"Guten Tag. Hier ist das Unternehmen xy. Mein Name ist Paula Maier. Was kann ich für Sie tun?" Solche Begrüßungsformeln hörten Anrufer früher oft, wenn sie bei Unternehmen anriefen. Dann war den Anrufern nach wenigen Worten klar: Mein Gegenüber hat ein Telefontraining durchlaufen.
Vieltelefonierer nervten solche langen Begrüßungsfloskeln auf Dauer. Bis die Agents, so die offizielle Bezeichnung der Telefondamen und -herren, ihre Begrüßungsformel heruntergespult hatten, verstrichen oft scheinbar Minuten. Und war nur eine Rezeptionistin an der Leitung, hatte der Anrufer schnell das Gefühl: "Warum redet die so lange, wenn sie mich ohnehin nur weitervermitteln darf?"
Das haben viele Unternehmen erkannt. Deshalb geben sie ihren Agents heute meist statt ausformulierter Begrüßungsfloskeln nur noch die Kernelemente der Begrüßung vor. Wie sie diese auskleiden und die Beziehung zu den Telefonpartnern herstellen, überlassen sie ihren Mitarbeitern. Auch, ob sie sich nur mit ihrem Nachnamen oder zudem mit ihrem Vornamen melden, stellen viele Unternehmen ihren Agents frei. Denn nicht immer ist das Nennen des Vornamens von Nutzen.
Gewandeltes Kommunikationsverständnis
Hierin dokumentiert sich ein Wandel im Verständnis der Kommunikation per Telefon. In der Vergangenheit ging es den Unternehmen beim Telefonkontakt häufig primär darum, sich nach außen einheitlich zu präsentieren. Heute soll sich in der Kommunikation per Telefon das Selbstverständnis des Unternehmens widerspiegeln. Und worüber definiert sich dieses in einem Zeitalter, in dem sich die meisten Firmen als Dienstleister verstehen? Über den Kundennutzen! Er soll sich in allen Kundenkontakten, also auch in der Telefonkommunikation, widerspiegeln.
Die Unternehmen achten auch stärker auf die Qualität der Telefonate - unter anderem, weil sie erkannt haben, dass man mit dem Telefon nicht nur schnell und kostengünstig, sondern auch persönlich mit Kunden kommunizieren kann. Sie haben zudem erkannt, welche Chancen zur Kundenbindung und zur langfristigen Sicherung des Unternehmenserfolgs ein effizienter Umgang mit dem Telefon bietet. Eine entsprechende Bedeutung messen sie heute der Telefonkommunikation bei. Das zeigt sich auch darin, dass heute bei vielen Dienstleistungsunternehmen Vorstandsmitglieder für die im Telefonbereich praktizierten Strategien verantwortlich sind.
Oft Herzstück der Organisation
Die Aufwertung zeigt sich auch darin, dass die Telefonabteilungen beziehungsweise Callcenter der Unternehmen heute in diesem kein Inseldasein mehr fristen. Bei vielen serviceorientierten Unternehmen sind sie das Herzstück der Organisation. Um sie gruppieren die anderen Unternehmensbereiche. Denn die Herren und Damen am Telefon haben den direktesten Draht zum Kunden.
Entsprechend wurden die Callcenter der Unternehmen in den zurückliegenden Jahren technisch und personell aufgerüstet. Und eine entsprechende Aufmerksamkeit schenken die Verantwortlichen den Prozessen, die in den Callcentern, die heute oft Kunden-Servicecenter heißen, ablaufen; außerdem deren Zusammenarbeit mit den anderen Unternehmensbereichen. Denn die per Telefon gewonnenen Informationen müssen adäquat verarbeitet werden. Nur dann wird aus dem qualifizierten Kundenkontakt ein qualifizierter Service.
