens unzufrieden sei. In den offiziellen Mitteilungen zum Wechsel an der T-Systems-Spitze war allerdings kein Hinweis auf mögliche Verwerfungen zu finden. Höttges dankte Clemens für sein Engagement und die Bereitschaft, den Übergang konstruktiv mitzugestalten: "Reinhard Clemens mit seiner Kompetenz bei IT-Innovationen wird mir fehlen."
Clemens selbst kommentierte seinen Abschied allerdings durchaus mit selbstkritischen Zwischentönen. Ihm sei es vor allem darum gegangen, das Unternehmen fit für die Zukunft zu machen und für die Herausforderungen der Digitalisierung zu wappnen. "Das ist uns gelungen, auch wenn wir noch nicht alles erreicht haben, was wir uns vorgenommen hatten." Clemens sprach auch von schwierigen Jahren des Umbaus, die allen viel abverlangt hätten.
Schon 2014 ließ Clemens in einem Gespräch mit der COMPUTERWOCHE keinen Zweifel daran, dass das Outsourcing-Geschäft in seiner bisherigen Form nicht weiter zu betreiben sei. Hier müsse es zu Stellenstreichungen kommen, weil die Personalkosten zu hoch seien. Zudem sollten Leistungen in Niedriglohnländer nach Osteuropa verlagert werden. Im Auslagerungsgeschäft erwartete der Manager auch keine Wende zum Wachstum mehr. Es gehe nun darum, den Unternehmensbereich profitabel aufzustellen. "Die Kunden wollen die bekannte Leistung zu indischen Preisen", steckte Clemens damals den Rahmen ab.
Millionen-Deal mit ThyssenKrupp
Wie schwer sich T-Systems derzeit tut, zeigt auch der jüngst in die Brüche gegangene Millionen-Deal mit ThyssenKrupp. Ende 2014 hatte der Dienstleister das Geschäft an Land gezogen. Rund 80 000 Computerarbeitsplätze und 10 000 Serversysteme des Essener Traditionskonzerns sollten in die Cloud von T-Systems verlagert werden. Der Auftrag sei einer der größten der Konzerngeschichte in diesem Geschäft, hieß es damals.
Nun ist Clemens weg, und auch der Großauftrag, der bis 2022 hätte laufen sollen, ist futsch. Anfang Februar sickerte durch, dass sich die Vertragspartner gerichtlich geeinigt haben, den 700-Millionen-Euro-Deal vorzeitig zu beenden. T-Systems sei dem Projekt nicht gewachsen gewesen, hieß es hinter vorgehaltener Hand. Der Dienstleister hätte Lösungen versprochen, die das Unternehmen überhaupt nicht liefern konnte, berichteten Insider. Das Ganze sei technologisch und kommerziell für T-Systems eine Nummer zu groß gewesen.
[Update] Telekom weist die Kritik zurück und will nicht von Aufspaltung sprechen
Von Seiten der Telekom ist die Kritik an den Maßnahmen des neuen T-Systems-Chef nicht nachvollziehbar. Al-Saleh habe vier Initiativen ins Leben gerufen. In diesem Rahmen werde bis März zunächst einmal ausgearbeitet, wie sich die Firma weiterentwickeln müsse. "Das ist nicht in Stein gemeisselt", verlautete aus der Kommunikationsabteilung des Konzerns. Die Beteiligung der Mitarbeiter an diesen Initiativen sei ausgesprochen hoch. Al-Saleh erhalte dafür großen Zuspruch aus den Reihen der Belegschaft. Die wöchentlichen VLogs, die Klarheit, mit denen er Dinge anspricht und die stetige Aufforderung an alle Mitarbeiter, sich in den vier Initiativen zu engagieren, ihm persönlich Mails zu schicken, die internen Social-Plattformen zum Austausch und für Verbesserungsvorschläge zu nutzen, stünden in keinerlei Widerspruch zur üblichen Einbeziehung der Betriebsratsgremien in Beschlüsse.
Verteidigt wird auch die mögliche Verteilung des Gesamtgeschäfts auf zwei selbständige Einheiten. Das sei in der Branche nicht unüblich, hieß es seitens der Telekom. Darüber werde aber erst nach einer intensiven Analyse des Portfolios entschieden. Die Umsetzung - frühestens 2019 - richte sich ganz nach den Ergebnissen dieser Analyse. "Wir haben ein sehr breites Portfolio und es hat Vorteile, unterschiedliche Themen auch unterschiedlich zu steuern", konstatieren Konzernvertreter. Die Kunden schätzten genau diese Breite unseres Portfolios, weil sie von T-Systems für die Digitalisierung praktisch alles bekommen könnten. "Diesen Wettbewerbsvorteil wollen wir unbedingt erhalten, deshalb ist der Begriff 'Aufspaltung' nicht zutreffend."