Die Kunden stehen im Mittelpunkt serviceorientierter Organisationen. Silodenken verhindert, dass sie dort bleiben. Ein starkes Abteilungsdenken und -handeln baut interne Mauern auf, wo abteilungsübergreifender Teamgeist gefragt wäre und die Konsequenzen sind überall zu spüren. Denksilos können die Zusammenarbeit zwischen IT und Fachbereich belasten, das Lösen von IT-Tickets unnötig in die Länge ziehen und die Servicequalität schmälern.
Enterprise-Service-Management (ESM) ist das Pendant zu IT-Service-Management (ITSM) auf Unternehmensebene. Ein standardisiertes und automatisiertes Service-Management soll die Servicequalität in der gesamten Organisation verbessern. Das besagt auch eine Studie der IDG Research Services in der DACH-Region, aus der hervorgeht, dass mehr als 90 Prozent der befragten Entscheider von dessen Nutzen überzeugt sind. Die Umsetzung kommt allerdings nur schleppend voran. Einer der Gründe ist laut der Studie "die schier unverwüstlichen Silostrukturen in den meisten Betrieben . . . . Der Abstimmungsaufwand über unterschiedliche Abteilungskulturen und -systeme hinweg verhindert, dass Prozesse übergreifend digitalisiert werden". Die Zukunftsfähigkeit einer Organisation hängt zunehmend von der Fähigkeit ab, Silos zu überwinden.
Zur Studie "IT Service Management 2021" im Studienshop
Kampf gegen Silos
Silos wird in vielen Unternehmen der Kampf angesagt. Es ist jedoch ein Kampf gegen Windmühlen. Unternehmen können Silostrukturen zwar zerstören, doch nicht das, was sie immer wieder entstehen lässt und aufrechterhält: das Silodenken - der ausdauernde Gegenspieler einer serviceorientierten Organisation.
Silodenken bedeutet, dass jeder sich darauf konzentriert und optimiert, wofür er zuständig ist. Wer allerdings komplexe Themenstellungen angeht, als befände er sich auf einer einsamen Insel, optimiert am Kunden vorbei. Ein Appell zu mehr Serviceorientierung klingt in der Theorie einfach, ist in der Praxis aber oft schwieriger als gedacht.
Systemisches Denken - die Vorteile
So komplex Organisationen sind, so komplex sind auch ihre Themen. Vernetzte Themenstellungen löst man am besten mit vernetztem Denken. Systemisches Denken ist zirkulär vernetztes Denken. Die Coaching- und Unternehmensberatungsbranche nutzt seit Jahren systemische Ansätze, um komplexe Probleme zu lösen und die IT kann davon profitieren. Die drei größten Vorteile sind:
Komplexität im Griff
Kennen Sie das? Die Zusammenarbeit zwischen der IT und der Fachabteilung ist angespannt und die Ergebnisse enttäuschen. Der Projektleiter begibt sich auf Ursachensuche und spricht zunächst mit den IT-Experten. Die Schuldigen stehen für sie fest: "Weil der Fachbereich uns immer die Lösung vorgibt, statt das Problem zu beschreiben, verstehen wir nicht, was der Fachbereich braucht." Anschließend spricht er mit den Mitarbeitern des Fachbereichs, für die die Schuldigen ebenfalls feststehen: "Die Entwickler verstehen uns einfach nicht. Weil sie nicht verstehen, was wir brauchen, geben wir ihnen die detaillierte Lösung vor."
Ist die vorgegebene Lösung nun die Ursache oder die Folge, dass die Entwickler die Anliegen des Fachbereichs nicht verstehen? Wenn jede Partei das eigene Verhalten als Reaktion auf die Aktion des anderen sieht, spricht der Systemische Coach von einer zirkulären Kausalität. Ursache und Wirkung sind wechselseitig miteinander verknüpft. Versuchen die Beteiligten mit linear-kausalem Denken eine zirkulär-kausale Situation zu lösen, verheddern sie sich leicht in einen Teufelskreis gegenseitiger Schuldzuweisungen. Das bringt sie weder der Lösung näher, noch ist es der Arbeitsatmosphäre dienlich.