Spezialisten gefragt
Mit der gewachsenen Bedeutung der Telefonkommunikation stiegen auch die Anforderungen an die Agents. Heute sitzen in den Servicecentern nur noch selten "Ungeschulte Kräfte mit angenehmer Telefonstimme" am Telefon. Vielmehr arbeiten an den Kunden-Kontaktpunkten oft fachlich hochqualifizierte Mitarbeiter, vom Bankkaufmann bis zum Ingenieur, die eine sehr hohe Beratungskompetenz haben. Diese brauchen die Agents auch, weil ihnen die Unternehmen stets komplexere Serviceaufgaben übertragen.
Sichtbares Zeichen hierfür sind die zahllosen Hot- und Service-Lines, die inzwischen neben den klassischen Dienstleistern, auch fast alle Technikproduzenten für ihre Kunden geschaltet haben. Über sie nehmen die Agents nicht nur Aufträge entgegen. Über sie werden auch Reklamationen bearbeitet sowie Anwendungs- und Wartungsprobleme gelöst.
Hierfür brauchen die Agents ein Fachwissen, das sich auf dem neusten Stand befindet - unter anderem, weil sich die Merkmale der Produkte und Systeme oder deren technische Features oft ändern. Deshalb bilden die meisten Anbieter komplexer sowie erklärungsbedürftiger Produkte und Dienstleistungen ihre Agents trotz qualifizierter Erstausbildung und Berufserfahrung kontinuierlich weiter - nicht nur in Seminaren. Auch im Arbeitsalltag werden sie kontinuierlich trainiert und gecoacht - meist durch ihre unmittelbaren Vorgesetzten oder durch Kollegen, die häufig eine Trainer- oder Coachingausbildung durchlaufen haben.
Leitfäden statt Skripts
So qualifizierte Mitarbeiter(innen) lassen sich nicht in starre Gesprächsmuster pressen. Mit ihnen wäre auch keine individuelle sowie persönliche Beratung der Kunden per Telefon möglich. Deshalb haben inzwischen die meisten Unternehmen ihre ausformulierten Telefonskripts durch offene Gesprächsleitfäden ersetzt. Und ihre Telefontrainings? Sie sind weniger mechanistisch als früher.
Die Kerninhalte der Trainings haben sich zwar nicht verändert. Weiterhin spielen in ihnen solche Themen wie Begrüßung, Gesprächsaufbau, professionell fragen, aktiv zuhören sowie Gespräche eröffnen und abschließen eine zentrale Rolle. Doch der Fokus hat sich verschoben. Den Mitarbeitern werden heute keine starren Gesprächs- und Verhaltensmuster mehr vermittelt. Sie sollen vielmehr lernen, die Struktur und den Ablauf ihrer Gespräche selbst zu planen und zu steuern - und zwar so, dass sie einen Draht zum Kunden finden und dessen Ohr sowie das Ziel des Gesprächs erreichen.
- Tipp 13: Überlegen Sie sich einen starken Einstieg.
Besonders wichtig ist, dass Sie den (Noch-nicht-)Kunden zu Beginn sofort für Ihr Angebot interessieren. Überlegen Sie sich also einen knackigen Gesprächseinstieg wie:"Frau Mayer, es geht um Ihre Vertragsverlängerung für …. Ich habe heute ein tolles Angebot für Sie!" Denken Sie daran: Viele Menschen sind unentschlossen. Sie lieben deshalb Gesprächspartner, die ihnen beim Sich-Entscheiden helfen. - Tipp 12: Führen Sie das Gespräch mit Fragen.
Wer fragt, der führt. Denn er lenkt, was der Kunde denkt. Nutzen Sie offene W-Fragen, wenn Sie viel erfahren wollen, und geschlossene Fragen, wenn Sie eine Entscheidung benötigen. Und Alternativfragen wie "am Montag, den 3. Mai, oder am Donnerstag, den 6. Mai" eignen sich vorzüglich, um beispielsweise Termine zu vereinbaren. - Tipp 11: Vermeiden Sie Unwörter.
