"Bleiben Sie mir bloß mit Ihren CDs weg!" musste ich mir erst kürzlich von dem IT-Leiter eines mittelständischen Unternehmens anhören. "Ist das überhaupt legal? Wegen der Urheberrechte?", fragte ein Einkäufer vor einiger Zeit. "Die verweigern uns dann doch Support und Software-Updates!", hieß es an anderer Stelle. Derartige Aussagen sind keineswegs Einzelfälle, im Gegenteil: Nach wie vor begegnen mir im beruflichen Alltag sehr häufig Unwissen und Vorurteile beim Thema Gebrauchtsoftware.
Dabei ist die Rechtslage mittlerweile eindeutig: Der Handel mit und die Nutzung von Softwarelizenzen aus zweiter Hand sind absolut legal. Es ist dabei grundsätzlich unerheblich, ob es sich um einen physischen Datenträger oder einen Download handelt oder ob die einzelne Lizenz aus einem größeren Paket stammt. Gelegentlich zu findende Klauseln in Softwareverträgen, die den Weiterverkauf der Software verbieten, sind unwirksam. All das haben der BGH (2014) und der Europäische Gerichtshof (2012) in aller Deutlichkeit klargestellt. Die Softwarehersteller haben ihren jahrelangen juristischen Abwehrkampf endgültig verloren und inzwischen auch aufgegeben.
Letzte Patrone verschossen
Das Urheberrecht nämlich beinhaltet den entscheidenden Erschöpfungsgrundsatz: Dieser besagt, dass der Hersteller seine Möglichkeiten, auf den weiteren Vertriebsweg seiner Software Einfluss zu nehmen, in dem Augenblick erschöpft/verloren hat, in dem er diese in den Verkehr gibt, also in aller Regel an einen Softwarehändler oder direkt an den Endkunden verkauft.
Diese deutlichen Klarstellungen der Rechtslage setzen die Softwarehersteller sehr unter Druck. Nachdem sie ihre letzte Patrone auf juristischer Ebene verschossen haben, versuchen sie den Zweitmarkt mit gezielten Desinformationskampagnen und dem Aufbau von Drohkulissen am Wachstum zu hindern.
Auch deswegen steht der Markt noch ganz am Anfang. Das Potenzial in Deutschland schätze ich auf etwa 380 Mio. Euro, das aktuelle Marktvolumen hingegen liegt bei rund 18 Mio. Euro. Zum Vergleich: Der Branchenverband BITKOM schätzt, dass im vergangenen Jahr in Deutschland mit Software knapp 20 Mrd. Euro umgesetzt wurden.
Allein diese Zahlen verdeutlichen, dass die Situation für die Softwarehersteller alles andere als existenzbedrohend ist. Der Gebrauchtsoftwarehandel ist eher mit ein paar Krümeln zu vergleichen, die vom Teller fallen, auf dem der große Kuchen thront.
Diese Marktnische, in der die Gebrauchtsoftwarehändler aktiv sind, haben die Softwarehersteller im Endeffekt selbst geschaffen.
Ein Beispiel: Wenn ein Unternehmen aus technischen Gründen heute Windows 8 anstelle der Vorgängerversion haben möchte, muss es erst die allerneuste Programmversion für teures Geld kaufen und die Software dann downgraden. Eine ähnliche Situation ergibt sich bei den stark nachgefragten Office-Paketen. Einsparpotenziale von bis zu 70 Prozent sind dabei ein schlagkräftiges Kaufargument. Gebrauchtsoftwarehändler nehmen zudem die älteren Programmversionen im Regelfall in Zahlung.
Lizenztransfer ist komplex
Der wichtigste Vorteil von Gebrauchtware ist jedoch zugleich der simpelste: Bei Software gibt es im Gegensatz zu Investitionsgütern keinerlei Verschleiß. Sämtliche Leistungen, die in der Originallizenz enthalten waren, behalten auch beim Wechsel des Besitzers ihre Gültigkeit. Auch gebrauchte Programme bleiben so durch automatische Updates oder Patches aktuell und sicher.
Dennoch sind für Interessenten einige Punkte zu beachten: Die Inanspruchnahme eines etablierten und seriösen Anbieters, beispielweise erkennbar durch das neue TÜV-Zertifikat, ist unbedingt zu empfehlen. Das Management der Lizenzen und deren Transfer ist ein komplexer Vorgang, der eine gewisse Expertise erfordert. Auch deswegen ist die Inanspruchnahme eines kompetenten Händlers zu empfehlen. Online-Börsen hingegen sind maximal interessant für schnelle Preisvergleiche oder sehr unbekannte Nischenprodukte. (bw)