Softwaredistributor Beyond hat keine Angst vorm elektronischen Vertrieb

02.07.1997
OTTERSBERG: Die meisten Distributoren, die im Rampenlicht stehen, sind bekanntlich nicht auf Rosen gebettet. Daneben gibt es aber kleinere Großhändler, die sich mit einer Spezialisierung auf bestimmte Nischen und Stärken gegen die Riesen behaupten wollen. Dazu gehört auch die Beyond Distribution GmbH in Ottersberg. ComputerPartner-Chefredakteur Damian Sicking unterhielt sich mit Unternehmenschef Christian Krzywicki über seine Visionen und die Entwicklung des Marktes.? Im Vergleich zu den Großdistributoren ist Beyond nachgerade ein Zwerg. Was würde der Welt fehlen, wenn es Beyond nicht gäbe?

OTTERSBERG: Die meisten Distributoren, die im Rampenlicht stehen, sind bekanntlich nicht auf Rosen gebettet. Daneben gibt es aber kleinere Großhändler, die sich mit einer Spezialisierung auf bestimmte Nischen und Stärken gegen die Riesen behaupten wollen. Dazu gehört auch die Beyond Distribution GmbH in Ottersberg. ComputerPartner-Chefredakteur Damian Sicking unterhielt sich mit Unternehmenschef Christian Krzywicki über seine Visionen und die Entwicklung des Marktes.? Im Vergleich zu den Großdistributoren ist Beyond nachgerade ein Zwerg. Was würde der Welt fehlen, wenn es Beyond nicht gäbe?

KRZYWICKI: Der Welt würde nichts fehlen, aber dem deutschen Fachhändler. Ein kleiner, kompetenter, engagierter Distributor, der die Bedürfnisse eines Fachhändlers versucht abzudecken. Ein Anruf und alle Probleme werden gelöst. Vielleicht nicht sofort am Telefon, aber es gibt auf jeden Fall einen schnellen kompetenten Rückruf.

?Immerhin hat der kleine Distributor mehr als 5.000 unterschiedliche Softwareprodukte verschiedener Hersteller im Angebot. So groß kann Ihre Organisation ja gar nicht sein, um hier kompetent beraten zu können.

KRZYWICKI: Unsere Beratung bezieht sich weniger auf die Bits und Bytes der Produkte, als mehr auf den vertriebsorientierten Aspekt. Es gibt von einem Produkt zehn verschiedene Varianten. Es gibt die Vollversionen, die Updates, verschiedene Versionsnummern. Es gibt Lizenzen und es gibt Update-Lizenzen. Aus diesem breiten Angebot das richtige für den Kunden herauszufinden, ist unsere Aufgabe. Bei uns läuft eine Bestellung nicht über irgendwelche Partnummern, Artikelnummern, die vorhanden sein müssen, sonst kriegt man ein falsches Produkt, sondern bei uns kann im Klartext bestellt werden. Microsoft-Office, zum Beispiel, Version 4.2, 4.3, 7.0, 7.0 Professional, Vollversion, Update, Schulversion, was will der Kunde? Wir können ihm das richtige anbieten, er muß uns nur sagen, was ist sein Projekt, wo muß er hin und dann kriegt er von uns das richtige Produkt.

?Also Service wird bei Beyond großgeschrieben. Nun hat Service ja auch seinen Preis. Gleichzeitig stehen Sie mit den großen Distributoren im Preiswettbewerb. Wie wird da ein Schuh daraus?

KRZYWICKI: Unsere Kundenbasis sind nicht die Top 100 der Wiederverkäufer in Deutschland, sondern wir focussieren uns auf den kleinen und mittleren Betrieb. Da können wir noch gewisse Margen erwirtschaften, da ist auch unser Service gefragt. Die großen Wiederverkäufer in Deutschland haben alle eigene Einkäufer, die nichts anderes machen als um drei Pfennig zu verhandeln. Die Zeit, die darauf verwendet wird, die können wir einem kleinen Händler einfach abnehmen, das heißt, wir können für den kleinen Händler das richtige Produkt anbieten, zu einem fairen Preis. Wir scheuen keinen Wettbewerb in Preisen, sind aber auch nicht in der Lage jeden Deal mitmachen zu können und zu wollen.

?Beyond macht sich ja besonders für IBM und Star Division stark. Wie sieht es denn aus mit OS/2 und StarOffice? Wie ist die Akzeptanz bei den Händlern?

KRZYWICKI: Es schaut sehr gut aus. Speziell IBM, Warp 4, die neue Version, die Anfang November 1996 ausgeliefert worden ist. Wir haben weitaus mehr Stückzahlen verkauft als wir erwartet haben, von den Vollprodukten, von den OEM-Produkten. StarOffice zieht natürlich auch immer nach, in dem Bereich. StarOffice ist ein Außenseiterprodukt auf der einen Seite, bietet aber für den Händler und auch für uns die Chance Geld zu verdienen.

