Urteil

Schon ein "Like" kann strafbar sein in sozialen Netzen

Hans-Christian Dirscherl ist Redakteur der PC-Welt.
Schon ein "Like" in sozialen Netzen kann strafbar sein und zu einer Hausdurchsuchung führen. Das stellte jetzt ein Landgericht fest. Die Begründung.
Die Vergabe eines "Like" in sozialen Netzwerken kann unter Umständen strafbar sein.
Die Vergabe eines "Like" in sozialen Netzwerken kann unter Umständen strafbar sein.
Foto: rvlsoft - shutterstock.com

Das Landgericht Memmingen hat ein Urteil (vom 05.08.2022, 6 Qs 146/22) gefällt, das alle Nutzer von sozialen Netzen aufmerksam lesen sollten: Schon ein "Like" kann strafbar sein. Ehssan Khazaeli, Rechtsanwalt des Verurteilten, meint dazu: "Danach kann das bloße Liken eines fremden Beitrages auf Facebook strafbar sein und zu einer Wohnungsdurchsuchung führen." Voraussetzung ist, dass der gelikte Beitrag strafbare Inhalte enthält.

Darum geht es

Ein Facebook-Nutzer hatte in Bezug auf die beiden bei Kusel am 31. Januar 2022 ermordeten Polizisten geschrieben: "Keine einzige Sekunde Schweigen für diese Kreaturen". Der von Rechtsanwalt Khazaeli verteidigte Beschuldigte gab diesem pietätlosen Posting ein Like. Daraufhin beantragte die Staatsanwaltschaft Meiningen die Durchsuchung der Wohnung, des Autos und der Person, die den Beitrag gelikt hatte, wie Khazaeli in seinem Blog schreibt.

Die Staatsanwaltschaft meinte, dass das "Like" den Tatbestand der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener nach § 189 StGB und der Belohnung und Billigung von Straftaten nach § 140 StGB erfüllen würde. Bei der Durchsuchung sollen Beweismittel wie Smartphones oder Speichermedien sichergestellt werden. Auch Onlinespeicher sollen durchsucht werden. Die zuständige Ermittlungsrichterin des Amtsgerichts Meiningen erließ den beantragen Durchsuchungsbeschluss und dieser wurde vollzogen.

Die Begründung des Landgerichts

Khazaeli legte im Auftrag des Beschuldigten Beschwerde ein, doch das Landgericht bestätigte nun das Vorgehen. Es begründet seine Entscheidung damit, dass sich der Beschuldigte mit seinem "Like" die fremde Äußerung zu eigen gemacht habe. Das Landgericht führt aus: " Aus dem Kontext des Posts ist bei objektiver Betrachtung zu entnehmen, dass derjenige, der den Opfern eines Tötungsdelikts i.S.v. § 126 Abs. 1 Nr. 3 StGB jede Würde absprechen will, auch auf den Leitartikel, dessen Kommentierung unternommen wird, Bezug nimmt und letztlich die dort dargestellte Straftat des Mordes in 2 Fällen billigt. Wer demjenigen, der durch ein Verbrechen zu Tode gekommen ist, in der dargestellten Weise jede Anerkennung und Ehrung abspricht, heißt das Verbrechen an sich gut. Bei lebensnaher Betrachtung kann die Zustimmung, den Opfern ohne weiteres ein Mindestmaß an Menschenwürde abzusprechen, nicht anders als die Billigung des Zentralgeschehens verstanden werden, auf das allein das Gedenken Bezug nimmt.

Das Gericht fährt fort: " Voraussetzung ist weiter, dass die Äußerung geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. Die Bezugnahme auf die Friedensschutzklausel ermöglicht es, das weit gefasste abstrakte Gefährdungsdelikt restriktiv auszulegen. Angesichts einer unkontrollierten Verbreitung der Billigung über das Medium Facebook ist dies – wie auch der Verlauf der hiesigen Ermittlungen selbst zeigt – ganz offensichtlich der Fall."

So geht es weiter

Khazaeli will nun Verfassungsbeschwerde gegen beide Entscheidungen einlegen. Damit soll grundsätzlich die Frage geklärt werden, "ob das bloße Liken auf sozialen Medien strafbar sein kann und zu Hausdurchsuchungen führen kann".

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