Das neue Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken beinhaltet unter anderem die nachstehend aufgeführten Punkte:
Transparenzgebot
Zukünftig muss jede Abmahnung, die aufgrund einer Urheberrechtsverletzung erfolgt, transparent gestaltet sein. Aus ihr muss in klarer und verständlicher Weise der Name oder die Firma des Verletzten hervorgehen. Dies ist besonders wichtig für den häufigen Fall, dass ein rechtlicher Vertreter – also ein Anwalt – abmahnt. Die Rechtsverletzung selbst muss ebenfalls genau bezeichnet werden. Das bedeutet, dass der Datensatz mit Werk, Uhrzeit und IP-Adresse angegeben werden muss. Alle Zahlungsansprüche müssen aufgeschlüsselt dargestellt werden.
Die Pflicht zur Aufschlüsselung bedeutet nicht, dass es für den Verbraucher einfacher wird nachzuvollziehen, ob die Ansprüche berechtigt sind. Schon in der Vergangenheit haben viele Rechteinhaber diese Angaben in ihre Schriftsätze eingebaut. Oft können die Abgemahnten den Vorwurf trotzdem nicht nachvollziehen, da die Angaben nur rudimentär sind und nicht die technischen Vorgänge bei der eigentlichen Rückverfolgung erläutern.
Schließlich muss die Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung darlegen, inwieweit sie über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht. Entspricht eine Abmahnung nicht diesen Voraussetzungen, ist sie unwirksam.
Streitwert darf 1.000 Euro nicht übersteigen
Der Streitwert für die erstmalige Abmahnung gegen einen Verbraucher darf den Betrag von 1.000 Euro nicht überschreiten. Das bedeutet für die Verbraucher nicht, dass nur noch die relativ geringen Anwaltskosten in Höhe von etwa 130 Euro anfallen. Es können weiterhin zusätzlich hohe Schadensersatzansprüche gefordert werden. Diese werden von den Gerichten in Deutschland derzeit mit 150 bis 300 Euro pro getauschtem Musikstück angesetzt. Bei einem getauschten Album, welches 15 Musikstücke enthält, kann es also nach wie vor sehr teuer werden.
Die Vorschrift enthält eine Ausnahme. Die Deckelung des Streitwerts gilt nicht, "wenn der genannte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig ist". Ob besondere Umstände vorliegen, die gegen eine Streitwertbegrenzung sprechen, wird der Abmahnende begründen müssen. Der Gesetzgeber hat diesen Fall bewusst als Ausnahme formuliert. Es darf also nicht sein, dass die Rechteinhaber diese Ausnahme nun zur Regel machen und versuchen, die Deckelung in den Filesharing-Fällen stets als unbillig anzusehen. Bedauerlicherweise wurden die Filesharing-Fälle in der Gesetzesbegründung nicht erwähnt. Ich erwarte also, dass dieser Punkt zu langwierigen juristischen Auseinandersetzungen führen kann.
Bei Missbrauch besteht Anspruch auf Erstattung der Verteidigungskosten
Einen besonders positiven Aspekt weist das neue Gesetz auf: Das Gute an dem Gesetz ist, dass der Abgemahnte nun einen ausdrücklichen Anspruch auf Erstattung der Verteidigungskosten im Falle einer rechtsmissbräuchlichen Abmahnung hat. Wann dieser Fall zutrifft, kann allerdings nur ein Rechtsexperte beantworten. Es ist allerdings davon auszugehen, dass diese Regelung nur für künftige, unwirksame Abmahnungen und nicht für die tausenden Altfälle gilt.
Kein fliegender Gerichtsstand
Der fliegende Gerichtsstand wurde abgeschafft. Bei Urheberrechtsverletzungen, die eine Person im privaten Bereich begangen hat, ist eine Klage nunmehr ausschließlich an dem Gericht möglich, in dessen Bezirk der Abgemahnte zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz hat. Auf diese Vorschrift wurde lange gewartet. Bislang spielten sich die Streitigkeiten primär vor den Gerichten in Hamburg, Köln und München ab. Diese Gerichte sind für eine urheberrechtsfreundliche Rechtsprechung bekannt. Nun werden wir ein wesentlich breiteres Meinungsbild der Gerichte in Deutschland erhalten.
Mein Fazit: Das Gesetz hat einige positive Änderungen mit sich gebracht. Das Geschäft mit den Abmahnungen bleibt für die Anwaltskanzleien jedoch weiterhin lukrativ. Ich gehe davon aus, dass die Rechteinhaber ihre Abmahnungen den formellen Anforderungen anpassen und die juristischen Unklarheiten zu ihren Gunsten ausnutzen werden.
Weitere Infos: Christian Solmecke, LL.M., ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Wilde, Beuger, Solmecke mit Schwerpunkt Internetrecht und E-Commerce. Zudem ist er Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Kommunikation und Recht im Internet (DIKRI) an der Cologne Business School.
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