Es macht für uns keinen Sinn, ein Microsoft-Produkt mit einer Marge von einem halben oder einem Prozent an einen Wiederverkäufer zu verkaufen, der es dann mit einem Prozent weitergeben muß, weil der Endkunde 37 Quellen hat, aus denen er aussuchen kann. Mit IBM-Produkten und Star Office-Produkten haben wir ausgewählte Produkte, mit denen der Händler noch Geld verdienen kann.

?In letzter Zeit wird viel über Electronic Commerce beziehungsweise Electronic Distribution gesprochen. Wird nicht durch die Möglichkeit, Software über das Internet zu vermarkten, ein Unternehmen wie Beyond arbeitslos?

KRZYWICKI: Wenn es in Zukunft sichergestellt ist, daß die Software nicht mehr als 50 oder 100 KB Größe hat, dann wird es eine echte Konkurrenz. Bei einem Softwareprodukt mit zwischen fünf und 50 MB alleine für den Installationscode glaube ich nicht, daß das Internet zur Zeit eine echte Konkurrenz darstellt. Zur Zeit dient das Internet für uns und für viele unserer Kunden als reine Informationsquelle. Möglicherweise sieht das in drei, vier, sechs Jahren anders aus, dann sind wir mit dabei. Wir beobachten das Thema ziemlich genau.

?Sie haben ja heute bereits die reine Software-Enklave verlassen und verkaufen unter anderem auch Lexmark-Drucker und Monitore von Phillips und Samsung und auch Notebooks von Acer. Beyond auf dem Weg zum Vollsortiment?

KRZYWICKI: Wir sind auf dem Weg zum vollen Dienstleistungsanbieter. Das heißt wir bieten unseren Partnern die Möglichkeit beinahe jedes Produkt, was es im deutschen Hardware- und Softwaremarkt gibt, über uns zu bestellen. Wir haben strategische Ausrichtungen, die sind Software und Acer. Wir vertreiben im übrigen nicht nur die Acer-Notebooks, sondern auch Monitore und Desktop-Systeme.

?Wie lautet generell Ihre Vision in bezug auf die Zukunft von Beyond? Wo wollen Sie in fünf Jahren stehen?

KRZYWICKI: Wir wollen ein kleines profitables Unternehmen sein. Vielleicht auch ein großes, aber auf jeden Fall ein profitables Unternehmen. Für uns sind Umsätze zwar wichtig, aber wir leben nicht von den Umsätzen allein, sondern wir müssen Rohertrag erwirtschaften, um unsere Dienstleistung, unsere Kompetenz weiterhin auf dem Level halten zu können, auf dem es heute ist.

?Kann man sich denn heutzutage diese Einstellung leisten? Kann man sich das leisten, bewußt langsam zu wachsen, und muß man nicht befürchten, von den Großen weggepustet zu werden?

KRZYWICKI: Uns wegzupusten ist nicht so einfach, weil man uns braucht. Es gibt im deutschen Distributionsmarkt einige Großdistributoren. Die brauchen einfach riesige Umsätze, um ihren Overhead an Personal finanzieren zu können. Es gibt einige spezialisierte Distributoren, im Netzwerkbereich, im Druckerbereich, im Broker-Bereich für Simms, CPUs und Festplatten. Es gibt aber kaum ein Unternehmen, das im Softwarebereich spezialisiert ist. Das das vertriebsorientierte Software-Know-how bieten kann, was wir bieten.

?Aber nun gibt es ja auch bei dem Großdistributoren zumindest gedankliche Ansätze, kleinere Einheiten mit größerem Serviceprofil zu bilden. Darüber können Sie sich nicht freuen.

KRZYWICKI: Kleine Einheiten bei einem Großdistributor gehören immer noch zu einem Großdistributor. Diese Einheiten stecken immer noch in dem großen Apparat mit drin und werden niemals diese Flexibilität bieten können, wie wir sie als Kleinstdistributor bieten können.

?In einem Ihrer Prospekte steht der Satz "Wir machen uns schon heute Gedanken darüber, welche Produkte morgen nachgefragt werden." Machen Sie sich nur Gedanken, oder haben Sie auch eine Antwort darauf?

KRZYWICKI: Wir versuchen, die richtigen Antworten zu finden. Die Anwendungen werden sich mittelfristig ändern. Es wird nicht mehr diese Riesenpakete geben, schon um im Internet Distribution zu ermöglichen, sondern es wird kleine Applikationen geben. Kleine Einheiten, sogenannte Applets, die über das Internet verteilt werden können, das wird die Zukunft sein, wie ich sie sehe.

?Letzte Frage: Eine der möglichen deutschen Übersetzungen von Beyond lautet "jenseits". Ich nehmen kaum an, daß damit das unternehmerische Ziel gemeint ist.

KRZYWICKI: Im amerikanischen Sprachgebrauch verbindet eigentlich niemand mit dem Wort "beyond" diese Bedeutung, sondern in erster Linie heißt es "mehr als", "darüber hinausgehend". Als Marketingunternehmen, als das wir gegründet wurden, wollten wir möglichst einfach unseren Kunden sagen, daß wir mehr als reines Marketing bieten. Und heute soll der Name Beyond Distribution signalisieren, daß wir mehr als reine Distribution leisten: Wir kümmern uns um unsere Partner.

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