Unwörter kosten Zeit und Wirkung. Und häufig provozieren sie Widerspruch. Streichen Sie, soweit möglich, unter anderem folgende Worte aus Ihrem Vokabular: eigentlich, aber, trotzdem, man, nie, jeder, alle, immer, nur, bloß, doch, müssen. - Tipp 10: Reduzieren Sie die Einwände.
Stellen Sie im Gespräch regelmäßig Bestätigungsfragen wie "Sehen Sie das auch so?". Oder: "Wollen Sie das?" Das senkt die Zahl der (unverhofften) Einwände. Und wenn der Kunde auf eine Bestätigungsfrage mal "Nein" erwidert? Dann reagieren Sie bitte offen und verständnisvoll. Zeigen Sie zunächst Verständnis und erfragen Sie dann den Einwand, der dahintersteckt. - Tipp 9: Machen Sie mal Pause.
Sprechpausen brauchen Sie zum Vordenken und der Kunde zum Nachdenken. Reden Sie also nicht wie ein Wasserfall. Erhöhen Sie durch Pausen bewusst die Spannung vor wichtigen Aussagen und steigern Sie deren Wirkung durch anschließende Sprechpausen. - Tipp 8: Wählen Sie den richtigen Ton.
Darin, wie der Kunde spricht, zeigt sich seine Stimmung. Passen Sie Ihre Artikulation und Lautstärke sowie Ihr Sprechtempo und Ihre Betonungen ein wenig dem Gegenüber an. Denn kleine Gemeinsamkeiten verbessern das Gesprächsklima und fördern das Vertrauen. - Tipp 7: Hören Sie aktiv hin und zu.
Achten Sie bei Ihren Fragen und Aussagen darauf, wie der Kunde hierauf reagiert. Denn es zählt nur, was bei ihm ankommt. Hören Sie also aktiv hin und zu. Wie spricht der Kunde? Und: Wie und was antwortet er? - Tipp 6: Sprechen Sie deutlich und in kurzen Sätzen.
Das menschliche Gehirn arbeitet im Drei-Sekunden-Takt. Alles, was wir in dieser Zeit erfassen, das verstehen wir auch leicht. Gebrauchen Sie also kurze Sätze, damit Ihre Botschaften ankommen. - Tipp 5: Den Kunden regelmäßig mit Namen ansprechen.
Sprechen Sie Ihre Gesprächspartner nicht nur bei der Begrüßung und Verabschiedung persönlich an. Machen Sie dies auch, wenn Sie eine wichtige Frage stellen oder eine Aussage treffen. Oder wenn Sie eine Bitte formulieren. Und wenn Sie das Gespräch in eine andere Richtung lenken möchten. - Tipp 4: Der erste Eindruck zählt, der letzte bleibt.
Haben Sie im Hinterkopf: Die ersten Sekunden eines Telefonats entscheiden weitgehend über dessen Verlauf. Und Ihre letzten Worte kurz vorm Abschied? Sie entscheiden darüber, was der Kunde von Ihnen und Ihren Aussagen im Kopf behält. - Tipp 3: Selbstbewusst, aber nicht überheblich sein.
Emotionen übertragen sich am Telefon fast ausschließlich über Ihre Stimme. Deshalb ist zwar wichtig, was Sie sagen; entscheidend ist jedoch das "Wie". Die positive Nachricht: Wenn Sie gut gelaunt sind und voller Lust telefonieren, machen Sie beim Sprechen automatisch fast alles richtig. Also, mehr Mut! - Tipp 2: Be different – Menschen "belohnen" das Besondere.
Langweilige Anrufer rauben beruflich oder privat stark eingespannten Menschen oft Zeit und Energie. Wenn Sie sich durch Ihre Stimme und Freundlichkeit sowie die gute Laune von diesen "Störern" positiv abheben, öffnet sich Ihr Gegenüber: Er schenkt Ihnen Zeit, Vertrauen und Sympathie. Telefonieren Sie mit (Noch-nicht-)Kunden wie mit guten Freunden. - Tipp 1: Seine Sie emotional – Menschen kaufen Gefühle.
