"Sexting" - das Aufnehmen und Verschicken von sexuell suggestiven Textnachrichten oder Fotos über das Internet - ist eigentlich ein Phänomen, das vorwiegend in Teenager-Kreisen verbreitet ist. Wie die aktuelle Aufregung um die Cybersex-Affäre rund um den US-Abgeordneten Anthony Weiner beweist, leben aber auch erwachsene User auf diese Weise ihre erotischen Fantasien im Web aus. Einem aktuellen Bericht der US-Non-Profit-Organisation Pew Internet & American Life Project zufolge gibt in der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen knapp ein Drittel an, schon mindestens einmal sexuell anrüchige Fotos bekommen zu haben. Rund 13 Prozent gestehen zudem, schon selbst derartige Inhalte verschickt zu haben.
"Mit Facebook-Freunden, Twitter-Followern und Skype-Video-Chats ist es heute sehr leicht geworden, mit Fremden zu flirten oder sich in sexuelle Fantasien zu verlieren ohne technisch gesehen Ehebruch zu begehen", erklärt Amanda Lenhart, Senior Research Spezialist bei Pew Internet, gegenüber der New York Times. In Anbetracht der "Alchemie von Sex, Begierde, Liebe und Technologie" sei es deshalb nicht allzu überraschend, dass die Zahlen derart hoch ausfallen.
"Das sogenannte Cybersex-Phänomen ist heute allgegenwärtig im Web. Jeder, der regelmäßig Online-Chats nutzt, um Kontakte zu knüpfen und sich mit anderen auszutauschen, kennt dieses Phänomen", stellt Gabriele Farke, Onlinesucht-Beraterin und Initiatorin des Selbsthilfe-Portals Onlinesucht.de fest. Betroffen seien sowohl Teenager als auch Erwachsene. "Der Unterschied liegt darin, dass Erwachsene im Gegensatz zu jüngeren Usern eher bewusst in einen Chat hineingehen, um dort ihre sexuellen Fantasien auszuleben."
Für Farke, die im Rahmen ihrer langjährigen Erfahrung als Onlinesucht-Beraterin schon vieles gesehen und erlebt hat, sind derartige Fälle in der therapeutischen Praxis keine Seltenheit: "Ich kenne genügend Beispiele aus der Therapieberatung, wo Frauen herausgefunden haben, dass sie ihr Mann im Internet mit einer anderen betrogen hat. Für die Betroffenen macht es dann zumeist keinen Unterschied, ob der Betrug im Netz oder im echten Leben stattgefunden hat."
Interessantes Detail in diesem Zusammenhang: Einer Untersuchung der australischen Swinburne University of Technology zufolge sind mehr als 50 Prozent der Internetnutzer, die sich auf Cybersex einlassen, entweder verheiratet oder befindet sich in einer festen Beziehung. Die Ausprägungen sind dabei vielfältig und reichen vom Download erotischer Bilder über Sex-Chats bis hin zum Einsatz von Webcams, um mit anderen auf sexueller Ebene zu interagieren. (pte/haf)