Systemisches Denken macht Zusammenhänge sichtbar, Dynamiken erklärbar und Reaktionen verständlich. So können IT und Fachbereich erkennen, dass ihr eigenes Verhalten zum Problem beiträgt und es aufrechterhält. Gezielt verändern kann man nur, was man versteht. Systemisches Denken macht komplexe Situationen verständlich.Schneller zur besseren Lösung
Fachbereich und IT machen sich gegenseitig das Leben schwer. Das Testen von Entwicklungen ist eine häufige Quelle der Frustration. Idealerweise sollte der Fachbereich zügig testen und Feedback geben. In der Praxis sind oftmals etliche Erinnerungen nötig bis getestet wird, und nachdem getestet wurde, sind zahlreiche Feedbackschleifen erforderlich, bis die Entwicklung abgeschlossen wird. Die häufigsten Gründe dafür sind laut IT, dass der Fachbereich kaum verfügbar ist, nicht weiß, was er will oder Anforderungen ungenau formuliert. Anfänglich kleine Entwicklungen können sich so über Monate hinziehen.
Frustration gibt es auch seitens der Fachabteilung. Die Kollegen haben eine hohe Arbeitsbelastung, wenig Zeit und die IT ist für sie oftmals eine unkontrollierbare Blackbox. Beispielsweise werden Entwicklungsaufträge monatelang von den Entwicklern liegen gelassen oder von Abteilung zu Abteilung weitergeschoben, weil sich keiner verantwortlich fühlt. Nachdem viel Zeit verstrichen ist, transparente Kommunikation eine Mangelware war, wird die Entwicklung plötzlich über die interne Mauer geschleudert und Druck auf den Fachbereich aufgebaut, zügig Feedback zu geben. Beim Testen entsteht dann oft der Eindruck, dass die Entwicklungsseite noch nie zuvor getestet hat oder dass die Anforderungen nicht verstanden wurden. Das macht weitere Anpassungen nötig, die erneute Testaktivitäten erfordern und meist ebenso unkoordiniert, intransparent und ineffizient verlaufen wie zuvor. Frustration wird so zum ständigen Begleiter in der internen Zusammenarbeit auf beiden Seiten. Der abteilungsübergreifende Teamgeist geht verloren, Verzögerungen häufen sich und die Qualität leidet.
Ein Systemischer Coach kann helfen, die interne Zusammenarbeit frustfrei zu gestalten. Wie? Steve de Shazer, ein amerikanischer Psychotherapeut und Pionier in der systemischen Arbeit, bringt es auf den Punkt: "Reden über Probleme lässt Probleme wachsen. Reden über Lösungen lässt die Lösungen wachsen." Ein Systemischer Coach unterstützt IT und Fachbereich auf dem Weg zu mehr Serviceorientierung, indem er sie aus der Problemtrance holt und dabei unterstützt, lösungsorientiert zu denken und kundenorientiert zu handeln. So kommen alle - IT, Fachbereich und Kunde - schneller ans Ziel.Den Kunden im Blick
Die richtigen Fragen zu stellen ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Lösung komplexer Themenstellungen. Thomas S. Kuhn, ein Physiker, Wissenschaftsphilosoph und Wissenschaftshistoriker, fasste es mit den Worten zusammen: "The answers you get depend on the questions you ask." Übertragen auf den Unternehmenskontext führen Silofragen zu Silolösungen. Viele IT-Abteilungen stellen sich die Frage: "Wie kann der Entwicklungsprozess effizienter werden?" Diese typische Silofrage richtet den Scheinwerfer auf den Entwicklungsprozess, fördert Silodenken und damit Silolösungen. Doch was nützt den Kunden eine schnellere Entwicklung, wenn der entstandene Effizienzgewinn vom Abstimmungsaufwand zwischen den Abteilungen wieder aufgefressen wird?
Wer serviceorientierte Lösungen möchte, sollte beginnen, serviceorientierte Fragen zu stellen. Systemische Fragetechniken helfen bei der Umsetzung. Sie können zum Teil recht unkonventionell wirken wie: “Wem nützt das Problem?" Zielgerichtet angewendet können sie silobehaftete Denkmuster unterbrechen, neue serviceorientierte Denkprozesse anregen und so den Scheinwerfer auf das richten, was zählt: das bestmögliche Kundenerlebnis.
Lesetipp: Mit Analytics die Zielgruppe verstehen
Organisationen können mit Investitionen in eine serviceorientierte Unternehmenskultur das volle Potenzial der Serviceorientierung entfalten. Ein Systemischer Coach kann dabei ein lohnendes Investment sein. (bw)