Je sympathischer Sie als Person rüberkommen und emotional überzeugen, desto eher ist der Kunde bereit, sich auf Sie einzulassen. Versetzen Sie sich also vor jedem Telefonat in gute Laune – sofern Sie diese nicht schon haben. - Der heiße Draht zum Kunden
Telefonanrufe werden von Kunden oft als Störungen empfunden. Das wissen Telefonverkäufer. Entsprechend unsicher und nervös agieren sie häufig am Telefon und provozieren damit das "Nein" des Kunden. Doch das muss nicht sein. Ein paar Tipps von Ingo Vogel, Rhetorik- und Verkaufstrainer in Esslingen, können helfen.
Als Team agieren
Zudem wurden die klassischen Trainingsinhalte ergänzt. Denn heute müssen die Agents oft alle servicerelevanten Abläufe und Prozesse im Unternehmen kennen, damit sie mit den anderen Bereichen effektiv zusammenarbeiten und den Kunden zum Beispiel keine unrealistischen Versprechen geben. Nicht nur deshalb gewinnt in den Trainings der Agents das Thema Team- und Zusammenarbeit an Bedeutung. Auch mit ihren unmittelbaren Kollegen müssen sie verstärkt kooperieren. Denn aufgrund der stets komplexeren Serviceaufgaben, die die Unternehmen ihren Call- oder Servicecentern übertragen, kann heute kein Agent mehr auf alle Kundenanliegen oder -fragen gleich kompetent reagieren. Er muss Anrufer vielmehr häufig weitervermitteln oder Kollegen um Rat fragen.
Teamarbeit erfordert auch die Arbeitssituation. Agents müssen sich in der Regel im Drei-, Vier-Minuten-Takt auf neue Kunden einstellen. Und stets sollen sie ein kundenorientiertes Verhalten auf hohem Niveau zeigen. Das erzeugt Stress; speziell dann, wenn die Anrufer selbst unter Spannung stehen. Zum Beispiel, weil ihre Computer nicht funktionieren oder der Geldautomat ihre Karte schluckte oder ein wichtiges Ersatzteil, bei ihnen noch nicht eintraf. Dann müssen die Agents, die Nerven behalten und durch ein freundliches, aber gezieltes Nachfragen den Kunden zur schnellst- und bestmöglichen Lösung des Problems führen.
Die Kollegen brauchen einander auch als "mentale Unterstützer", denn Call- und Servicecenter ticken anders als "normale" Fachabteilungen - auch weil in ihnen die Fluktuationsrate meist höher ist, weshalb die Agents stets neue Kollegen integrieren müssen. Hinzu kommt: Die meisten Callcenter arbeiten mit Kommunikations- und Informationssystemen, die fast jede Reaktion des Mitarbeiters messen und registrieren. Und für Außenstehende nur schwer vorstellbar ist, welcher Stress bei den Mitarbeitern entsteht, wenn bei jedem Telefonat in der Warteschleife der Anlage schon -zig weitere Anrufer warten. Deshalb ist eine gezielte Teamentwicklung in den Telefonabteilungen beziehungsweise Callcentern der Unternehmen oft erfolgsentscheidend. Denn so wie die Mitarbeiter miteinander umgehen, gehen sie meist auch mit den Kunden um. Oder anders formuliert: Im Kundenkontakt spiegelt sich die Zufriedenheit der Mitarbeiter wider.
Kontakt und weitere Infos: Johanna Schott ist Geschäftsführende Gesellschafterin des Trainings- und Beratungsunternehmens study & train, Stuttgart (www.study-train.de), das den Mitarbeitern von Unternehmen unter anderem die kommunikativen Fähigkeiten vermittelt, die diese im Arbeitsalltag brauchen.
Hinweis: Am 6. Mai und 13. Oktober führt study & train in Stuttgart jeweils ein von Johanna Schott geleitetes eintägiges Telefontraining "Kompetent und kundenfreundlich telefonieren" durch. Nähere Infos: www.study-train.de