Aussage und Anschuldigung

"Sie können mich an der Zunge aufhängen"

28.06.2012
Im Media-Markt-Prozess hat es das erste Geständnis eines früheren hochrangigen Managers gegeben.
"Es gab kein Gefeilsche, es hat immer funktioniert": Im Korruptionsskandal bei Media Markt kommt so langsam die Wahrheit ans Licht.
"Es gab kein Gefeilsche, es hat immer funktioniert": Im Korruptionsskandal bei Media Markt kommt so langsam die Wahrheit ans Licht.

Im Korruptionsprozess gegen ehemalige Top-Manager der Elektrohandelskette Media Markt und Manager anderer Firmen hat einer der Angeklagten den Empfang von Schmiergeld gestanden. Bruno Herter, der früher Media-Markt-Regionalleiter für Süddeutschland war, hat eingeräumt, schon seit 2003 "erhebliche Summen" von verschiedenen Vertriebspartnern erhalten zu haben.

Damit wird klar, dass die Korruption im Haus Media-Saturn schon früher begonnen hat als bislang bekannt war. Herter hat mit seiner Aussage vor dem Landgericht Augsburg gleichzeitig seinen früheren Vorgesetzten Michael Rook, den ehemaligen Deutschland-Chef von Media Markt, beschuldigt.

Laut Herters Aussage ist schon seit 2003 von einem Vertriebspartner für den Verkauf von Sony-Computern in Media-Markt-Filialen Geld geflossen. Als der Vertriebspartner 2010 pleite ging, hätten die Beteiligten eingefädelt, dass auch die Nachfolgefirma aus Wetzlar weiterhin Schmiergeld bezahle, sagte der frühere Süddeutschlandchef. Dabei ging es um die Erlaubnis, in den Media-Markt-Filialen lukrative DSL-Verträge anbieten zu dürfen.

Sieht sich schweren Anschuldigungen seines früheren Mitarbeiters ausgesetzt: Michael Rook, der ehemalige Deutschland-Chef von Media Markt
Sieht sich schweren Anschuldigungen seines früheren Mitarbeiters ausgesetzt: Michael Rook, der ehemalige Deutschland-Chef von Media Markt

Herter gestand, dass das Geld immer zunächst an ihn und seine ebenso angeklagte Ehefrau geflossen sei, die die Vorgänge mit Scheinrechnungen verschleiert haben soll. Er habe die Hälfte später in bar an Rook weitergereicht. Für jeden der beiden seien monatlich um die 25.000 Euro vereinbart gewesen. Rook bestreitet die Vorwürfe, will aber vor Gericht zunächst schweigen. Das Gericht räumte ein, dass es bislang keine Nachweise für Zahlungen von Herter an Rook gebe.

"Es gab kein Gefeilsche, es hat immer funktioniert", sagte Herter vor Gericht über Zahlungen des Vertriebspartners an ihn und Rook. Der Staatsanwaltschaft zufolge sind über die Jahre hinweg rund fünf Millionen Euro geflossen. Der ebenfalls angeklagte Geschäftsführer Peter N. und zwei ebenso angeklagte Manager des Vertriebspartners aus Wetzlar seien "richtiggehend heiß" auf die Aufträge gewesen. "Sie haben gewusst, worauf sie sich einlassen." Mit dem Bestechungsgeld habe Herter "gut gelebt: Reisen, Hotels, Autos, Zweitwohnung".

Auch Rook habe das Geld seines Wissens nach komplett auf den Kopf gehauen, unter anderem für ein Haus auf Mallorca. Rook habe ihm einst gesagt, dass er die Vorgänge nie zugeben würde. "Sie können mich an der Zunge aufhängen", zitierte er Rook. Die Frage des Vorsitzenden Richters, ob ihm bewusst sei, dass er den Mann schwer belaste, bejahte Herter. Ohne Rook wäre das alles nicht möglich gewesen. Soweit er wisse, habe außer ihnen beiden niemand bei Media Markt von den Vorgängen gewusst. (dpa/tö)

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